Sternenfinsternis (German Edition)
sagen, als die Mè sich ihren Finger auf die Lippen legte und angespannt lauschte.
»Was ist denn?«, fragte Lucas sie flüsternd.
Nokturijè jedoch winkte nur ab und schlich katzengleich um einige der Tische herum. Lucas beobachtete dies schweigend, als sie sich plötzlich blitzartig niederbeugte und etwas griff. Ehe er sehen konnte, um was es sich dabei handelte, vernahm er eine panisch-verängstigte Stimme.
»Nein bitte. Töten sie mich nicht – BITTE! Ich werde auch keinem etwas verraten.«
Die Mè zog einen jungen Mann, nicht viel älter als Lucas, am Kragen seines Laborkittels auf die Beine.
»Bitte! Bitte! Tun sie mir nicht weh!«, wiederholte er immer wieder flehend.
»Wer bist du und was tust du hier?«, fragte ihn Nokturijè harsch, doch dieser gab ihr keine Antwort, stattdessen wurde sein Flehen noch verzweifelter und jammernder.
»Hey. Hey, beruhige dich«, sprach Lucas, der sich inzwischen zu den beiden gesellt hatte, in gedämpfter Stimme zu ihm.
Erst jetzt bemerkte der junge Mann seine Anwesenheit, was tatsächlich eine besänftigende Wirkung auf ihn zu haben schien.
»Wer bist du und was tust du hier?«, wiederholte Lucas, die von der Mè zuvor gestellte Frage noch einmal.
»Mein Name ist Harry und ich bin hier Praktikant. Bitte sag dem Wesen, dass sie mir nichts tun soll. Ich möchte nicht sterben. Ich werde alles tun, was sie von mir verlangt – nur bitte, sage ihr, dass sie mein Leben verschonen soll«, beschwor er ihn angstzitternd.
Lucas nickte der Mè zu, woraufhin sie nur zögerlich von dem jungen Menschen abließ. Irgendetwas sagte ihr, dass sie Harry nicht trauen konnten, dennoch tat sie, worum Lucas sie wortlos gebeten hatte.
»Das ist Nokturijè und sie wird dir sicherlich nichts tun, ebenso wenig ich«, versicherte er ihm. »Verrate uns, was hier geschehen ist. Wo sind all die Menschen, die hier arbeiteten?«
»Sie haben alle weggeholt, einfach von ihren Stühlen gerissen und hinausgezogen. Ich konnte nichts tun – ich habe mich einfach nur versteckt. Ich konnte ihnen nicht helfen. Diejenigen, die sich zu widersetzen versuchten, haben sie einfach kaltblütig niedergemetzelt. Nachdem sie weg waren, habe ich die Tür verriegelt und die Stromzufuhr gekappt. Es waren schreckliche schwarze Kreaturen – und ihre Stimmen waren grauenerregend – bösartiger, als in den furchtbarsten Horrorfilmen, die ich je gesehen habe«, erzählte Harry unter Tränen.
Die Worte Harrys hallten in Lucas Kopf wider wie der Glockenschlag der Erkenntnis. Er befürchtete das Schlimmste, dennoch musste er ihn fragen – die Unwissenheit plagte ihn, auch wenn er sich vor der Gewissheit fürchtete.
»Was ist mit meinem Vater, Prof. Dr. Nathan Scott? War er auch hier? Wurde er ebenfalls von diesen Bestien verschleppt? Sag schon!«, sprach er mit Verzweiflung in seiner Stimme und packte Harry dabei hart an den Schultern.
»Ich habe keine Ahnung, ob sie Prof. Scott auch mitgenommen haben. Es ging alles so schnell. Aber es ist durchaus möglich. Er verließ nur selten dieses Labor. Ich hatte manchmal den Eindruck, dass er hier wohnte. Egal wie früh ich kam oder wie spät ich ging – er war ständig hier.«
»Okay. Vermutungen nützen mir im Moment allerdings nicht viel. Ich muss wissen, ob mein Vater von denen mitgenommen wurde oder nicht.«
Harry sah sich um und betrachtete eine der reichlich vorhandenen Überwachungskameras.
»Diese Kameras ...«, sagte er und deutete auf eine, die sich unmittelbar in ihrer Nähe an der Decke befand. »... die dürften eigentlich alles aufgezeichnet haben, da erst später der Generator ausfiel. In der Sicherheitsschulung, die alle Praktikanten durchlaufen mussten, wurden wir auch in der Gebäudetechnik unterwiesen. Damals fand ich das alles stinklangweilig und dachte, so was muss doch kein Arsch wissen ... wie man sich doch täuschen kann. Jedenfalls erinnere ich mich, dass der Notstromgenerator, der im Keller ist, mit der ihm zur Verfügung stehenden Energie haushaltet. Je knapper der Strom wird, desto mehr Ebenen werden davon nach und nach abgekappt. Die unteren Stockwerke müssten demnach noch am Netz hängen – wie auch der Hauptrechner, der sich wie der Generator ebenfalls im Untergeschoss befindet. Wenn ich es also schaffen könnte, meinen Computer vorübergehend an das Notstromnetz zu bringen, müsste ich auf die Überwachungsvideos zugreifen können.«
»Ja? Wirklich?«, entgegnete Lucas freudig.
»Ich bin mir nicht sicher. Aber das wäre rein
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