Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich
lassen.
Langsam nahm sein Epone Geschwindigkeit auf.
Er wollte ihm einen Namen geben, aber als er sich einen ausdachte, bildete sich der Laut »Cyx« in seinem Kopf. Ganz so, als habe nicht er den Eponen getauft, sondern als habe das Wesen ihm seinen Namen mental übermittelt.
»Dann auf, Cyx, bring mich zu den Plätzen, die du mir vorhin gezeigt hast. Reite geschwind, und wenn mir ein Ort gefällt, lasse ich es dich wissen. Dann möchte ich kurz dort verharren.«
Fast so, als hätte das Wesen ihn verstanden, ließ Cyx eine Art Grollen ertönen.
Dann machte der Epone einen Satz – und entfernte Taro weiter von seinem Heimatort, als er jemals zuvor gewesen war.
*
War es Übermut – oder einfach nur das natürliche Verlangen, neue Möglichkeiten auszutesten, Grenzen auszuloten und gegebenenfalls auch zu überschreiten?
Wie dem auch sein mochte, irgendwann konnte Taro nicht widerstehen. Während er über die Nachtseite von Karol glitt, fasste er den Entschluss, seinen Eponen aus der Atmosphäre hinauszulenken.
Schnell wie ein Blitz durchbrach er zum wiederholten Mal die Schallmauer. Der Donnerhall, der über die nächtliche Landschaft fegte, mochte manchen Karolaner, manches Tier aus Schlaf oder Ruhe schrecken – doch daran verschwendete Taro keinen Gedanken.
Der Ritt auf seinem Eponen war binnen kürzester Zeit zu einer Sucht geworden, von der er ahnte, dass sie ihn nie wieder loslassen würde.
Ob Jinu damit zurechtkommen würde? Er musste an seine Mater denken und daran, wie er schon als kleiner Junge gespürt hatte, wie sehr sie unter der Abwesenheit von Rano gelitten hatte, wenn er wieder einmal auf unbestimmte Zeit unterwegs im Kosmos gewesen war.
Schon lange hegte Taro den Verdacht, dass sein Vada in Diensten der Ankrilen gestanden hatte. Nur so konnte er sich erklären, dass Cana eine solche Furcht hatte, auch ihr Sohn könnte vom Ruf dieser Spezies ereilt werden, von der die Sage ging, dass ohne sie längst kein normales Leben auf den bewohnten Planeten der Umgebung mehr möglich gewesen wäre.
Jenseits der Atmosphäre warteten neue, überwältigende Bilder und Erfahrungen. Taro besuchte die Monde Karols, umrundete sie, wählte herausragende Orte, um sich fast bis hinab zur Oberfläche jedes einzelnen zu begeben – und konnte sich immer noch nicht zügeln, folgte dem Lockruf, den die anderen Planeten des Systems auf ihn ausübten.
Er war Reiter und Epone in einem, während er sich von Welt zu Welt tragen ließ und gar nicht wusste, welches Naturwunder er zuerst bestaunen sollte.
Irgendwann aber beschloss er, heimzukehren und seinen Triumph gemeinsam mit Jinu auszukosten.
Er hoffte, dass er dazu die Gelegenheit erhalten würde, nun, da er zum geachteten Reiter eines Heros-Eponen aufgestiegen war.
Er übertrug die Bilder der Heimat mental auf Cyx, und er spürte instinktiv, dass der Epone ihn verstanden hatte.
Je länger Taro mit ihm verbunden war, desto mehr kam es ihm so vor, als wäre er selbst zum Eponen geworden und benutze den anderen nicht nur als Beförderungsmittel.
Verfolgte man diesen Gedanken weiter, so sprach er eigentlich zu sich selbst – und brachte sich auch selbst zurück nach Karol, dem grünblauen Juwel mit seinem einmaligen Kunstwerk aus Monden.
Berauscht ließ sich Taro nach Karol tragen. Er stellte sich das genaue Ziel vor, und mehr bedurfte es nicht, um Cyx den rechten Weg einschlagen zu lassen.
Größer und größer wurde die Planetenkugel.
Meere und Kontinente zeichneten sich auf der Oberfläche ab. Unterschiedlichste Wolkenmuster sprenkelten die Atmosphäre – und irgendwo tobte ein Sturmwirbel, aber so weit von Taros Heimat entfernt, dass er sich darum keine Sorgen machen musste.
Ob andere betroffen waren – und wer –, scherte ihn im Moment der Sichtung nicht.
Doch von einem Moment zum nächsten änderte sich alles.
Jegliches Wohlbefinden schwand.
Der Heros-Epone, in dem Taro steckte und der eine künstliche Lebenszone um ihn herum formte, in der er selbst in der eisigen Luftleere des Alls atmen konnte, ohne zu frieren, bäumte sich ohne Vorwarnung auf, begleitet von einem mentalen Aufschrei, der so durchdringend war, dass Taro unwillkürlich fürchtete, sein Geist könnte davon Schaden nehmen.
Die Finsternis schlug über Taro zusammen wie die Brandung eines aufgewühlten Ozeans. Finsternis von einer Dichte, die alles übertraf, was Taro kannte und die nicht vergleichbar war mit einfacher Nacht, mit der bloßen Abwesenheit von Licht.
Diese
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