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Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich

Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich

Titel: Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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Schritte. Nier holte zu ihm auf.
    »Ich will nur etwas nachsehen.«
    Nier schaute sich unbehaglich um. Dann richtete er den Blick auf die Tür, die Taro ansteuerte.
    »Das ist Manaks privates …«
    »Ich weiß .«
    »Du denkst, dorthin könnte sich jemand geflüchtet haben?«
    »Warum nicht?«, nahm er die Vorlage auf, obwohl er daran überhaupt nicht dachte.
    Niers Körperhaltung verriet, dass ihn das Verschwinden des toten Weisen endgültig aus dem seelischen Gleichgewicht geworfen hatte. Vielleicht fürchtete er auch, Manak könnte hier herumspuken, als Gespenst, oder weil er gar nicht wirklich gestorben war. Tatsächlich hatte er, im Schrein aufgebahrt, ausgesehen, als würde er nur schlafen.
    Taro schüttelte die merkwürdigen Ideen ab und durchschritt die Tür, die über den kurzen Korridor erst in das eine, dann in das entscheidende Gemach führte.
    Die Spiegelkammer.
    Erstaunlicherweise hatten die Räume ihren Zauber verloren. Sie präsentierten sich fad und überhaupt nicht mehr fremdartig verschroben, sodass es schwerfiel, ihre Details überhaupt zu erkennen.
    Hatte die Verwüstung des Turms das bewirkt?
    Wie betäubt durchmaß Taro die Bereiche, die er mit Jinu ganz anders erlebt hatte. Fast primitiv erschien ihm mit einem Mal die Einrichtung, fast armseliger als in seinem eigenen früheren Zuhause.
    Der Schrank war immer noch da, aber auch er wirkte jetzt wie ein klobiges, unachtsam herangezogenes Gehölz, dessen Tür sich quietschend öffnete, als Taro an einem knorrigen Griff zog.
    Er erwartete gar nicht mehr, das, wonach er suchte, zu finden.
    Zu seiner Überraschung war es jedoch noch da, und im Gegensatz zu seiner ersten Sichtung präsentierte es sich beim Wiedersehen nicht erst als hässliches Etwas, sondern war gleich der luftige Schleier, den er hineingelegt hatte. Die Brosche funkelte in sattem Rot und verband immer noch zwei Zipfel des hauchdünn anmutenden Stoffes, als wäre er tatsächlich der Umhang, als den Taro ihn kurz getragen hatte.
    »Was ist das?«, wollte Nier wissen.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Aber du bist schnurstracks darauf zu, als wüsstest du ganz genau, dass du hier etwas findest.«
    »Es ist ein Schrank«, erwiderte Taro ausweichend. »In einem Schrank liegen Dinge.«
    Taro griff danach.
    »Wollten wir nicht nach Flüchtlingen suchen?«, fragte Nier unbehaglich.
    Taro streifte den Umhang über. Er passte, als wäre er eigens für ihn geschneidert worden. Die Brosche legte sich schwer – angenehm schwer – auf sein Brustbein.
    »Willst du ihn etwa behalten?«, fragte Nier mit hoher, fast hysterischer Stimme. »Er gehörte doch dem Weisen, oder?«
    »Er braucht ihn nicht mehr.«
    Das Argument schien zu stechen. Nier schnaubte, drehte sich um und rief: »Ist da jemand? Ist da irgendjemand?«
    Wie schon bei allen vorherigen Versuchen antwortete auch jetzt niemand. Nicht einmal ein Echo. Die Wände schienen die Stimme einfach zu schlucken.
    Taro erwachte wie aus einer Trance.
    Der Umhang schmiegte sich so behaglich an seine Schultern, dass es sich anfühlte, als wären es Maters Hände, die ihm Trost spendeten.
    Cyx kam ihm in den Sinn.
    Was war aus Cyx geworden?
    Der Epone hatte ihn vor den Toren des Clusters abgesetzt. Hatte ihn abgeworfen. Konnte es sein, dass Cyx die Nähe des Tenebrikoners gespürt und davor gescheut hatte? Hatte er die Witterung des Ungeheuers aufgenommen und hatte diese seinen Geist vor Panik umnachtet, in einer Weise, die Taro vorübergehend tatsächlich als finsterste Finsternis wahrgenommen hatte?
    »Weiter!«, sagte er.
    »Wohin?«, fragte Nier. »Weitere Räume durchstöbern?«
    Taro bejahte. Sie stellten jeden Raum auf den Kopf, zu dem sie Zutritt erlangten. Aber nirgends fand sich ein einziger Karolaner, der sich im Turm verkrochen hatte.
    Schließlich kehrten sie zum Clusterrand zurück, zu dem Ort, wo der Wettkampf stattgefunden hatte.
    Noch immer war kein anderer der neuen Eponen-Reiter an den Schauplatz der Katastrophe zurückgekehrt.
    Taro trat etwas von Nier weg und schloss die Augen.
    So intensiv, wie er es nur vermochte, dachte er an Cyx und rief im Geiste nach ihm.
    Nach einer Weile, als er schon glaubte, nichts bewirkt zu haben, hörte er Nier aufgeregt rufen: »Da kommt ein Epone!«
     
    *
     
    Cyx landete wenige Schritte von Taro entfernt, und der junge Eponen-Reiter hatte das Gefühl, das seltsame Wesen zum ersten Mal in all seiner Pracht wahrzunehmen. Während des Wettstreits mit Nier hatte er kaum Augen für die komplexe Schönheit

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