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Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Titel: Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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war.
    »Ich glaube, er hat Hirnblutungen«, sagte Tobin und verlor dann die Fassung. »Ich kann ihm nicht helfen! Ich kann es nicht!«
    »Warum nicht?«, schrie Kieran zurück. Die Wirkung des Morphiums hatte schlagartig nachgelassen, und er konnte wieder auf eigenen Beinen stehen. Sein gesamter Verstand konzentrierte sich auf ein Ziel: Philip Grieg zu retten. »Was würde ein Arzt machen?«
    »Ein Loch in seinen Schädel bohren.«
    »Dann mach das!« Im Raum wurde es mit einem Mal still, alle Augen waren auf ihn gerichtet. Kieran war jetzt völlig ruhig.
    »Du verstehst das nicht!«, rief Tobin verzweifelt. »Alles, was ich bisher wissen musste, stand in den Handbüchern! Für Gehirnchirurgie gibt es kein Trainingsvideo!«
    »Jeder kann sehen, dass er sterben wird, wenn du nichts tust.«
    »Er wird sterben, wenn ich es tue.«
    »Gib ihm eine Chance«, sagte Kieran.
    Tobin stand über Philips zuckendem Körper. Er keuchte, und die Venen seines kurzen Halses traten dick hervor. Schließlich sagte er: »Okay. Bringt mir einen Rasierer, ein Skalpell und, äh, Jod. Und … ach, ich weiß doch auch nicht. Sucht einen Bohrer.«
    Seine beiden Helfer starrten ihn entgeistert an, bis er sie anschrie: »Los, macht schon! Wir haben keine Zeit!«
    Er ging zum Waschbecken, wusch sich die Hände und schrubbte die Unterarme bis zum Ellbogen mit einer kleinen weißen Bürste ab. Einer seiner Helfer zog ihm Gummihandschuhe über, während der andere einen Wagen hereinrollte, auf dem eine Vielzahl von Instrumenten lag, eins furchteinflößender und komplizierter als das andere.
    »Wir müssen dafür sorgen, dass die Erwachsenen zurückkommen«, sagte Kieran leise zu sich selbst. Aber dann erinnerte er sich, dass es ja Erwachsene auf dem Schiff gab: In der Langzeitpflege lagen sie im künstlichen Koma, um sich von den Folgen der radioaktiven Verstrahlung zu erholen. »Ist Victoria Hand bei Bewusstsein?«, fragte er in den Raum, doch niemand antwortete.
    »Dreht ihn um«, ordnete derweil Tobin an.
    Die Jungen drehten Philip vorsichtig auf den Bauch und schnauften laut, als sie die riesige Beule an seinem Hinterkopf sahen, die wie ein grotesker Ballon angeschwollen war. Es musste fürchterlich viel Blut in diesem jungen Schädel sein. Tobin schloss die Augen und atmete durch geschürzte Lippen tief aus, bis keine Luft mehr in seinen Lungen war. Dann band sein Helfer ihm eine Chirurgenmaske über Mund und Nase.
    »Alle raus hier«, sagte Tobin ruhig. Er war blass wie der Tod.
    »Brauchst du keine Hilfe?«, fragte sein Assistent mit weit aufgerissenen Augen.
    »Ich schaffe das nicht, wenn jemand zuschaut«, gab Tobin zurück.
    Matt nahm Kierans Ellbogen, zog ihn aus dem Raum und auf das Krankenbett zu, doch Kieran entzog sich ihm schwankend. »Lass uns nach den Erwachsenen sehen.«
    Matt nickte, dann stützte er Kieran, während sie an dem Büro des Arztes vorbei und in das nächste Krankenzimmer gingen – einen großen Raum mit acht Betten und acht Erwachsenen darin – oder das, was von ihnen geblieben war. Es war Wochen her, dass Kieran das letzte Mal nach ihnen gesehen hatte, und in seinen Augen hatte ihr Zustand sich kaum verändert, seit sie sie aus dem radioaktiv verseuchten Maschinenraum gerettet hatten. Ihre Körper lagen hier, aber ihr Geist war weit fort. Vielleicht würden sie nie wieder gesund werden. Zwei von ihnen waren an Maschinen angeschlossen, die ihre Brustkörbe aufblähten und sie wie Puppen aussehen ließen. Einer dieser Erwachsenen war Tobins Mutter. Kein Wunder, dass der Junge die Krankenstation nie zu verlassen schien; er arbeitete hart, um andere zu retten, damit er nicht daran denken musste, dass er seiner eigenen Mutter nicht helfen konnte. Dass Tobin es überhaupt geschafft hatte, diese Erwachsenen am Leben zu halten, zeigte, wie intelligent und fähig er und seine Helfer waren.
    In der entlegensten Ecke des Raums lag Victoria Hand, eine Krankenschwester und das einzige überlebende Mitglied der medizinischen Besatzung der Empyrean. Sie war die einzige der Erwachsenen, die nicht im Koma lag, sondern hin und wieder zu Bewusstsein kam. Neben ihrem Bett döste ihr Sohn Austin, der quasi die Krankenschwester dieser Station geworden war, ebenso wie die anderen Kinder, deren Angehörige hier lagen.
    »Wie geht es ihr?«, fragte Kieran Austin, der sich in seinem Stuhl aufsetzte, als er ihn sah. Mit seinen langen Fingern rieb er sich den Schlaf aus den Augen und antwortete schniefend: »Sie schläft fast zwanzig

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