Sternenflut
alle zum Atmen hin- und herpendeln und vielleicht jemand zu Schaden kommt.«
Tsh’t zog eine Grimasse, aber sie gab den Befehl weiter. Die Gruppe bestand aus lauter disziplinierten Fen – den besten der Streaker-Besatzung –, und so bot der Ruf zum Schlitten lediglich Anlaß für leises Grummeln und empörtes Blubbern, als die Delphine die Luftschläuche um den Leib gewickelt bekamen. Tom hatte von stromlinienförmigen Atmer-Prototypen gehört, mit denen die Fins atmen konnten, ohne daß ihr Sprechmund verschlossen wurde. Wenn er je Zeit dazu fände, würde er selber solche Geräte zu entwickeln versuchen. Trinär zu sprechen fiel ihm nicht sonderlich schwer, aber er wußte aus Erfahrung, daß die Fen Probleme haben würden, technische Informationen in einer anderen Sprache als Anglisch darzustellen.
Der alte Hannes knurrte schon jetzt. Mit schlecht verhohlenem Widerwillen teilte er die Atmer aus. Selbstverständlich beherrschte auch der Chefmaschinist Trinär, aber er empfand die dreischichtige Logik als schwierig. Zu allem Überfluß war er ein lausiger Dichter. Der Gedanke, technische Angelegenheiten in gepfiffenen Verschen zu diskutieren, erfüllte ihn offensichtlich nicht mit Vorfreude.
Als nächstes wurde allen erläutert, was sie zu tun hätten. Mehrere der ausgewählten Offiziere und Mannschaftsdienstgrade, die sie bei dem Rettungseinsatz begleitet hatten, waren mit Toshio, Hikahi und den übrigen Opfern der Schockwellen zum Schiff zurückgekehrt. Nur wenige Fen waren noch bei der Gruppe geblieben. Wenn sich etwas Gefährliches ereignen sollte, würden sie allein damit fertig werden müssen. Hilfe von der Streaker würde nicht rechtzeitig bei ihnen eintreffen. Es wäre gut gewesen, Gillian bei sich zu haben, sinnierte Tom. Die Inspektion von Alienkreuzern war zwar nicht ihr Fachgebiet, aber mit Fins kannte sie sich aus, und sie verlor nicht gleich den Kopf, wenn es einmal brenzlig wurde. Aber sie hatte ihre eigene Arbeit an Bord der Streaker: Sie mußte versuchen, das Rätsel einer Milliarden Jahre alten Mumie zu lösen, die strenggenommen überhaupt nicht hätte existieren dürfen. Und im Notfall war sie – mit der möglichen Ausnahme von Creideiki selbst – die einzige Person an Bord der Streaker, die von der Niss-Maschine wußte und ahnte, was diese potentiell zu leisten vermochte, wenn sie Zugang zu den richtigen Daten erhielt.
Tom lächelte, als er merkte, daß er wieder dabei war, rationale Begründungen zu finden.
Okay, es gibt also gute und logische Gründe dafür, daß wir zwei jetzt nicht zusammen sein können. Nimm es hin. Tu deine Arbeit hier, tu sie gut, und in ein paar Tagen kannst du vielleicht schon wieder bei ihr sein.
Seit sie einander als Heranwachsende begegnet waren, hatte nie ein Zweifel daran bestanden, daß sie ein Paar sein würden. Er fragte sich manchmal, ob ihr Planer, als sie die Keimzellen von ausgesuchten Ehepaaren auswählten, im voraus gewußt hatten, daß zwei der heranwachsenden Zygoten später so vollkommen zusammenpassen würden – bis hin zur einfachen Telempathie, die sie manchmal miteinander verband. Wahrscheinlich war es ein glücklicher Zufall. Humangenetische Planung war durch Sitte und Gesetz strengen Beschränkungen unterworfen. Aber, Zufall oder nicht, Tom war dankbar. Bei seinen Missionen im Auftrage des Rates der Terragenen hatte er die Gefährlichkeit und die desillusionierende Natur des Universums kennengelernt. Viel zu wenig Sophonten bekamen genug Liebe, selbst wenn sie dafür ausgerüstet waren.
Als die Atmer verteilt waren, benutzte Tom den Lautsprecher des Schlittens, um seine Stimme zu verstärken. »Denkt bitte alle daran: Zwar basieren alle galaktischen Technologien auf der Bibliothek, aber diese Sammlung von Weisheit ist so gewaltig, daß beinahe jeder Typ von Maschine in diesem Schiff stecken kann. Behandelt alles so, als sei eine Bombe darin versteckt, bis ihr es identifiziert und unschädlich gemacht habt. Die wichtigste Aufgabe für Team eins, gleich nach der Stillegung des Wracks, ist es, die Kampfcomputer ausfindig zu machen. Vielleicht findet sich dort eine Aufzeichnung der ersten Stadien dieser Schlacht da oben. Eine solche Information könnte für den Captain von unschätzbarem Wert sein. Außerdem soll jeder von euch Ausschau nach dem Bibliotheks-Emblem halten. Falls ihr das Symbol irgendwo entdeckt, merkt euch bitte die Stelle und setzt mich davon in Kenntnis. Ich würde gern sehen, welche Art von Mikro-Bibliothek dort an Bord
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