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Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich

Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich

Titel: Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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anzufassen.
    Tonlos fragte er nur: »Was ist hier passiert?«
    Niers Aufschrei hatte etwas Animalisches. Wie ein waidwundes Tier sank er vor Taro auf die Knie und reckte die Fäuste zum Himmel, als wollte er die alten Götter anrufen.
    Oder verfluchen.
    »Ich habe alles mit angesehen! Von meinem Versteck aus.« Taro konnte die Worte kaum verstehen.
    »Beruhige dich« , wandte Taro sich in der Mentalsprache an ihn, doch Nier war so aufgebracht, dass er mit seinem Geist noch weniger in der Lage war, klare Worte zu formulieren als mit seinem Mund. Nier wandte sich halb um und zeigte zu den Bäumen. »Nachdem du mir diese Schmach beigebracht hattest, wollte ich einfach nur fort«, stammelte er. »Ich wollte allein sein!« , hallte es nun mental nach. Erneut schluchzte er heiser auf. »Das hat mir das Leben gerettet. Anders hätte ich so wenig eine Chance gehabt wie alle anderen.«
    »Noch einmal: Was ist passiert?«
    Für einen Moment schien Nier durch Taro hindurchzublicken – zu einem Ort, den nur er zu sehen vermochte.
    Dann gelang es ihm, seinen Blick richtig auszujustieren und Taro das Gefühl zu geben, dass er auch wirklich ihn ansprach, als er mit tonloser Stimme krächzte: »Ein Tenebrikoner! Es war ein Tenebrikoner, der das hier angerichtet hat!«
    Er wies zu den Ruinen des Clusters.
    Taro erstarrte innerlich zu Stein. Zugleich aber schöpfte er Hoffnung.
    »Dann«, rief er, »wurden sie also entführt? Sie wurden alle verschleppt?«
    Immer wieder breitete sich die Kunde von Überfällen auf friedliche Siedlungen wie ein Lauffeuer in den betroffenen Gebieten aus. Nicht nur Karol war davon betroffen, jeder bewohnte Planet konnte Opfer eines solchen Überfalls werden, gegen den es kein wirkungsvolles Mittel, keine Abwehr zu geben schien.
    Über die Motive der Tenebrikoner war kaum etwas bekannt. Bekannt war nur, dass man nie jemanden, der von einem Tenebrikoner entführt wurde, jemals wieder gesehen hatte.
    »Der Tenebrikoner war groß wie der ganze Cluster«, keuchte Nier. »Sah aus wie ein fast ins Unendliche aufgeblähter Epone, von dem das pure Böse ausstrahlte . Sein bloßer Anblick, seine Nähe, ließ jeden erstarren. Er hatte leichtes Spiel, glitt über das Wettkampfgelände hinweg und erntete jeden Einzelnen, der sich dort aufhielt. Ganz gleich, ob alt oder jung, stark oder schwach. Niemand hatte ihm etwas entgegenzusetzen. Niemand. Doch damit gab er sich nicht zufrieden. Anschließend glitt er auch noch über die Stadt, zerstörte und zermalmte, was ihm in den Weg kam, und wer immer zuhause geblieben sein mochte und dem Ritus nicht beiwohnte, auch für ihn kann es kein Entkommen gegeben haben.«
    Niers letzter Satz rief Taro in Erinnerung, dass seine Mater gewiss zu jenen gehörte, die nicht zum Wettkampfgelände gekommen waren.
    Und auch wenn Nier es anders zu sehen schien, keimte doch die vage Hoffnung, dass Cana genau deshalb dem Ungeheuer entronnen sein konnte.
    »Hast du gesehen, was mit Jinu passierte? Hast du es mit deinen eigenen Augen gesehen – oder könnte sie auch zum Wald gelangt sein?«
    Nier starrte ihn mitleidig an und kam langsam wieder auf die Füße.
    »Nein«, sagte er. »Sie gehörte zu den Ersten, die es erwischte. Mir klingt noch ihr Schrei in den Ohren. Er hat sie sicher. So wie den Verkünder und jeden, den wir kannten! Du und ich, wir beide sind die letzten Überlebenden.«
    Taro erkannte sich selbst kaum wieder, als er vorsprang und Nier am Kragen packte, schüttelte. »Sie wurden entführt – nicht getötet! Wir sind also nicht die letzten Überlebenden. Nur die Letzten, die es nicht erwischte!«
    Nier musste spüren, wie wichtig ihm diese Richtigstellung war. Dennoch beharrte dieser: »Wir werden sie niemals wieder sehen.«
    Taro wandte sich abrupt von ihm ab.
    »Wohin gehst du?«
    »In den Cluster.«
    »Was willst du noch dort? Wo ist dein Epone? Hat er dich etwa doch nicht gewollt?«
    »Schweig!« Die Schärfe, die Taro nicht nur in dieses eine Wort, sondern auch in den mentalen Stoß legte, mit dem er es begleitete, ließ Nier taumeln. Ächzend hielt er sich den Kopf.
    »Es war nicht so gemeint …«, stammelte er, offenbar in der Erkenntnis, dass nur Narren sich angesichts dieser Katastrophe noch streiten konnten, als wäre alles beim Alten. »Was immer du vorhast, ich helfe dir.«
    Taro überlegte, Nier fortzuscheuchen. Doch dann ließ er ihn gewähren. Gemeinsam drangen sie in den von Rauch durchzogenen Cluster vor.
    »Wen hoffst du zu finden?«, fragte Nier.
    Taro

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