Sternenfaust - 198 - Verzweiflung (1 of 2)
Kind den Wahnsinn. Während alle Angst haben, zuzugeben, dass sie keine Kleider sehen können, sagt das Kind die Wahrheit. Es sagt das Offensichtliche. Nicht weil es schlauer ist als die anderen, sondern weil es keine Angst hat, zu sagen, was es sieht. Und die Wahrheit ist, dass der Kaiser nichts am Leibe trägt.«
Dana seufzte. »Ich weiß wirklich nicht, was das mit unserer Situation zu tun hat. Es gab die Akoluthoren. Wir alle haben sie gesehen. Ich hoffe, Sie wollen mich jetzt nicht mit einem Kaiser vergleichen, der sich unsichtbare Kleider einreden ließ.«
»Als das ganze Volk den Kaiser auslachte«, fuhr Commander Wynford milde lächelnd fort, »als niemand mehr glaubte, dass der Kaiser wirklich die Kleider trug, die nur die Klugen und Weisen sehen können, und als sogar dem Kaiser klar wurde, dass der Junge die Wahrheit gesagt hatte, wollte der Kaiser jedoch seinen Fehler nicht zugeben. Also schritt er weiter stolz voran. Und seine Diener hielten weiter zu ihm und trugen weiterhin die Schleppe, die gar nicht da war. So endet das Märchen.«
»Sie glauben also, dass ich an den Akoluthoren festhalte, weil ich nicht in der Lage bin, einen Fehler zuzugeben?«
»Ich glaube, dass Sie besser sind als der Kaiser aus dem Märchen«, sagte Commander Wynford. »Das Entlarvende an dem Märchen ist nicht der Betrug, der nur deshalb funktionierte, weil die Menschen ängstlich und eitel sind. Es ist das Verhalten des Kaisers, als der Schwindel auffliegt.«
»Ich glaube nicht mehr an die Akoluthoren«, sagte Dana. »Und ich habe auch nie etwas anderes behauptet. Ich sage es offen: Ich war eine Närrin!«
»Sie waren und sind keine Närrin«, sagte Commander Wynford. Dann deutete sie auf sich selbst. »Wir alle haben aus nachvollziehbaren Gründen einer falschen Hoffnung nachgejagt. Und es fällt schwer, dies zu akzeptieren. Auf der Suche nach den Akoluthoren hat es Tote gegeben. Wir haben viel riskiert und stehen nun wieder am Anfang. Das ist tragisch, und es wird lange dauern, bis wir alle darüber hinwegkommen. Aber letztlich ist es das, was wir tun werden. Und zwar so schnell wie möglich.«
Dana nickte, und sie bemerkte, wie es in ihren Augen brannte.
»Es hat keinen Sinn, noch ein paar Schritte zu gehen und die Diener die unsichtbare Schleppe tragen zu lassen«, fügte Commander Wynford mit leicht zitternder Stimme hinzu. »So zu tun als ob, ändert nichts mehr an den Fakten.«
Als Dana schluckte, spürte sie einen stechenden Schmerz in ihrem Kehlkopf. Schließlich sagte sie so ruhig wie möglich: »Wie sehen die nächsten Schritte aus?« Ein leichtes Zittern in der Stimme hatte sie nicht vermeiden können.
»Wir suchen nach einem unbewohnten Planeten, dessen Umweltbedingungen denen der Erde ähneln.«
Dana nickte. »Das kann eine Weile dauern«, sagte sie schließlich.
»Das ist korrekt«, sagte Commander Wynford. »Wir werden uns Zeit lassen müssen. Womit wir uns keine Zeit lassen, sind die Akoluthoren. Wir werden sie zerstören.«
Unwillkürlich umklammerte Dana das Amulett, das sie noch immer bei sich trug. »Zerstören?«
»Sie zu behalten, ist zu gefährlich. Die Tenebrikoner würden uns aufspüren.«
»Wir könnten die Akoluthoren wenigstens irgendeinem Ankrilen-Orden übergeben.«
»Wir würden ihnen keinen Gefallen tun«, widersprach Jane Wynford energisch. »Genauso gut könnten wir ihnen eine Antimateriebombe aushändigen. Denn auch wenn die Akoluthoren nicht das hielten, was wir uns von ihnen versprochen haben, scheinen sie doch eine gefährliche und unberechenbare Energiequelle zu sein.«
»Es ist bislang niemandem gut bekommen, sein Akoluthorum abzugeben«, sagte Dana.
»Das Serum von Doktor Tregarde muss ausreichen. Zumindest ist unser Schiffsarzt überzeugt, damit die Nebenwirkungen dauerhaft vermeiden zu können.«
»Er glaubt es …«, wiederholte Dana. Die Vorstellung, das Akoluthorum für immer hergeben zu müssen, gefiel ihr nicht. Sie machte ihr regelrecht Angst.
»Niemand weiß, welche schädliche Wirkung die Akoluthoren auf Dauer bei den Trägern anrichtet«, sagte Commander Wynford, und natürlich war Dana auf diese Befürchtung ebenfalls schon gekommen. »Was bei Romana Hel’gara geschehen ist, könnte sich irgendwann auch bei den anderen ereignen. Wollen Sie wirklich riskieren, unter den mentalen Einfluss eines Artefakts zu geraten?«
Dana nickte. »Wie sollen die Akoluthoren vernichtet werden?«
»Der Plan ist bislang nur grob umrissen, doch die Überlegung lautet, die
Weitere Kostenlose Bücher