Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
kannst es versuchen.«
Seth machte auf dem Absatz kehrt und setzte sich in Bewegung, doch dann stoppte er und wandte sich erneut zu Kieran um. Seine Hand glitt an seinen Hinterkopf, und seine Augen starrten auf den Boden, der zwischen ihnen lag. »Hör zu«, sagte er schließlich, »es tut mir leid. Wegen dem, wie ich dich in der Brig behandelt habe. Ich glaube, ich wollte dich … irgendwie dafür bestrafen, was mit meinem Vater geschehen ist.«
»Du hast versucht, mich zu töten.«
»Ich wäre damit nicht durchgekommen.«
»Bist du dir da so sicher?«
Seth starrte ihn nur an, einen gehetzten Ausdruck auf dem Gesicht.
»Ich werde nie wieder zulassen, dass du mir die Kontrolle über dieses Schiff entziehst«, sagte Kieran. Er stieß sich von dem Container ab und stand nun aus eigener Kraft. »Ehe du im Stuhl des Captains sitzt, sterbe ich.«
»Ich weiß.«
»Und Waverly wirst du auch nie bekommen«, sagte Kieran, der nach dem Grausamsten gesucht hatte, was er noch sagen konnte. »Sie ist deiner überdrüssig geworden. Du bist ihr zu … einfältig.«
Seths Augen verdunkelten sich bei diesen Worten, und seine Mundwinkel senkten sich. Für einen Augenblick sah es aus, als würde er anfangen zu weinen, doch stattdessen machte er einen Schritt in Richtung Steuerbord und war kurz darauf verschwunden.
Kieran ließ sich auf dem Boden des Lagerraums nieder und wartete darauf, dass das Zittern nachlassen würde. So etwas wie gerade eben war ihm noch nie zuvor passiert, aber andererseits hatte er seit seinem Hungermonat auch nicht mehr zu rennen versucht. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Aber das war noch die kleinste seiner Sorgen.
Was den blinden Passagier anbelangte, hatte Seth vielleicht nicht gelogen. Er hasste Seth, aber nicht genug, um sich von seinem Ziel abbringen zu lassen. Seth wollte Macht, und er wusste, dass er sie niemals bekommen würde, wenn er mit den Schubdüsen herumexperimentierte und so die Wahrscheinlichkeit verringerte, dass sie ihre Eltern jemals wiedersahen.
Kieran schlug sich mit der Hand vor die Stirn. Er hätte das eher erkennen müssen. Es war ein Saboteur der New Horizon an Bord, und Seth jagte ihn. Wenn es ihm gelingen würde, den Saboteur zu fangen und zur Rechenschaft zu ziehen, wäre er ein Held. Und Kieran würde dastehen wie ein Idiot.
Die Erkenntnis beunruhigte ihn und durchfuhr ihn wie ein Fieber.
Vielleicht war es gar nicht so schlecht, wenn die Crew weiterhin dachte, Seth wäre der Saboteur.
Er blieb noch eine lange Zeit in der Lagerhalle und wog seine Optionen ab. Als er schließlich wieder bei Kräften war, ging er zu den Fahrstühlen auf der Backbordseite, fuhr direkt in die Kommandozentrale und rief seine Offiziere zu einem Meeting zusammen.
ZWEITES BUCH
Macht
Nahezu alle Menschen können Leid ertragen.
Willst du den Charakter eines Menschen
auf die Probe stellen, gib ihm Macht.
Abraham Lincoln
Neue Regeln
W averly lag unter einem Mähdrescher und zerrte an einem störrischen Bolzen einer leckenden Batterie, als sie das Knacken des Schiff-Interkoms hörte. Ihre Hände fühlten sich durch die erhöhte Schwerkraft schwer und geschwollen an, ihr Körper träge. Sie bettete ihren Kopf auf das duftende Erdreich und betrachtete das Fahrgestell der Maschine, während sie zuhörte.
»Hier spricht Kieran Alden. Bitte stellt ein, was immer ihr gerade tut, und hört mir zu, denn dies ist vielleicht die wichtigste Durchsage, die ich jemals machen werde.«
Waverly verdrehte die Augen. Seit er das Schiff übernommen hatte, neigte Kieran zu dramatischen Übertreibungen. Vermutlich war es das, was die Leute dazu brachte, ihm zuzuhören.
»Wir haben Grund zu der Annahme«, sagte Kieran, »dass wir einen Terroristen der New Horizon an Bord haben.«
Waverly wurde kreidebleich. Einige Leute um sie herum schrien laut auf. Zwei Mädchen, die das Öl an einem der Traktoren gewechselt hatten, hielten sich an den Händen und starrten mit weit aufgerissenen Augen auf den Lautsprecher des Interkoms. Waverly kam unter der Maschine hervor und stand auf, um besser hören zu können.
»Offensichtlich arbeitet Seth Ardvale mit ihm zusammen.«
»Niemals«, sagte Waverly, verstummte jedoch sofort wieder, als etliche Leute ihr bedeuteten, still zu sein.
»Wir glauben, dass Seth mit dem Terroristen zusammenarbeitet. Gemeinsam töteten sie Max Brent und brachten das Schiff durch Manipulation der Schubdüsen vom Kurs ab. Wir haben dringenden Grund zu der Annahme, dass die beiden
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