Sternenfinsternis (German Edition)
auf und wollte es sich nicht nehmen lassen, dieses aus der Nähe anzusehen. Die Pranken des Tieres waren so groß wie Autoreifen und der Körper war annähernd so massig, wie der gelbe Schulbus, mit dem er jeden Morgen zur Junior-High gefahren wurde. Er musste unbedingt einen Blick auf die Schnauze des Monstrums werfen, um es vielleicht mit einem auf der Erde beheimateten Tier vergleichen zu können. So lief er um den pelzigen Berg herum, als auf einmal ein bedrohliches Krachen unter ihm erklang. Vollkommen starr vor Schreck, hielt der Colonel in seiner Bewegung inne, dem Wesen in die gewaltige, obskure Fratze blickend, als der Boden unter ihm plötzlich ruckartig absackte.
Gewaltsam riss es den durchtrainierten Colonel von den Beinen, als die Höllenfahrt nach kurzer Zeit abrupt wieder zum Stillstand kam.
»Cameron? Ist alles in Ordnung?«, vernahm er von oben die Stimme von Nokturijè, während er sich wieder aufrappelte.
Geschockt sah er empor und musste feststellen, dass der gesamte Bereich um ihn und dieses prähistorisch-große Wesen gute drei Meter in die Tiefe gerauscht war.
»Davon abgesehen, dass ich hier unten absolut in der Scheiße sitze, gut!«, antwortete er ein wenig zynisch.
Nokturijè musste lachen. Sie fand den Anblick und Camerons Gesichtsausdruck einfach zu komisch. Vermutlich wäre er jedem anderen in dieser Situation böse gewesen, doch aufgrund der Tatsache, dass er die Mè zum ersten Mal richtig Lachen und nicht nur Grinsen sah, konnte sie ihm damit auch ein Lächeln abgewinnen.
»Okay und wie komme ich jetzt hier wieder raus?«, fragte er, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte.
»Wie hoch kannst du springen?«, fragte sie, was er zuerst für einen Witz hielt und nur mit einer Grimasse kommentierte.
Doch ihr wieder ernsthafter Gesichtsausdruck ließ ihn schnell zu der Erkenntnis kommen, dass sie diese Frage wirklich ernst meinte.
»Bis an die Kante müsste ich schon kommen, doch ich bezweifle, dass ich mich daran festhalten kann. Wahrscheinlich würde ich mir dabei die Hände aufschneiden.«
»Dann werde ich dich festhalten und wir schaffen dich gemeinsam heraus. Ich sehe jedenfalls keine andere Möglichkeit, denn ein Seil haben wir leider nicht. Das Einzige, was ich dir anbieten könnte, wäre Gedärme aneinander zu knoten«, sagte sie mit einem süffisanten Grinsen.
Sein angewiderter Gesichtsausdruck bedurfte keiner weiteren Worte.
Würde er sie inzwischen nicht schon so gut kennen, hätte er vermutlich Zweifel, dass sie die nötige Kraft aufbringen könnte, den Großteil seines Körpergewichtes zu tragen. Doch er wusste, wie stark sie war, und wagte es daher nicht, ihr in irgendeiner Weise zu widersprechen.
Nokturijè hatte sich flach auf den Boden gelegt und streckte ihre Hand so weit in die Eisgrube hinunter, wie sie konnte, während Cameron einige Schritte zurückging, bis er an den leblosen Körper der Bestie stieß. Er hielt einen Moment inne und fixierte sein Ziel. Schnellen Fußes steuerte er auf die Wand zu, machte einen gewaltigen Satz und packte ihren Unterarm. Nokturijè griff im Gegenzug nach seinem und begann sofort damit, ihn nach oben zu ziehen, um seinen Schwung noch auszunutzen.
Sie schaffte es tatsächlich, den um einiges schwereren Colonel soweit nach oben zu wuchten, dass er seine Arme auf den eisigen, nasskalten Grund auflegen konnte, um in dieser Position für einen Moment zu verharren, damit er neue Kraft schöpfen konnte.
Doch dies war nicht der einzige Grund.
Stolz grinsten sie sich gegenseitig an, bis ihnen auffiel, dass sie sich noch nie zuvor so nahe waren. Ihre Gesichter hatten noch nicht einmal eine Handbreite Abstand voneinander. Cameron blickte ihr in die Augen und Nokturijè ihm. Für einen Augenblick vergaßen sie alles um sich herum, während sich ihre Lippen immer näherkamen. Der Colonel konnte bereits ihren warmen Atem spüren, als vollkommen unvermittelt ein bedrohliches Knurren ertönte.
Unverzüglich hob Nokturijè ihren Kopf und blickte über des Colonels Haupt hinweg. Ihre Augen waren weit aufgerissen, als ob sie einem Geist ins Angesicht blickte. Ein prähistorisch klingendes Kreischen folgte, was die Mè augenblicklich auf die Beine zwang.
»Bring dich sofort in Sicherheit! Lauf den Pfad zurück!«, sagte sie und rannte weg.
Auf einmal landete direkt vor seinen Augen eines der Eismonster und jagte, ohne auch nur einen Gedanken an Cameron zu verschwenden, Nokturijè hinterher. Sie wusste, dass dieses Tier seinem Jagdinstinkt
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