Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
Stunden pro Tag, und ich muss sie täglich an die Dialyse anschließen.«
»Woher wisst ihr, wie man eine Dialyse macht?«
»Sie hat es mir gesagt.«
»Dann kann sie reden?«
»Wenn sie wach ist, können wir ihr Fragen stellen.«
Kein Wunder, dass die medizinische Station so gut lief.
Kieran lehnte sich über sie und nahm ihre Hand in die seine. »Vickie? Vickie, wachen Sie auf.«
Ihre Augenlider flatterten, schlossen sich dann aber wieder. Ihre Haut war aufgedunsen, und sie sah aus, als wäre sie in den letzten Monaten um zwanzig Jahre gealtert. Sie öffnete den Mund ein paar Millimeter und sagte beim Ausatmen leise: »Kieran.«
»Vickie, wir haben auf der Krankenstation eine schwere Kopfverletzung.« Ihre Augen flatterten erneut und schlossen sich wieder. Kieran kniete sich neben sie und sagte laut in ihr Ohr: »Tobin Ames wird gleich ein Loch in den Schädel von Philip Grieg bohren.«
Ihre Augen öffneten sich ruckartig, und sie starrte Kieran an. »Seine Mutter wird das nicht erlauben …«, begann sie, doch dann schien ihr einzufallen, dass Philips Mutter tot war.
»Wenn ich es schaffe, Sie in den Rollstuhl zu setzen …«, hob Kieran an, aber sie nickte bereits und versuchte, sich aufzusetzen. Austin stützte ihren Rücken mit seinem Gewicht und schob sie nach vorn.
»Mom, bist du dir sicher?«
»Ja«, krächzte sie, »bringt mich zu ihm.«
Als sie jetzt aufrecht saß und das Licht auf ihre Kopfhaut schien, bemerkte Kieran, dass ihre Haare ausgefallen waren. Stattdessen bedeckte ein pfirsichfarbener Flaum ihren Kopf. Durch die Rückseite des dünnen Krankenhemds war jede einzelne Rippe zu erkennen; sie sah aus, als bestünde sie aus lauter Stöckchen.
Austin brachte mit zusammengekniffenen Lippen einen Rollstuhl heran, und Matt hob sie hinein. Sie sackte in sich zusammen und erbrach, über eine Armlehne des Rollstuhls gebeugt, eine dünne, wässrige Substanz, die auf ihr Krankenhemd tropfte.
»Mom!«, schrie Austin.
»Das kommt nur davon, dass ich zum ersten Mal nach so langer Zeit wieder aufrecht sitze«, erklärte sie schwach.
Jeder im Hauptraum der Krankenstation hielt inne und starrte Victoria Hand an, während Matt sie in Richtung des OPs schob. Durch die Glastür konnte Kieran sehen, dass Tobin Philips Kopf rasierte. Victoria setzte sich eine Chirurgenmaske auf. »Bind sie bitte fest«, sagte sie zu ihrem Sohn, der sich mit sorgenerfülltem Gesicht über sie beugte.
»Du auch eine Maske«, krächzte sie und zeigte auf Matt. Dieser tat wie geheißen und schob sie dann in das Innere des Raums. Austin blieb zurück; es war offensichtlich, dass er diesen Raum um keinen Preis betreten wollte.
Kieran beobachtete Victoria durch das Glas der Tür. Als Tobin sie sah, entfuhr ihm ein Schrei der Erleichterung. Matt schob sie um das Bett herum, damit sie Philips deformierten Schädel sehen konnte. Dann verließ er schnellen Schritts den Raum und gesellte sich zu Kieran. Sie beobachteten, wie Victoria auf den Jungen zeigte und Tobin aufmerksam zuhörte. Er nahm nun einen großen, jodgetränkten Tupfer und fuhr damit über Philips Kopf. Schweiß rann ihm über das Gesicht, als er anschließend das Skalpell in die Hand nahm.
»Tobin hat Mumm«, sagte eine Stimme hinter ihm. Kieran drehte sich um und sah, dass Seth sie von seinem Bett aus beobachtete. »Ich hätte mich das nie getraut.«
»Ich auch nicht«, flüsterte Waverly, die das Geschehen ebenfalls beobachtete, während Tränen über ihre Wangen liefen.
Da die Medikamente zu wirken begonnen hatten, schien es beiden besserzugehen, obwohl sich ihre Stimmen gepresst anhörten.
Kieran stolperte zu seinem Bett und ließ dabei Seth nicht aus den Augen, der wiederum jede seiner Bewegungen verfolgte. Kieran konnte sehen, dass Seth an Gewicht verloren hatte, was aber seine Muskeln und die fein gezeichneten Knochen seines Gesichts erst recht zur Geltung brachte. War Waverly so einfältig, dass ein Junge sie mit bloßer körperlicher Schönheit für sich gewinnen konnte?
»Matt«, sagte Kieran und winkte ihn zu sich heran. Matt beugte sich mit geradem Rücken hinunter, und Kieran flüsterte in sein Ohr: »Geh runter und sag den Wachen in der Brig, dass sie mir Bescheid geben sollen, sobald der Terrorist wieder bei Bewusstsein ist. Niemand darf mit ihm reden, bis ich unten bin.«
»Alles klar«, erwiderte Matt.
»Und bring ein paar Wachen mit hierher.«
Matt sah mit steinerner Miene zu Seth hinüber und nickte.
»Sieht aus, als würde ich zurück
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