Sternenfaust - 160 - Die Space-Oma
nicht?«, fragte Jake spöttisch.
»Weil es so viel mehr Spaß macht«, rief Nickie vergnügt. »Und jetzt werfe noch einmal einen Blick auf das Pad.« Jake leistete der Aufforderung nicht Folge. »Los, Jake! Sieh es dir an! Es sind über zweihundert Nadlergranaten! Verstreut im gesamten Schiff. Sie sind überall. In Quartieren. An Plasma-Leitungen. Unter Deuterium-Tanks.«
»Du willst mir wirklich erzählen, du hättest unbemerkt zweihundert Nadlergranaten an Bord geschmuggelt und im ganzen Schiff versteckt?«
Nun lachte Nickie laut auf. »Jake, du verstehst es offenbar noch immer nicht. Ich kann tun, was ich will! Machen, was ich will. Ich bin unbemerkt an Bord gekommen. Meine Fähigkeiten sind inzwischen so weit entwickelt, dass die Leute durch mich hindurchsehen, wenn ich will. Man nennt das Wahrnehmungsblockade. Walter Gregorovitch wollte diese Manipulationsmöglichkeit für seine Kriegsforschung ausnutzen, aber das hat ja dann schließlich die brave, zuverlässige und grundehrliche Regierung der Solaren Welten verhindert. Ein sehr guter Schachzug – der uns, den ach so üblen Bad Guys, einen wundervollen Vorsprung verschafft.«
»Wenn du eh alles kannst, warum tust du es dann nicht?«, rief Jake verärgert.
»Weil es mehr Spaß macht, wenn ich dich dazu bringe, es zu tun, Jake«, erwiderte Nickie Berger vergnügt.
»Und was soll ich tun?« Jake überlegte, wie er Zeit gewinnen konnte. Vielleicht bluffte Nickie Berger. Doch er durfte dieses Risiko schlichtweg nicht eingehen.
»Ganz einfach, Jake!«, holte Nickie aus und kreiste mit der Spitze ihres Zeigefingers über den Bezugsstoff der Lehne. »Ich möchte, dass du mir einen Kuss gibst!«
Jake glaubte, sich verhört zu haben. Kopfschüttelnd stammelte er: »Wie bitte?«
»Deine Lippen auf meinen«, sagte sie. »Das war es doch, was du und der armselige John bei eurer rührseligen Sauftour gestern beschlossen habt. Ihr wollt es wieder ein wenig mehr krachen lassen. Nun, worauf wartest du, Jake?«
»Vergiss es!«, zischte er sie an.
»Ich erwarte nichts als einen kleinen Kuss – und doch setzt du das Leben der Crew aufs Spiel? Was ist nur aus dem einst so selbstlosen Weltraumhelden geworden?«
Jake schüttelte den Kopf. Sie spielte mit ihm. Es war ein Machtkampf.
»Komm schon!« Nickie lächelte süffisant. »Denk einfach, ich wäre David, wenn es dir dann leichter fällt.«
Allein dafür hätte er ihr am liebsten den Hals umgedreht, aber er wusste, dass sie nur darauf aus war, ihn zu provozieren.
Er musste in dieser Angelegenheit Nerven bewahren.
Also beugte Jake sich schließlich hinunter und legte lustlos seine Lippen auf die von Nickie Berger.
Nickie Berger umklammerte seinen Kopf, öffnete den Mund, saugte an seinen Lippen, berührte sie mit ihrer Zunge …
Jake hielt so lange den Atem an.
Endlich ließ Nickie ihn wieder los. »Ich hatte mir mehr erwartet«, sagte sie und lächelte verschlagen. »Und ich frage mich gerade, wie viele Frauen sich das wohl schon insgeheim dachten, nachdem sie eine Nacht mit dem tollen Hengst Jake Austen verbracht hatten.«
»War es das?«, erwiderte Jake abfällig und wischte sich mit der Hand angewidert über den Mund.
»Oh nein«, antwortete Nickie belustigt. »Das war nur ein wenig Spaß! Das Vorspiel sozusagen. Doch wie heißt es so schön: Erst das Vergnügen, dann die Arbeit.«
»Wovon redest du bloß?«
»Ich rede davon, dass nun dein Auftrag beginnt.«
»Und der wäre?«
Nickie lächelte. Schließlich erhob sie sich, und plötzlich verschwand jegliche gespielte Freundlichkeit aus ihrem Gesicht. Ihre Augen wurden kalt. »Dein Auftrag lautet, Captain Cody Mulcahy zu töten. Und zwar sofort. Wenn du es nicht tust, gehen sämtliche Nadlergranaten an Bord der STERNENFAUST gleichzeitig hoch.«
*
Cody hatte seinen Dienst vor zwei Stunden beendet. Danach war er in einen der Fitnessräume gegangen. Dort hatte er sich so lange verausgabt, bis die körpereigene Endorphinproduktion so hoch war, dass er das Gefühl für seinen eigenen Körper verloren hatte. Schmerz, Erschöpfung und Müdigkeit schienen für einen Moment lang nicht mehr zu existieren.
Dr. Tregarde hatte ihm deshalb bereits mehrfach massiv ins Gewissen geredet und versucht, ihm die gesundheitlichen Gefahren dieses gerne unterschätzten, durch körpereigene Opiate verursachten Rauschs zu verdeutlichen. Daher hatte sich Cody eine zeitliche Grenze gesetzt und hörte nach zwei Stunden Dauertraining auf, auch wenn es ihm gerade dann
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