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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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Christy selbst näher kam, flog der Flitzer über Schluchten und Kämme hinweg. Hier sah es aus, als wäre das Land mit einem riesigen Hammer zertrümmert worden.
    Wie sich herausstellte, bezog sich »Christy«, ein sehr archaischer Name, auf den »Sub-Charon-Punkt« auf dem Pluto, wie der Pilot es nannte. Dieses Stück Boden war einzigartig im Sol-System. Wie der Erdmond stand Charon in gebundener Rotation mit seinem Mutterplaneten und kehrte dem Pluto auf seiner Umlaufbahn stets dieselbe Seite zu. Aber im Gegensatz zur Erde war der Pluto auch an seihen Zwilling gebunden. Alle sechs Tage drehten sich diese Welten umeinander, wobei sie sich immer dieselbe Seite zukehrten. Im Reich der Sonne war Pluto-Charon das einzige signifikante System, in dem beide Partner in gebundener Rotation standen; sie tanzten miteinander wie ein Liebespaar.
    Und darum hing dieser Ort, Christy, für immer direkt unter der drohend über ihm aufragenden Masse des riesigen Mondes, und die schwachen geologischen Energien dieser kleinen Welten konzentrierten sich hier.
    Der »Raumhafen« war eine Ansammlung lichtdurchlässiger Kuppeln. Es gab nicht einmal einen fertigen Landeplatz, sondern nur Gruben im Eis, hinterlassen von den Bäuchen durchreisender Schiffe. Als die Korvette zu Boden sank, knirschte das Eis leise. Gleich darauf schlängelte sich ein Verbindungstunnel aus einer der Kuppeln und drängte sich an die Hülle der Korvette.
    Sie gelangten in eine völlig transparente Kuppel. Durch die abgewetzte Hülle sahen sie Charon, der direkt über ihnen hing.
    Draq war persönlich zugegen. So aufgeregt wie zuvor, eilte er grinsend auf Nilis und Pirius zu, als sie näher kamen. Acht weitere Personen standen hinter ihm. Einige Glattgesichtigere mochten weiblich sein, doch für Pirius sahen sie alle gleich aus, pausbäckig und schmerbäuchig.
    Draqs Amtstracht war eindeutig alt und mehrfach geflickt, und er roch muffig. »Noch einmal willkommen, willkommen. Wir freuen uns sehr über euren Besuch und sind bereit, euch auf jede erdenkliche Weise zu helfen…« Während der kleine Mann weiterplapperte, fragte sich Pirius, wie viel davon wahr sein mochte. Draq war bestimmt besorgt, weil seine geheime Forschungsanlage überhaupt bemerkt worden war. Seine Kolleginnen und Kollegen sammelten sich um den Kommissar wie Kinder um einen Kaderführer. Sie erinnerten Pirius an die winzige, isolierte Gemeinschaft auf Port Sol: Diese Figuren waren nicht so weit von der Sonne entfernt, kamen ihm aber noch merkwürdiger vor.
    Sie schenkten Pirius jedoch keinerlei Beachtung. Er ging zur durchsichtigen Wand der Kuppel und schaute auf den Pluto hinaus.
    Wolken hingen über ihm, hauchfeine Federwolken, die knochenweiße Sterne verdeckten: Nilis’ Instruktionsmaterial zufolge waren es in der Stickstoff-Methan-Atmosphäre schwebende Aerosolansammlungen. Die Landschaft war überraschend abwechslungsreich, eine vom Sternenlicht erhellte Skulptur aus schmalen Graten und engen Schluchten – obwohl sie abseits von Christy vielleicht nicht so interessant sein würde. Sol war ein Lichtpunkt tief unten am Horizont, in die komplexe Wolkenschicht gehüllt. Das innere System war eine Lichtpfütze um Sol herum, eine schräge Scheibe, so klein, dass Pirius sie mit seiner offenen Hand abdecken konnte. Es war ein seltsamer Gedanke, dass die gesamte Geschichte der Menschheit in diesem wenig attraktiven Klecks abgelaufen war, bevor die ersten Pioniere ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten, indem sie sich zum Rand des Sonnensystems und noch weiter hinaus wagten.
    Charon hing direkt über Pirius’ Kopf. Er war eine dunstige blaue Scheibe, sechsmal so groß wie Luna, von der Erde aus betrachtet. Pirius’ Ausbildung hatte ihn auf solche Schauspiele vorbereitet, aber er schreckte doch vor dem Anblick einer Welt zurück, die wie eine Lichtkugel über ihm hing. Charons Oberfläche sah zernarbt aus. Zweifellos gab es selbst hier an diesem nebligen, weitläufigen Ort haufenweise Einschlagskrater, aber viele der Furchen, die er schon mit bloßem Auge erkennen konnte, waren tief und sehr regelmäßig.
    »Das sind Eisbrüche.«
    Er drehte sich um. Jemand aus Draqs schnatterndem Gefolge war neben ihn getreten. Offensichtlich eine Frau: Stirn und Wangenknochen ihres zum Licht Charons gehobenen Gesichts wirkten irgendwie feiner gezeichnet.
    »Eisbrüche?«
    »Mein Name ist Mara. Ich arbeite mit Draq zusammen.« Sie lächelte ihn an und schaute dann weg. Sie wirkte ziemlich eingeschüchtert, und

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