Sternenfaust - 191 - Nukleus
Hauptschirm. Die Darstellung legte sich halbdurchsichtig über die Ansicht der Bugkameras, die auf die Gänge vor ihnen und den weiteren Verlauf der Höhle ausgerichtet waren.
Es war ein Detailausschnitt der Öffnung, die sich vor ihnen in wenigen Hundert Metern zum Planeteninneren auftat. Die Ansicht zoomte heran, bis sie einen der zunächst nur kleinen schwarzen Punkte, die dort umherhuschten, fokussierte.
Die Konturen eines Wesens schälten sich heraus, wie Commander Austen es ihnen bereits per Funk beschrieben hatte.
»Ich denke, das ist ein Niss«, schloss auch Dr. Scott. Sie fixierte das Bild und ließ es dreidimensional berechnen, sodass der Computer es entsprechend darstellen konnte.
Vor ihnen rotierte ein Wesen, das einer einen Meter großen Insektenlarve ähnelte. Ihre Haut schimmerte fast durchsichtig weiß-bläulich; mandibelartige Kauwerkzeuge und große, schwarze Facettenaugen dominierten den Kopf, der unmittelbar in den Raupenkörper überging.
Das Wesen hing in einer Art schwebenden Wabe oder Beutel, durch den sie aufrecht gehalten wurde. An der Vorderseite, also dort, wo sich der Bauch des Wesen befand, waren Bedienelemente angebracht, die es mittels vierer etwa fünfzig Zentimeter langer Tentakelarme bedienen konnte.
An dieses Behältnis schloss sich in Höhe der Rückenpartie des Wesens eine kleiner Kasten an, der metallisch glänzte und offenbar die Antigrav-Einheit beherbergte, von der Commander Austen ebenfalls gesprochen hatte.
»Commander Austen hatte recht«, meinte Lieutenant Jamil. »Sie entsprechen nicht gerade dem menschlichen Schönheitsideal!«
Cody warf ihr einen tadelnden Blick zu. »Wie steht es mit der Funkverbindung zur STERNENFAUST?«
»Noch stabil, Sir, aber das Signal wird schwächer. Ich musste bereits die erste Verstärkerstufe hinzuschalten, aber wir haben noch Spielraum nach oben.«
»Die Niss«, zog Kendra Scott die Aufmerksamkeit wieder auf sich, »besitzen kaum Muskelmasse. Sie sind vollkommen von ihren Antigrav-Einheiten abhängig. Ich müsste noch genauere medizinische Scans durchführen, aber ich glaube, degenerierte Muskelringe erkannt zu haben, die sich durch den Körper ziehen und die in der Tat, wie der Physiognomie entsprechend, für eine ehemals kriechende Fortbewegung sprechen.«
»Sie haben also entweder eine sehr hohe Reproduktionsrate und sich entsprechend schnell angepasst, oder die Antigrav-Technik ist für sie wirklich ein alter Hut.« Cody nickte bedächtig.
»Die verwendete Technik der Niss weist ebenfalls eine Besonderheit auf«, fügte jetzt Jefferson hinzu. »Ich habe mir die Antigrav-Einheiten und die Kraftfelder einmal genauer angesehen und sie scheinen keinerlei Energieversorgung zu haben.«
Turanagis Blick war zweifelnd. »Die Geräte sind autark, ohne über irgendeine Generatorvorrichtung, Batterie oder Ähnliches zu verfügen?«
Jefferson nickte. »Exakt. Was gerade bei Kraftfeldern, die große Energiefresser sind, ziemlich seltsam ist. Das vorherrschende Niveau an elektrischer Aktivität, das ich hier erfasse, ist ungeheuerlich.« Er lachte entschuldigend. »Meine Mutter hat mir immer vorgeworfen, dass ich so viel Energie verbrauche, dass man damit eine halbe Galaxie versorgen könnte. Nun, bei den Niss trifft dieser Vorwurf tatsächlich zu.«
»Sir, sehen Sie!«, rief Lieutenant Kapoor und deutete auf einen Monitor, auf dem sie die Bilder der optischen Bugsensoren in den Vordergrund schob.
Gespannt beobachtete die Rettungscrew, wie sich vor die Öffnungen der vier von der Plattform abzweigenden Gänge jeweils ein Niss schob. Die Wesen schwebten dort wippend auf und ab. Die Kraftfelder waren weiterhin aktiviert.
»Was machen die da?«, fragte Turanagi. Er schloss die Augen und konzentrierte sich. Cody vermutete, dass er versuchte, mit den Wesen Kontakt aufzunehmen. Aber noch bevor er Erfolg hatte, geschah etwas.
Aus Jamils mobiler Funkeinheit drang ein niederfrequentes Blubbern. In stakkatoartiger, monotoner Folge wummerten die Töne aus den Wiedergabefolien.
»Es ist eine Begrüßung«, sagte Turanagi. Er hatte die Augen wieder geöffnet. »Sie haben sie ebenfalls mental gesendet, allerdings ohne generelle Wertung, ob sie uns feindlich oder wohlgesonnen gegenüberstehen.«
»Sollten wir nicht antworten?«, merkte Jamil an.
Cody nickte Lieutenant Kapoor zu. »Schalten Sie die Frequenz frei, über die die Nachricht hereinkam.«
»Kanal offen.«
Eine Erschütterung durchlief die Fähre, noch bevor Cody eine Funkmeldung
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