Sternenfaust - 182 - Handlanger der Gemini (1 of 2)
bot. Die Wohnstätte befand sich auf dem Grund eines submarsianischen künstlich angelegten Sees. Das türkisfarbene, lichtdurchflutete Wasser perlte über das Panoramafenster, das nicht nur die Hälfte der Diskuswandung, sondern auch die halbe Decke einnahm.
Yasuhiro öffnete die Kommode und entnahm ihr jenen Gegenstand, den er sich gestern Nachmittag auf dem Schwarzmarkt von Mars Town besorgt hatte. Hätte er da schon seine Gemini-Uniform getragen, wäre der Deal mit Sicherheit nicht zustande gekommen. Aber auch so war es nicht einfach gewesen, einen Gegenstand zu erwerben, dessen Besitz gegen die Gemini-Order 15 verstieß: Der Besitz und das Führen von Projektil- und Strahlwaffen jeglicher Art und jeglicher Ausführung (Hand- und Langwaffen) ist jedem Bürger der Solaren Welten strengstens untersagt. Jegliche Zulassung solcher Waffen, insbesondere auch für den privaten Gebrauch, wird hiermit widerrufen. Sämtliche registrierten sowie unregistrierten Waffen sind bis spätestens bis zum 15. Mai 2258 bei der zuständigen Gemini-Distriktbehörde abzuliefern. Zuwiderhandlungen werden strengstens bestraft.
Yasuhiro packte den dreißig Zentimeter langen Thermostrahler in einen kleinen Handkoffer, den er sich am Tag zuvor ebenfalls besorgt hatte. Dann berührte er den Sensorschalter, der den Aqualift herbeirief.
Nur wenig später verriet ein leises Zischen, dass die angedockte Liftkapsel einen Druckausgleich mit seiner Aquasuite vornahm.
Das Schott glitt zur Seite und Yasuhiro betrat die Kabine, gab über das Terminal seine Zielkoordinaten ein und wartete darauf, dass sich der Aqualift in Bewegung setzte.
Der Lift zerteilte das Wasser auf einer waagerechten Bahn. Weiße Luftblasen perlten über den transparenten Stahl. Die in einem Halbmond angeordneten diskusförmigen Unterwassersuiten lagen wie schlafende Tiere im türkisfarben leuchtenden See, dessen Reservoir zugleich der Trinkwasserversorgung diente.
Der Griff des Köfferchens lag fest in Yasuhiros Hand.
Kurz nachdem ihn Nummer Zwei am Vortag entlassen hatte, war Yasuhiro eine Idee gekommen. Eine Idee, die geradezu selbstmörderisch war. Sie hatte einzig zum Ziel, den Gemini – wenn die Menschheit schon nicht überleben würde – ihren Triumph wieder aus der Hand zu schlagen. Diese Idee kam einer verzweifelten Ultima Ratio gleich, die dazu führen konnte, Gemini und Menschen gleichermaßen auszulöschen. Deshalb betrachtete sie Yasuhiro auch nur als die letzte Option, welche er nur in dem Fall in die Tat umzusetzen gedachte, dass es für die Menschheit keine Überlebenschance mehr geben würde.
Vorausgesetzt, es würde ihm gelingen, in den versiegelten und abgesperrten Komplex von Fu Enterprises zu gelangen.
Eben dies hatte er gestern Mittag versucht, war aber rasch gescheitert. Ohne einen Thermoschneider würde es nicht gehen. Aber den hatte er nun bei sich, und die frühe Stunde, zu der er sich in die tiefen Katakomben von Mars Town begeben würde, verminderte das Risiko, von neugierigen Augen beobachtet zu werden.
Der Aqualift bremste leicht ab, und begann im nächsten Augenblick, nach oben zu steigen, bis es Yasuhiro für einen kurzen Moment flau im Magen wurde. Es gab kaum einen größeren Quatsch als dieses Aqua-Hotel, fand Yasuhiro. Aber die Hotelkette, die sich hier eingekauft hatte, machte wohl große Gewinne mit dem COUSTEAU, denn es gab genügend Superreiche, die für solch einen Mist empfänglich waren. Doch die glücklichen Zeiten des COUSTEAUs waren gezählt. Die Gemini würden dafür Sorge tragen.
Die Liftkapsel schoss in eine Röhre, und nur Sekunden später kam sie zum Stillstand. Ein saugendes Geräusch wurde vernehmbar, und dann öffnete sich auch schon die Kabinentür und gab den Blick in das opulente Foyer des JACQUES-YVES COUSTEAU frei.
Yasuhiro eilte in die Empfangshalle, vorbei an den bequemen Sitzgruppen und Topfpalmen, Richtung Antigravbahn.
Er stieg dreimal um und erreichte nach einer dreiviertel Stunde den District F von Mars Town, wo sich die meisten submarsianischen Gewerbeanlagen befanden, unter ihnen das Areal der vor über hundert Jahren in Konkurs gegangenen Firma Fu Enterprises .
Es war ungewohnt für Yasuhiro, jene teils misstrauischen, teils ablehnenden und teils ängstlichen Blicke zu spüren, mit denen ihn die wenigen Einwohner bedachten, die bereits auf den Beinen waren. Zwar waren ihm diese Blicke nicht gerade unbekannt, denn die meisten Menschen, mit denen er zu tun hatte, hielten ihn ohnehin für einen
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