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Sternenfaust - 187 - Fanal der blauen Sonne

Sternenfaust - 187 - Fanal der blauen Sonne

Titel: Sternenfaust - 187 - Fanal der blauen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry Haynaly & Dennis Mathiak
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hölzerne Kiste.
    Ulesi schnappte sich eine halbe Schlange und schleuderte sie einem Tatka direkt vor die Nase.
    Vorsichtig blickte Nautia über den Rand der Futterkiste. Der Inhalt ließ ihr das Blut gefrieren. Bluttriefende Teile von Schlangen lagen ebenso darin wie aufgebrochene Panzer von Meeresskorpionen und Riesenasseln. Das Ganze stank nach Verwesung. Nach Tierleichen, die zu lange in der Sonne gelegen hatten. Doch genau das schienen die Tatkas zu mögen. Sie fingen die Stücke und verschlangen sie, als ob es nichts Köstlicheres auf der Welt gäbe.
    Nautia wich eine Armlänge von der Kiste zurück. Zum Glück waren Wirdani und Ulesi so mit der Fütterung beschäftigt, dass sie Nautia gar nicht registrierten.
    Auch jene Tatkas, die in der Brühe unter den grünen Blättern gelauert hatten, kamen nun an Land, um sich ihren Anteil am Futter abzuholen. Mit lautem Grunzen und Brüllen machten sie auf sich aufmerksam, wenn sie nicht sofort ein Stück Fleisch zugeworfen bekamen. Dabei sahen sie mit ihrem weit aufgerissen Maul, das über und über mit gelbgrünen Wasserlinsen bedeckt war, beinahe drollig aus. Oder zumindest nicht wie die dunkelhäutigen Jäger, die ihren Opfern nachgaloppierten.
    Trotzdem schielte Nautia nach der Lanze, die Wirdani im Arm festhielt. Wenn eine der Echsen angriff, war dies ihre einzige Verteidigungsmöglichkeit. Direkt hinter dem Kopf fehlte bei den Tieren der Knochenpanzer; nur an dieser und an einer winzigen Stelle auf der Bauchseite konnte den Tatkas ein Treffer mit der vergifteten Lanze etwas anhaben.
    »Wann ist der nächste Schlachttag?«, fragte Ulesi und gab einen schmatzenden Laut von sich.
    »In anderthalb Oktagonen«, antwortete Wirdani, der früher – wie Nautias Mutter – Forscher gewesen war, Urgeschichtsforscher genaugenommen. »Rechtzeitig zum großen Fest.«
    Wenn die Theorien des Alten stimmten, hatten die Gyaan vor Tausenden, wenn nicht gar Millionen von Sonnenumläufen das Meer verlassen, weil Salzwasser-Tatkas und Riffskorpione sie damals gnadenlos gejagt hatten. Der Evolutionsdruck durch diese Jäger hatte die Gyaan gezwungen, an Land in den Baumkronen Schutz vor den Verfolgern zu suchen. Eine Ironie des Schicksals hatte aber dafür gesorgt, dass aus den Jägern selbst Gejagte wurden: Die Tatkas wurden in Anlagen wie dieser gezüchtet, um als schmackhafte Nahrung auf den Mittagstischen der Gyaan zu landen. Und in eineinhalb Oktagonen feierten die Gyaan das Fest der Tatkas , zu dem auch Angehörige aus anderen Dörfern eingeladen waren. Dann war der Himmel erfüllt von den Lichtern, die in den Bäumen hingen und die Nacht beinahe zum Tag werden ließen.
    Ulesi warf das letzte Stück Dornvogel, einen Flügel mit etwas Brustfleisch daran, über das Geländer und wischte seine triefenden Arme an den Planken ab. Suchend hielt er nach Nautia Ausschau, die hinter der Futterkiste stand.
    »Wir sind anscheinend ein tolles Team«, sagte er, als er sie entdeckte.
    Nautia kam hinter der Kiste hervor. »Das könnte dir so passen!«
    Ulesi ging zwei Schritte auf sie zu und hob einen Arm.
    »Das glaubst du doch selbst nicht«, sagte sie und zuckte mitleidig mit dem Kopf. »Ich werfe mich dir doch nicht in die Arme, nur weil wir einen toten Vogel den Tatkas zum Fraß vorgeworfen haben.«
    Ulesi ging frech einen weiteren Schritt auf sie zu, aber in seinem Gesicht spiegelte sich eine Spur Traurigkeit.
    »Verschwinde!«, blaffte sie.
    Wilde Muster wie ein aufgebrachtes Meer, schwarze Abgründe und weiße Gischt, rasten über seine Arme. Seine Augen verengten sich wie bei einem angriffslustigen Dornvogel, aber ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und trottete davon.
    »Musste das sein?«, fragte Wirdani, als Ulesi außer Hörweite war.
    »Ich …«, begann Nautia, aber sie stockte. Was gingen den Alten ihre Probleme an? Er benahm sich, als sei er ihr Vater.
    Ein Gedanke schoss ihr durch das Haupthirn, der so abstrus war wie die Situation selbst. Ihre Mutter hatte verschwiegen, wer Nautias Vater war. War es am Ende der alte Gyaan?
    »Nicht, dass du deine Entscheidung eines Tages bereust«, sagte Wirdani.
    »Sicher nicht!«, sagte sie abwehrend. »Ich muss jetzt dringend zu Darua.«
    Sie zog den Riemen der Umhängetasche mit der Karte fester und stapfte an dem verdutzten Wirdani vorbei.
     
    *
     
    Nautia zögerte. Was würde Darua wohl sagen, wenn sie mitten am Tag bei der Arbeit gestört wurde?
    Auf den Feldern standen unterschiedlich hohe Bäume, zwischen denen sich etwa

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