Sternenfinsternis (German Edition)
noch das magere Maulwurffleisch gegessen hatten.
»Du bist gerade zum richtigen Zeitpunkt wieder erwacht«, sprach ihn Nokturijè an, der es nicht entging, dass Cameron wieder bei Besinnung war.
»Was war das für ein Gerät?«, fragte er und berührte mit seinem Finger die kläglichen Überbleibsel.
»Das war unsere Fahrkarte nach Hause«, entgegnete sie bedrückt.
Nokturijè lief zu der Rückentasche, die unweit der Feuerstelle auf dem Boden lag und nahm die wenigen noch brauchbaren Gegenstände heraus.
»Die Situation hat sich aufgrund des zu Bruch gegangenen Peilsenders für uns verändert. Ich habe versucht, ihn notdürftig zu reparieren, doch ohne Erfolg. Da es Kri‘Warth nun nicht mehr möglich ist, uns über diesen zu orten, bleibt uns nichts anderes übrig, als den Fußmarsch nach Vegkri auf uns zu nehmen. Und dafür sollten wir sofort aufbrechen«, sagte sie, ohne sich ihm zuzuwenden.
»Wie stellst du dir das vor? Falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, ich hatte einen Anfall. Jeder einzelne Muskel schmerzt, als hätte ich drei Tage lang Nonstop-Krafttraining betrieben. Ich fühle mich noch nicht einmal dazu in der Lage, auch nur eine Stunde durch diese verfluchte Eiswüste zu spazieren«, sagte er zänkisch.
Nokturijè zog sich ihre Jacke an, verstaute den Detektor und das restliche Verbandsmaterial in den Taschen, und schritt mit ernster Mine auf Cameron zu.
»Ich vermute, dass infolge des Anfalls dein Erinnerungsvermögen stark beeinträchtigt wurde. Du selbst sagtest, dass die Schübe immer stärker und schmerzhafter werden und ich denke, je länger wir warten, desto schlimmer werden sie für dich. Jeder weitere Kollaps wird deinen Körper immer mehr schwächen. Ich bin kein Neurologe, wie man auf eurem Planeten die Fachärzte nennt, doch ich vermute, dass die Naniten dein Zerebrum substanziell schädigen, und sollten wir sie nicht schnellstmöglich entfernen oder re-programmieren, wird es nichts mehr geben, worum du dir Sorgen machen müsstest«, entgegnete sie todernst und pausierte einen Atemzug lang.
»Hätte ich geahnt, wie ernst es um dich steht, hätte ich sogar die Dunkelheit und den Sturm letzte Nacht in Kauf genommen. Sollten wir nicht sofort aufbrechen, könnte der nächste Anfall dein letzter sein.«
Für Cameron war es ungewöhnlich, dass sich jemand um ihn sorgte. Nachdem er von zu Hause weggegangen war, gab es niemanden, der auf ihn achtgab. Sarah war auch nie ein Mensch, der großes Mitleid zeigte.
Er konnte sich noch gut daran erinnern, als ihn ein schlimmer grippaler Infekt eine Woche ans Bett fesselte. Sie kümmerte sich zwar um ihn, doch geschah das Ganze sehr widerwillig und äußerst lieblos. Cameron machte sich damals fortwährend Gedanken und glaubte ihr Verhalten rührte daher, weil er ihr zur Last fiel und nicht der starke, resistente Mann war, den sie in ihm gerne gesehen hätte – doch in Wahrheit hatte sie ihn nur nicht schnell genug wieder loswerden können, um ihre Hausmütterchen-Maskerade abzulegen und sich mit anderen Frauen zu vergnügen.
Nun, zum ersten Mal in seinem Leben, war da jemand, der sich wahrhaft Sorgen um ihn machte und ihn aufgrund der Gegebenheit nicht als Schwächling sah. Ein eigenartiges und zugleich auch gutes Gefühl.
Cameron fragte sich langsam, ob Nokturijè inzwischen mehr für ihn empfand als bloße Kameradschaft. Von der Frage der sexuellen Kompatibilität einmal ganz abgesehen, bezweifelte er allerdings, dass diese Liebe eine Zukunft haben könne. Nicht nur, dass sie in vollkommen unterschiedlichen Welten aufwuchsen, sie waren sich einfach zu unähnlich – in jeder Hinsicht.
Die Landefähre der Ta´iyr befand sich im Anflug auf Gol, als Kri‘Warth feststellen musste, dass er nicht, wie erhofft, das Signal von Nokturijès Peilsender empfing – dafür jedoch ein anderes. Es war ein digitales Leuchtfeuer, welches das Ortungssystem der Fähre geradezu aufleuchten ließ und dieses Signal schien geradewegs aus Vegkri zu stammen.
»Könnte es sich hierbei um einen Notruf handeln?«, fragte Jaro den Hünen.
»Keine Ahnung. Sowas habe ich noch nie gesehen«, gab Kri‘Warth offenkundig zu.
»Fliege direkt nach Vegkri und lass uns herausfinden, was es ist. Lande jedoch in den Bergen außerhalb der Stadt. Wir sollten keine unnötigen Gefahren eingehen.«
Der Golar durchflog die Schluchten des Veg’Kras-Gebirges, das sich unmittelbar hinter der Kraterstadt befand, um unentdeckt zu bleiben. Zwar eignete sich dieses
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