Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
zu Kräften zu kommen, okay?«
»Du bist der Arzt.«
»Ich wünschte, ich wäre es.« Tobin sah zu Hiro, der Seths Zellentür für ihn öffnete, wieder verschloss und ihn dann endlich in Waverlys Zelle ließ. Tobin half ihr, sich aufzusetzen, und hob sie dann mit den Händen unter ihren Achseln in den Rollstuhl.
»Ich werde dich hier rausbringen«, sagte Waverly zu Seth, während Tobin sie fortschob.
»Okay«, antwortete Seth, doch der hoffnungslose Ausdruck in seinen Augen strafte seine Zuversicht Lügen.
Waverly lehnte sich nach links und klammerte sich an die Armlehne des Rollstuhls, während Tobin sie langsam weiter auf die Zelle ihres Beinahe-Mörders zuschob. Ihr Atem ging stockend, und sie konnte spüren, wie kleine Schweißperlen durch die dünnen Härchen ihres Haaransatzes rannen. Sie konnte ihre eigene Angst riechen, die sich wie eine Wolke um sie legte.
Sitz gerade, lass ihn dich nicht so sehen. Waverly richtete sich auf, schob die Hände unter ihre Oberschenkel, und als sie an der Zelle des Terroristen vorbeikam, zwang sie sich hineinzusehen.
Er saß steif da, seine Handgelenke waren gefesselt, und die Fäuste lagen wie Steine auf seinen Knien. Er hatte einen Buckel, sein Kopf saß tief zwischen den massigen Schultern, und er starrte aus tiefliegenden Augen unter schweren Brauen auf den Gang hinaus. Wenn er ausatmete, wölbten sich seine Lippen nach außen und wurden dann wieder nach innen gesogen, wie bei einem bizarren Bellen, und seine Wangen zitterten zornerfüllt, als er sie erkannte. Seine schwarzen Augen folgten ihrem Weg an seiner Zelle vorbei voll von tiefsitzendem, stetigem Hass. Er sah aus wie ein Mann, der die Zivilisation nie kennengelernt hatte.
»Stopp«, sagte sie zu Tobin. Ihre Angst war blanker Wut gewichen. »Dreh mich zu ihm.«
Tobin tat wortlos wie ihm geheißen.
»Ich werde dir eine Höllenangst einjagen«, zischte sie. Ihre Stimme war zwar noch immer rauh, aber ihr Tonfall war hasserfüllt und eiskalt. Die Augen in dem fleischigen Gesicht schienen an ihr vorbeizuschauen und die Luft hinter ihrem Kopf zu fixieren. »Ich werde dir so weh tun, dass du mir alles sagen wirst, nur damit es aufhört. Und ich werde jeden Augenblick genießen.«
Für eine halbe Sekunde oder weniger trafen sich ihre Augen, dann ging sein Blick wieder ins Leere. Aber sie wusste, dass er sie gehört hatte. Sie hatte ihm etwas zum Nachdenken gegeben, und wenn sie zurückkam, würde er ihr nie wieder so kühl die Stirn bieten.
Gespräche
K ieran saß dem Terroristen auf einem Klappstuhl aus Metall gegenüber. Er ignorierte den Nachhall des Dröhnens in seinem Kopf, das seit dem Verlassen der Krankenstation in einen bohrenden Schmerz übergegangen war. Der Mann atmete lautstark durch haarige Nasenlöcher, seine kleinen Augen waren auf Kierans Brust gerichtet. Er weigerte sich zu reden. Das Waschbecken an der Rückwand der Zelle war undicht, und die herunterplatschenden Tropfen hallten dröhnend in Kierans Ohren wider.
»Wie lautet Ihre Mission?«, fragte er den Mann ein weiteres Mal, erntete aber nur dumpfes Schweigen.
Aus der Zeit seiner eigenen Gefangenschaft wusste Kieran, dass man nach einer langen Zeit des Alleinseins gewillt war, mit jedem zu reden, auch wenn man denjenigen eigentlich hasste. Vielleicht hatte er den Gefangenen nicht lange genug isoliert, die Einsamkeit hatte ihn noch nicht mürbe gemacht. Aber er konnte sich keinen weiteren Zeitverlust leisten. Möglicherweise hatte er Fallen oder Sprengsätze im Schiff plaziert. Er brauchte einen Zugang zu diesem Mann, und zwar schnell.
»Max Brent«, sagte Kieran und schwieg dann, um den Namen nachwirken zu lassen. »So hieß der Junge, den Sie vergiftet haben. Er war vierzehn Jahre alt. Macht es Ihnen Spaß, Kinder zu töten?«
Der Blick aus Schweinsaugen wanderte über Kierans Gesicht.
»Und Philip Grieg. Er war Waise und trug seinen Teddybären überall mit sich herum. Sie haben ihm so hart auf den Kopf geschlagen, dass er Gehirnblutungen bekam. Er wird nie wieder der Alte sein. Sind Sie stolz darauf?«
Das schien den Mann erreicht zu haben. Seine Augen wurden ein kleines bisschen weicher, dann sagte er traurig: »Ich habe erst gemerkt, wie jung er war, als er auf dem Boden lag.«
Er hatte gesprochen! Kieran durfte sich seine Aufregung nicht anmerken lassen und antwortete: »Sie haben außerdem versucht, zwei unserer Crewmitglieder zu erwürgen, beide fünfzehn Jahre alt.«
Bei diesen Worten legte sich ein Schatten über die Augen
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