Sternenfaust - 194 - Der Hüter des Krinoi'i
stecken ließen.
Für die Nakalan war ihre Verwandtschaft mit Shesha’a das einzige Thema, dem sie sich mit Hingabe widmeten, auch als sie in einem Besprechungsraum am Tisch saßen und sich die Speisen schmecken ließen, die Missie mit großer Sorgfalt nach Shesha’as Anweisungen zusammengestellt hatte. Nira-Khor scannte sie sorgfältig und befand alle für genießbar.
Auf dem Hintergrund der Entdeckung von Shesha’a nahm das Essen für die Nakalan jedoch eine untergeordnete Stellung ein. Das gab Dana die Gelegenheit, sich in Ruhe zu überlegen, was sie den Nakalan als Abschiedsgeschenk geben könnte. Sie entschied sich für eine Zusammenstellung literarischer Werke der bekannten Völker der Milchstraße auf einem Datenspeicher.
»Es ist ein Muster«, erklärte Nira-Khor und projizierte es mit ihrem Hologrammring für alle sichtbar in den Raum. »Wir konnten eindeutig bei unseren Wanderungen feststellen, dass das Urvolk zumindest in dieser Galaxis bei der Verteilung ihrer Ableger auf anderen Welten einem Muster gefolgt ist. Wir haben die älteste Kolonie am Rande dieser Galaxis lokalisiert, von der aus sich die Kolonien spiralförmig bis zum Zentrum fortsetzen – wenn man anhand der Anordnung der Kolonien, die wir bisher gefunden haben, davon ausgeht, dass sie zwischen denen noch potenzielle weitere Kolonien hinterlassen haben. Andere AUGE-Schiffe prüfen das bereits. Und wenn man den hypothetischen Weg vom Zentrum aus nach der errechneten Linie weiterverfolgt, landet man in eurer Galaxie.«
»Dasselbe gilt auch für Wesen, die rein äußerlich identisch oder fast identisch mit Ihrem Volk sind«, ergänzte Jaru-Thal. »So wie die Karolaner und das Volk auf dem zerstörten Planeten, bei dem wir uns zuerst begegnet sind. Das heißt, dass auch Sie von einem gemeinsamen Urvolk abstammen.«
»Wir haben nur noch nicht herausgefunden, welchem Zweck diese systematische Kolonisierung dient und warum sich offenbar verschiedene Ur-Spezies an dieser Aktion beteiligt haben. Und auch nicht, wo deren eigentlicher Ursprung ist.«
Dana merkte auf. »Woher wissen Sie, wie die Fremden des Planeten aussehen? Waren Sie schon dort, als deren Welt verwüstet wurde?«
»Nein«, versicherte Jaru-Thal. »Wir haben sie mit der Retrospektionsortung gesehen. Ein Ortungsmodus, mit dem man vergangene Ereignisse sichtbar machen kann, sofern sie nicht zu lange zurückliegen.«
»Sie besitzen Ortungsgeräte, mit denen sie die Vergangenheit sichtbar machen können?« Taglieri blickte Jaru-Thal an, als wollte der ihn auf den Arm nehmen. »Wie sollte das wohl funktionieren?« Sein Ton drückte deutlich aus, dass er das kaum glauben konnte.
Manchmal war Taglieri die Axt im Walde, fand Dana. Zu seinem Glück hatten die Nakalan mit den Shisheni auch gemeinsam, dass sie nicht leicht zu beleidigen waren.
»Das Prinzip ist recht einfach«, erklärte Jaru-Thal deshalb sachlich.
»Jeder Gegenstand und erst recht jedes Lebewesen sondert individuelle Emissionen ab. Wärme, Kälte, die energetische Strahlung seines Körpers, Hautpartikel und andere Dinge. Jedes dieser Dinge besitzt eine individuelle Signatur, die sich mit entsprechend eingestellten und darauf geeichten Ortungsgeräten erfassen und unterscheiden lässt. Diese Absonderungen existieren auch noch Tage, Wochen und sogar Jahre später.«
»Aber dann müssten sie längst durch nachkommende Emissionen … nun, verzerrt sein«, war Taglieri überzeugt.
Jaru-Thal wirbelte mit einer Hand im Kreis, offenbar eine Geste der Zustimmung. »Sobald ein Ereignis vor einer bestimmten Zeit stattfand, trifft das zu. Diese Zeitspanne ist unterschiedlich und hängt von den äußeren Umständen ab. Allerdings kann der Rechner der Retrospektionsscanner bis zu diesem Unkenntlichkeitszeitpunkt anhand der vorhandenen Signaturen den ursprünglichen Zustand und somit das Geschehen errechnen, in Bilder umsetzen und zurückverfolgen. Auch bei starken Verzerrungen gelingt immer noch eine Rekonstruktion von bis zu 3,088 Zwölfteln. Das genügt, um einen guten Eindruck des vergangenen Ereignisses zu bekommen.«
Der Wert, den der Nakalan genannt hatte, entsprach ungefähr fünfundzwanzig Prozent. Dana fand das beeindruckend. Und bedauerte, dass es nicht auch Scanner gab, welche die Zukunft auf ähnliche Weise erfassen konnten. Doch wahrscheinlich würde sich die Zukunft durch das Wissen der Zukunft verändern. Die Folge wäre wahrscheinlich eine Art temporaler Unschärfeeffekt. Oder es würden sich fatalistische
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