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Sternenfaust - 152 - Am Scheideweg (2 of 2)

Sternenfaust - 152 - Am Scheideweg (2 of 2)

Titel: Sternenfaust - 152 - Am Scheideweg (2 of 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymous
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Wahnsinn zu treiben.
    Plötzlich war Turanor da. Der oberste Alendei war in die Koordinationszentrale teleportiert und stand nun inmitten seiner verzweifelten Leute. Izanagi erstarrte. Er hatte seinen so eigenartigen Freund schon in vielen Situationen erlebt und nicht zuletzt erst kürzlich, nach der heldenhaften Rettung der Sichelraumer-Piloten im Orbit der Zwillingswelten, gesehen, was Schmerz für ihn bedeutete. Aber was sich nun in den Zügen des schwarzhaarigen Anführers dieses Volkes abspielte, übertraf Izanagis Vorstellungskraft bei Weitem. Dieser Schmerz war mehr, als er den Alendei zu ertragen zugetraut hätte!
    Izanagi Narada spürte die Agonie Turanors, der sich so umgehend an ihn gewandt hatte, dass gar kein Zweifel daran bestand, wegen wem er den Weg hierher auf sich genommen hatte. Dem Einzigen auf dieser Welt, den Kamiors Suizid nicht an den Rand des Wahns brachte. Es überstieg fast sein mentales Fassungsvermögen. Izanagi atmete nach, schnell, hektisch. Sein Blick ging suchend von rechts nach links, sehnte sich nach Orientierung, nach Konstanz. Nur fand er nichts.
    »Was kann ich tun?«, rief Izanagis gedanklich in den Schmerz.
    Doch er wusste es längst. Er spürte es.
    Izanagi Narada sah den Deich seines Verstandes vor seinem geistigen Auge. Roch die salzigen Fluten des Wahnsinns und der Verzweiflung, die auf ihn einströmten. Und dann … riss er den Deich ein, ergab sich dem Wasser, wurde Kanal!
    Der Rest war Pein.
    Die Welt um ihn herum verschwand. Eine Wand aus Schwärze legte sich über alles, raubte Kontext, nahm Orientierung. Nur noch Turanor war da – der Mann, der fast an seinem inneren Schmerz gestorben wäre. Der Mann, dessen Leid Izanagi teilen musste, um ihm zu helfen. Vielleicht. Hoffentlich.
    Der junge Japaner trieb im Ozean der eigenartigen Gedankenverbindung, die er und der oberste Alendei soeben eingegangen waren, und er drohte zu ertrinken. Das war zu viel. Das ertrug er nicht. Er wollte ja helfen, retten, wo immer er konnte – aber das? Nein, Turanor. Nein. Ich … ich kann … ich kann nicht …
    Instinkt wurde zu Gewinsel, Kraft zu Schwäche. Wo eben noch ein Bewusstsein gewesen war, das sich der Vergangenheit entsann und die Gegenwart verstand, befand sich mit einem Mal nur noch Wahnsinn. Nur noch Schmerz.
    Den Blick auf Turanors panisches, hilfloses und, oh, so unendlich trauriges Gesicht geheftet, ging Izanagi Narada in die Knie, riss den Mund auf, bis sein Kiefer schmerzte.
    Und er tat das, was Turanor nicht konnte. Er brüllte den Schmerz hinaus.

Kapitel 5 – Lockruf der See
     
    New York, 20. November 2271
     
    Nur fragende Gesichter. Nur Skepsis.
    Aber es kümmerte ihn nicht. Nicht mehr. Er wusste endlich – endlich! – was zu tun war. Seine Kreuzung lag hinter ihm. Der Weg voraus war klar und so offen wie ein aufgeschlagenes Buch.
    »Admiral, wir wären dann soweit. Noch zehn Minuten, in Ordnung?«
    Der Knirps – wie hatte sein Name gelautet? Harry? Larry? Er wusste es nicht mehr – war persönlich gekommen, um den Star des Abends zu informieren. Keine Nachricht via Kom-Kanal, keine Textmitteilung, keine Lakaien. Das hier, so machte die Anwesenheit des Burschen dort im Türrahmen seiner kleinen Garderobe mehr als deutlich, war wichtig. Auch wenn es niemand zu begreifen schien. Ersteres war Vince Taglieri eine kleine Genugtuung, Letzteres war ihm egal. Sollten sie zweifeln. Er sah es ihnen gern nach. Schließlich hatte auch er lange genug gezweifelt. Zu lange.
    »Ja, doch, wir wissen’s«, entgegnete Jasper Mitchell schroffer, als Vince es für nötig hielt. »Wir können die Uhr lesen.«
    Larryharry der Knirps nickte nur und lächelte. Kein Anzeichen davon, dass die Kritik des ehemaligen Ratsvorsitzenden auch nur zu ihm durchgedrungen wäre. »Hals und Beinbruch, Sir«, sagte er überflüssigerweise. »Ich … Ich bin gespannt, was Sie uns erzählen wollen.«
    Oh, das war Vince auch. Wenngleich er mittlerweile ein relativ gutes Bild davon hatte. Es war eigenartig, doch je näher der Termin rückte, desto sicherer wurde er sich der Formulierungen und der Redestruktur, die er seit Tagen im Geiste er- und überarbeitete. Seit er Mitchells Vorschlag zugestimmt hatte.
    »Zweitausend Leute im Saal«, murmelte der unehrenhaft geschasste Politiker gerade. Er hielt sich die Hand ans Ohr. Vincent ahnte, dass er einen kleinen Empfänger in ihrer Muschel halten musste, über den ihn seine Mitarbeiter außerhalb der Garderobe mit den aktuellsten Informationen versorgten.

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