Sternenfaust - 174 - Die große Leere (3 of 3)
Wanagi glauben in der Tat nicht an das Konzept, durch das Zufügen von Übel einem höheren Zweck ausgleichender Gerechtigkeit dienen zu können.«
Mikael schüttelte den Kopf. »Kindchen, das hast du aber wirklich schön gesagt. Oh nein, ihr Wanagi glaubt daran nicht. Ihr glaubt nur an feigen Lug und Betrug, an hinterhältige Morde.«
Die Wanagi sah ihn nur mit großen Augen an. Wahrscheinlich war sie zu dumm, um ihn zu verstehen. Wahrscheinlich wussten die Wanagi gar nicht, was Liebe ist. Was es hieß, einen Menschen zu lieben und ihn zu verlieren.
»Hören Sie, Admiral Sakuro«, begann der Ratspräsident.
»Schweigen Sie«, herrschte Mikael ihn an. »Ich warne Sie, Taglieri! Wagen Sie es nicht, auf meiner Brücke, auf diesem Schiff, ungefragt zu sprechen. Sie haben offenbar keine Ahnung, wozu ich entschlossen bin.«
»Ihr Konzept der Vergeltung umfasst das Bestrafen der Schuldigen und das Verschonen der Unschuldigen«, erklärte Romana Hel’gara. »Ratspräsident Taglieri ist nicht schuld an den Toten der Erde.«
»Darüber können sich in Zukunft die Gelehrten streiten«, spottete Mikael. »Aber was ist mir dir, meine Süße? Bist du schuldig?«
»Ich wollte mein Volk davon abhalten, das menschliche Leben zu nutzen. Ich bin dafür ins Exil gegangen.«
»Eine schöne Antwort«, lachte Mikael. »Ja, ihr Wanagi könnt so wunderbar mit Worten spielen. Wie sagte euer Anführer doch so blumig?« Er äffte den glockenhellen Klang des Wanagi-Sprechers abfällig nach: »Bald wird es auf der Erde kein Leid mehr geben. Keine Krankheiten und keinen Tod. Keine Gefahren mehr durch boshafte Angreifer. Künftige Generationen werden von dem Leid der Vergangenheit nur noch aus für sie unnachvollziehbaren Erzählungen und Aufzeichnungen erfahren. Und wir, die Wanagi, sehen uns als die Diener der Menschen. Aus Dankbarkeit für die grenzenlose Gastfreundschaft.«
Die Wanagi senkte den Blick. Eindeutig ein Zeichen dafür, dass sie sich schuldig fühlte.
»Wissen Sie, dass ich eine Tochter hatte?«, sagte Mikael plötzlich. Eigentlich hatte er gar nicht von ihr erzählen wollen. »Sie war ein großer Anhänger der Wanagi. Sie glaubte an eine bessere Zukunft. Und meine Frau …« Plötzlich spürte Mikael, wie ihm Tränen in die Augen schossen. Er zwinkerte und versuchte, sich zusammenzureißen. »Meine Frau Lorna«, sagte er und musste erneut Luft holen, »sie sagte immer: Mikael! Wie lange musst du noch auf einem Carrier dienen? Braucht ihr diese Schiffe überhaupt noch? Jetzt, da die Wanagi auf uns aufpassen.«
»Und dafür wollen Sie eine Crew von dreitausend Mann in eine aussichtslose Schlacht schicken?«, fragte Admiral Taglieri. Dann wandte er sich an den Rest der Besatzung: »Dieser Wahnsinn muss jetzt enden!«
»Verschwinden Sie von hier«, rief Captain Manton.
In diesem Moment leuchtete erneut das Portal auf, und eine weitere Frau kam zum Vorschein. Auch sie sah blendend aus, doch vom Typ her war sie ganz anders als die Wanagi. Diese Frau war athletisch, dunkelhaarig, mit fast schwarz gefärbten Lippen, während ihr eng anliegendes Kleid sehr elegant wirkte.
Mikael wusste natürlich, wen er da vor sich hatte. Es war Savanna Dionga, die Lebensgefährtin von Ratspräsidenten Taglieri.
»Savanna«, rief Vince empört. »Was an meiner Anweisung, mir nicht zu folgen, war eigentlich so schwierig zu verstehen?«
»Die STERNENFAUST ist zurück«, sagte sie nur und musterte Mikael abfällig.
»Das hättest du mir auch später …«, zischte Ratspräsident Taglieri, doch seine Lebensgefährtin wehrte ab.
»Wollen Sie den Nadler nicht wegnehmen?«, fuhr ihn Mrs. Dionga an.
»Ich werde Folgendes tun«, sagte Mikael. »Ich werde erst diese Wanagi erschießen. Das wäre das, was ich als einen Anfang bezeichnen würde. Und dann erschieße ich Sie, gute Frau. Dann sieht Ratspräsident Taglieri vielleicht, wie es ist, jemanden zu verlieren, den man liebt. Vielleicht erweckt ihn das ja aus seinem Tiefschlaf.«
»Sie sind ein jämmerlicher Vollidiot!«, rief Mrs. Dionga. »Die Wanagi haben von einer Sekunde auf die andere Milliarden Menschen getötet. Sie besitzen Techniken, mit denen sie einfach mitten in Ihrer Kommandozentrale auftauchen können. Selbst eine tiefe Trauer kann einen Offizier nicht in eine solche Verwirrung stürzen, als dass ihm in diesem Fall nicht klar sein müsste, wie sinnlos sein Handeln ist.«
»Savanna, vielleicht solltest du mir …«, sagte Ratspräsident Taglieri und legte ihr die Hand auf den
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