Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
war, eine Mama zu sein«, sagte er schließlich. Seine Stimme brach, und er vergrub das Kinn in seiner Brust. »Meine Ginny war die Einzige auf der New Horizon, die schwanger werden konnte.«
Seth hielt den Atem an und sah zu, wie der andere die Vergangenheit Revue passieren ließ und Schmerz sich wie ein Schatten über seine Gesichtszüge legte.
»Beim ersten Mal waren wir so glücklich und so stolz. Wir erzählten es der gesamten Crew, und jeder beglückwünschte uns. Wir schenkten ihnen Hoffnung. Pastorin Mather verfasste sogar eine Predigt über uns. Sie nannte Ginny die neue Eva, und das machte mich dann wohl zu Adam.« Er streckte sich, als er dies erzählte, und lächelte bei der Erinnerung daran.
»Ich dachte, auf der New Horizon gäbe es keine Kinder«, sagte Seth mit schaurig leiser Stimme.
Jakes Lächeln verschwand. Er sah Seth wie ein Raubtier an, das seine Beute fokussierte. »Es gibt auch keine.«
»Sie verlor das Baby«, sagte Seth leise. Fast tat ihm dieser gebrochene, verstörte Mann leid.
Jake vergrub das Gesicht in seinen enormen Händen. »Und noch eins und noch eins und noch eins.«
Seth beließ es fürs Erste dabei und beobachtete nur Jakes schwerfällige Atmung.
»Nach einer Weile war es, als würden ihre Lebenslichter erlöschen«, fuhr Jake schließlich mit angespannter Stimme fort. »Erst hörte sie auf zu lächeln, dann hörte sie auf zu reden, und dann hörte sie auf aufzustehen. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich dachte, es würde ihr bald wieder bessergehen, aber …«
Seth wollte fragen, was mit Ginny geschehen war, doch im Grunde glaubte er es zu wissen.
»Ich versuche doch nur, es wiedergutzumachen«, sagte Jake in seine Hände. »All unsere toten Babys. All unsere Babys, die nie eine Chance hatten. Es muss einen Weg geben, das auszugleichen, oder? Nach allem, was sie uns angetan haben.«
»Und Max zu töten hat es wiedergutgemacht?«
»Es war ein Anfang.«
»Max war noch nicht mal geboren, als all das passierte.«
»Aber sein Vater«, sagte Jake mit kummervoller Stimme. »Jetzt wird sein Vater wissen, wie es ist, wenn die eigenen Kinder sterben.«
»Sein Vater starb bei dem Angriff.« Es brachte ihm keine Befriedigung, diese Worte auszusprechen.
Jake antwortete nicht darauf.
Seth starrte ihn an und bemerkte zuerst gar nicht, dass er vor Wut zitterte.
Diese Dummheit, die blinde Idiotie, aus Rache um sich zu schlagen, war schlichtweg abstoßend. Seth hatte Kieran gegenüber so gehandelt, nachdem sein Vater gestorben war, hatte ihn für alles bestraft, was schiefgelaufen war. Wenn er Kieran weh getan hatte, hatte er sich kurzzeitig gut gefühlt, aber dieses Gefühl war schnell schal geworden, und dann hatte er nur noch einen Weg gesucht, aus diesem widerlichen schwarzen Labyrinth, das er sich selbst gebaut hatte, wieder herauszukommen.
Nun wanderte Waverly durch ein ähnliches Labyrinth. Ihr Gesichtsausdruck, als sie den Taser gegen Jakes Nacken gehalten hatte, ihre Grimassen, wenn er geschrien hatte, das Funkeln ihrer Augen, während sie die feinen Rauchfäden beobachtet hatte, die von seinem versengten Fleisch aufgestiegen waren. Angeblich war sie auf Informationen aus, doch Seth wusste, was sie in Wirklichkeit getan hatte. Sie hatte zu viel durchgemacht, und ein Teil von ihr war zerbrochen. Ihre Menschlichkeit hatte ausgesetzt, und zurückgeblieben war nur ihr animalischer Instinkt: töten, verletzen, verstümmeln, überleben.
Aber er wusste, wie sehr die Erinnerungen an all das Fürchterliche, das er Kieran angetan hatte, ihn verfolgten – und auch Waverly würde eines Tages den Augenblick erkennen, an dem sie ihre wahre Natur und Menschlichkeit hinter sich gelassen hatte. Sie würde sich besinnen und ihren Taten wieder eine andere Richtung geben.
Aber dieser Mann hier war verlorener, als Seth oder Waverly es je gewesen waren.
»Früher habe ich auch an Rache geglaubt«, sagte Seth und versuchte, gesprächig zu klingen. »Ich habe Kieran Alden gequält, ihn für seine Fehler bestraft, ihn leiden lassen. Ich war ein Monster. Aber ich machte damit alles nur noch schlimmer und schuf mir neue Feinde, schürte mehr Hass auf dem Schiff, mehr Gründe für Rache. Sieh dir an, wo ich jetzt stehe. Kieran hält mich für gefährlich und hat recht damit. Ich war gefährlich. Aber jetzt hocke ich im Arrestbereich – und das, obwohl ich dabei helfen könnte, das Schiff zu führen. Und selbst wenn die Erwachsenen zurückkommen und alles sich wieder halbwegs
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