Sternenfaust - 181 - Flucht von der Erde
sollten keine vorschnellen Schlüsse ziehen.«
»Was ist denn der STERNENFAUST-Zwischenfall?«, wollte Jane Wynford wissen.
Dana holte tief Luft. »Am 30. Oktober 2254 kam es im Zhoronar-System zu der letzten Schlacht gegen die Dronte«, erklärte sie. »Ein Mond und ein Planet wurden für einen kurzen Moment in eine übergeordnete Dimension gezogen, die wir als X-Raum bezeichnen. Aufgrund einer plötzlichen Eingebung konnte ich die STERNENFAUST rechtzeitig in Sicherheit bringen, sonst, so bin ich mir bis heute sicher, wäre die STERNENFAUST ebenfalls in diesen X-Raum gezogen worden, und zwar mit verheerenden Konsequenzen. Seitdem verfolgen mich Albträume, in denen mir immer wieder ganz konkret vor Augen geführt wird, was geschehen wäre, hätte ich die STERNENFAUST nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen können.«
»Sie glauben das alles wirklich«, stellte Jane Wynford erstaunt fest. »Sie glauben, dass in einer Art anderen Realität genau das passiert ist.« Sie blickte sich ratsuchend um, doch als niemand etwas sagte, rief sie: »Ich bitte Sie! Es gibt nur diese eine Realität. Alles andere sind Fantasien und Träume.«
»Die Theorie von verschiedenen Realitäten ist allerdings uralt«, erklärte Bruder William. »Die Vorstellung, dass jede Kombinationsmöglichkeit sich in einem eigenen Universum manifestiert, wurde lange Zeit sogar von namhaften Wissenschaftlern vertreten. Es handelt sich um die Viele-Welten-Interpretation { * } der Quantenmechanik.«
»Lächerlich«, mischte sich Peter nun ein, während er sich ein wenig aufrichtete. »Das, was Sie Theorie nennen, ist seit Jahrhunderten völlig überholt. Es ist ja auch absurd, sich vorzustellen, dass alle nur denkbaren Entscheidungen in einem eigenen Universum Realität werden sollen.«
»In unserem Fall wäre es auch ein wenig anders«, sagte Bruder William und lächelte. »Wir müssten davon ausgehen, dass in der Zukunft irgendetwas geschah, wodurch rückwirkend der Zeitverlauf geändert wurde. Als ob jemand für einen neuen Verlauf der Geschichte gesorgt hätte.«
»Das ist ja noch schwerer zu glauben als die These von den unendlich vielen Universen«, wendete Dana unterkühlt ein.
»Das ist es keineswegs«, erwiderte nun Peter.
»Ich bin gespannt, welche Theorie du zu dieser Überlegung nennen kannst«, sagte Bruder William, ohne dass er dabei herablassend klang.
»Es gibt die Transaktions-These, die aus dem Gedankenexperiment um die berühmte Katze Schrödingers entwickelt wurde. Die Frage, die Schrödinger stellte, war: Wenn es an einer Quantenwahrscheinlichkeit hängt, ob die Katze in der Kiste getötet wird, ist sie dann beim Aufmachen tot oder lebendig, beides oder spaltet sich ein Paralleluniversum ab? Die Transaktionelle Interpretation der Quantenmechanik { * } beschreibt eine Rückkopplungsschleife zwischen Angebotswellen, die sich in der Zeit vorwärts bewegen und zurückgesandten Bestätigungswellen, die rückwärts durch die Zeit gehen. Somit kommt es zu einer Art Handshake zwischen Beobachter und Objekt, wodurch sich schließlich ein konkretes Ereignis manifestiert. Ein Wesen auf einer höheren Bewusstseinsebene könnte also durchaus in der Lage sein, aus der Zukunft heraus die Vergangenheit zu verändern.«
»Rückwärts durch die Zeit?«, fragte Dana nach.
»Denken Sie an Antimaterie, sie ist physikalisch-mathematisch nichts anderes als Materie, die sich rückwärts durch die Zeit bewegt. Wenn also aus einem energiereichen Photon ein Elektron-Positron-Teilchenpaar entsteht, könnte man es auch als ein einziges Teilchen ansehen, das in einer Schleife erst vorwärts und anschließend rückwärts durch die Zeit reist. { ** } Dabei erst bildet sich eine geschlossene Kurve, und da ohnehin absolute Gleichzeitigkeit aller Ereignisse im Universum vorherrscht, kommt es dabei auch zu keinen Widersprüchen.«
»Ich glaube, wir kommen allmählich vom Thema ab«, sagte Dana. »Und ich bin ehrlich gesagt auch nicht gekommen, um wirre Spekulationen über wissenschaftliche Theorien auszutauschen, sondern weil mir Antworten versprochen wurden.«
»Dito«, rief Jane Wynford. »Und zwar will ich jetzt sofort Antworten! Sie haben meinen Enkel benutzt, um sich in Behördenfiles zu hacken und e-Dokumente zu manipulieren. Mister Farlow, wir haben Ihnen einen großen Vertrauensvorschuss gegeben, und Sie haben Antworten versprochen. Es wird Zeit, dass Sie Ihren Teil der Vereinbarung erfüllen.«
Der Richter nickte langsam und warf Jason Meyer einen
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