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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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rasantem Tempo über das Projekt, das er draußen im einsamen Orbit von Sol entwickelte – zum Teil mit Unterstützung von Pirius’ jüngerem Ich, seinem Überlichtzwilling Pirius Rot. Pirius Blau hatte noch nichts davon gehört und war fasziniert von den Dimensionen und den ehrgeizigen Zielen des Projekts Hauptradiant.
    »Aber wenn wir einen erfolgreichen Angriff durchführen wollen, müssen wir mehr über Chandra erfahren«, sagte Nilis. »Selbst nach dreitausend Jahren Krieg hier im Herzen der Galaxis wissen wir noch immer erschreckend wenig.«
    Und da komme Pirius Blau ins Spiel, fuhr er fort.
    »Sie möchten, dass ich die Mission durchführe.«
    »Dass du ihren Umfang festlegst, die Ziele umreißt, eine Crew zusammenstellst… Ja! Du wirst den Befehl haben, Pirius Blau. Es wird ein historischer Flug sein.«
    »Historisch? Selbstmörderisch.«
    »Selbstmörderisch?«, wiederholte Nilis ernst. »Nicht unbedingt. Es gibt viele Mythen über diesen Krieg, Pirius Blau. Wir haben uns an erstarrte Denkmuster und Kampftechniken gewöhnt. Nach dreitausend Jahren der Stagnation haben wir uns eingeredet, es sei tollkühn, ja geradezu selbstmörderisch, wie du sagst, den Krieg zu den Xeelee zu tragen. Aber wir reden hier nur von einer Aufklärungsmission! Und woher willst du wissen, dass sie selbstmörderisch wäre? Weißt du, wie lange es her ist, dass man eine derartige Mission ins Auge gefasst hat? Ich habe überall gesucht, und ich finde nicht eine einzige – sehr lange, wirklich! –, obwohl die Informationen von solch offenkundigem Wert sind. Aber jedermann weiß, dass es unmöglich ist. Und wie ich langsam – wenn auch nur widerwillig – erkenne, gibt es natürlich viele Leute in hohen Positionen, die ein persönliches Interesse daran haben, dass der Krieg kein Ende nimmt…«
    »Sir?«
    »Egal. Als Kommandeur hättest du jedenfalls die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Besatzungen die Mission überleben können, nicht wahr?«
    Pirius war äußerst skeptisch. Alles, was Nilis sagte, klang vernünftig – und aufregend. Aber es stand auch im Widerspruch zu seiner Ausbildung, zu all den Überzeugungen, die man ihm von Kindesbeinen an eingetrichtert hatte.
    »Hör zu«, sagte Nilis ein wenig verärgert, »ich würde dir nicht befehlen, es zu tun. Ja, es gibt offensichtliche Gefahren; ja, ihr werdet vielleicht nicht überleben – und ja, ich bitte dich, mir zu vertrauen, einem fetten alten Narren von der Erde. Aber die Mission ist unbedingt notwendig. Wir müssen mehr erfahren.« Er musterte Pirius’ Gesicht mit einer Art wehmütiger Sehnsucht. »Ach, Pirius, das ist solch eine seltsame Begegnung. Ich habe das Gefühl, dich so gut zu kennen! Schau dich nur an, wie du den Kopf hältst, wenn du mir zuhörst, deine Ernsthaftigkeit, deine Konzentration auf deine Pflicht, selbst die Art, wie das Licht in deinen Augen spielt. Du bist mir so vertraut. Und doch ist es Pirius Rot, den ich kennen gelernt habe, und du kennst mich überhaupt nicht, abgesehen von deiner kurzen Begegnung mit einem ausgemachten alten Narren bei deinem Prozess! Es ist so seltsam, so seltsam. Manchmal denke ich, dass wir unsere Menschlichkeit überstrapazieren, indem wir schneller als das Licht durch die ganze Galaxis fliegen.«
    Pirius entdeckte auf einmal ein neues Element in seiner Beziehung zu dem Kommissar – oder zumindest in der seines Überlichtzwillings. Dieser alte Mann mochte ihn, dachte er mit einem an Übelkeit grenzenden Entsetzen. Sein unwillkommener Zwilling, Pirius Rot, hatte diesem lächerlichen alten Mann erlaubt, eine gefühlsmäßige Bindung zu ihm einzugehen. Sicherlich war es nichts Sexuelles. Aber er wusste, dass Nilis eine »familiäre Vorgeschichte« hatte. Vielleicht waren es die Gefühle eines Vaters zu seinem Sohn, die eines Onkels zu seinem Neffen oder eine ähnlich ungesunde atavistische Verbindung. Welch ein Schlamassel, dachte er.
    Nilis’ virtuelle Gestalt war von höchster Qualität, im Fachjargon: ein Avatar.
    Die Aufgabe des Avatars bestand darin, dieses Kapitel von Nilis’ Leben im Auftrag des Originals so vollständig wie möglich auszuleben. Der Avatar war eine Kopie des echten Nilis, genauso intelligent wie dieser, ausgestattet mit identischen Erinnerungen bis zum Moment seiner Entstehung. Hier in der Quin-Basis konnte der virtuelle Nilis natürlich nichts berühren; die Data-Desks auf dem Tisch waren genauso ein Schwindel wie er selbst. Doch so lange er hier war, würde er sich um der

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