Sternenfinsternis (German Edition)
weiterlief.
Sofort hielt sie inne und drehte sich zu ihm um.
»Was ist los? Wir müssen weiter!«, rief sie drängend.
»Ich habe Schmerzen, verdammt!«
Verstört wanderten seine Augen am eigenen Oberkörper hinab. Umgehend bemerkte Nokturijè, dass etwas nicht in Ordnung war und rannte die wenigen Meter zurück zu ihm, während Cameron die Jacke öffnete und sein CSA-Oberteil anhob.
»Eine deiner Wunden ist wieder aufgebrochen«, stellte die Mè fest, als sie seine blutüberströmte rechte Hüfte sah.
»Ich brauch ne Pause«, entgegnete er und lies sich auf seinen Hintern fallen.
»Hör zu. Du kannst dich für die Zeit ausruhen, in der ich deine Wunde versorge, aber danach müssen wir sofort weiter. Ich bin mir sicher, dass jenseits des vor uns liegenden Hügels die Mauern von Vegkri zu sehen sein werden.«
»Meinst du etwa den Hügel, der aussieht wie all die anderen tausend Hügel, die wir bereits passiert haben? Bist du dir überhaupt sicher, dass du weißt, wo du hingehst? Ich meine, hier gleicht doch ein Eiswall dem anderen – ich bin müde, okay und kann nicht mehr. Wir haben noch keine einzige Pause eingelegt, seit wir aufgebrochen sind. Ich kann sowieso nicht verstehen, warum du mir überhaupt in diese Eishölle gefolgt bist? Warum hast du das gemacht? Hättest du mich nicht einfach hier draußen sterben lassen können? Kannst du mir das verraten? Dann müsste ich jetzt nicht diese beschissenen Schmerzen ertragen!«, fuhr er sie zornig an, während alle Hoffnung in ihm schwand, jemals wieder diesen unwirklichen Ort verlassen zu können.
»Weil ...«
Nokturijè stoppte ihre übereilte Aussage, bei der sie sich beinahe von ihren Emotionen hätte hinreißen lassen.
Erwartungsvoll sah Cameron sie an.
»Weil ich dich nicht sterben lassen wollte!«, entgegnete sie entschlossen. »Und entweder hätte dich die Kälte über kurz oder lang getötet oder du wärst an einem qualvollen Hitzetod verendet.«
»Hitzetod? Wovon redest du da?«, reagierte er perplex.
»Jaro hatte, bevor ich Vegkri verließ, um dich zu suchen, über den Kommunikator den Verdacht erwogen, dass die Gol-Sonne schon bald, das selbe Schicksal ereilen wird, wie all die anderen verendeten Sonnen zuvor. Ich hatte das schon beinahe wieder vergessen, bis zu jenem Zeitpunkt, als ich bemerkte, dass es zunehmend wärmer wird – der Grund dafür ist die Sonne, die im Kampf um ihre letzten Ressourcen mehr und mehr anschwillt und dabei zunehmend mehr Hitze abgibt. Alles in ihrem unmittelbaren Umfeld wird davon betroffen sein. Was für gewöhnlich Jahrmillionen dauert, wird sich hier in nur wenigen Stunden, mit viel Glück, in Tagen abspielen – letzten Endes wird Gol von der Sonne verschlungen werden, doch bereits lange davor wird auf diesem Planeten nichts mehr existieren. Das Eis wird schmelzen und letztlich verdampfen, und wir, wir werden bei lebendigem Leibe verbrennen.«
Cameron wandte seinen Blick zur Sonne empor.
»Du hast recht, die Sonne scheint tatsächlich an Größe zugenommen zu haben«, entgegnete er ein wenig scherzend.
»Das ist kein Witz gewesen. Sieh dich um! Warum denkst du, dass das Eis schmilzt, das bereits tausende Jahre existierte und den kompletten Planeten zu einem lebensfeindlichen Ödland machte?«
Der Colonel sah sich um und in der Tat war es so, dass sich überall kleine und auch größere Pfützen gebildet hatten. Erneut sah er zur Sonne hinauf, als ob er sich abermals ein Bild von ihr machen wollte, bevor er überrascht die Mè anblickte.
»Schaffen wir es noch rechtzeitig? Ich meine, von diesem Planeten runterzukommen.«
»Wenn wir uns ranhalten ...«
Nokturijè wurde von einem lauten krachend-splitternden Geräusch unterbrochen, dessen Ursprung nicht weit entfernt von ihnen zu sein schien.
Cameron konnte sich vorstellen, was dieses Geräusch verursachte. Es war das Eis, welches aufgrund der viel höheren Hitzeeinwirkung langsam auseinanderbrach.
»... doch ich mag mich auch irren«, sprach sie schockiert und sich unsicher umblickend weiter.
Die Mè kramte aus ihrer Jackentasche das restliche Verbandszeug und verarztete die aufgebrochene Wunde abermals provisorisch. Dann marschierten die beiden, ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren, los. Diesmal, angespornt von dem Wissen, was ihnen widerfahren könnte, zog Cameron mit der Turijain gleich.
Nokturijè hatte unrecht mit der Vermutung, dass hinter der Erhöhung Vegkri zu sehen sein würde und ebenso wenig hinter den Folgenden.
Inzwischen
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