Sternenkinder
einfallendem Gas und Staub. Und wie alles andere im Hohlraum war auch das Baby auf den Hauptradianten ausgerichtet: auf Chandra, das völlig unbewegliche, supermassive schwarze Loch, den Dreh- und Angelpunkt, um den die gewaltige Maschinerie der inneren Galaxis kreiste.
»Es gibt jede Menge Zugangswege«, sagte Cohl. »Man könnte zum Beispiel einem von Babys Armen folgen. Trotzdem brauchte man irgendeine Tarnung.«
»Tarnung?«
»Andere Schiffe. Oder sogar Steinbrocken.« Sie warf ihm einen raschen Blick zu. »Nicht jeder wird durchkommen; man müsste genug Begleiter mitnehmen, um sicherzustellen, dass einer es schafft. Es ist eine statistische Frage, Pirius.« Sie rieb sich das Kinn. »Die Navigation wäre natürlich knifflig. Man müsste sich seinen Weg durch die ganze Astrophysik suchen und eine kleine Flotte zusammenhalten…«
Er merkte, dass sie sich in den technischen Details der Planung einer derart ehrgeizigen Mission verlor. Aber derartige Fragen standen für ihn noch nicht im Vordergrund.
Nach einer Weile bemerkte sie sein Schweigen. »Du bist nicht glücklich darüber, was?«
»Sollte ich?«
»Es wird ohnehin keine Rolle spielen, weißt du. Für sie. Was immer wir tun.«
»Für wen?«
»Für die Toten.«
Pirius sah sie an. »Ich dachte, ich wäre der Einzige, der sich mit solchen Gedanken herumschlägt.«
»Du solltest mehr drüber reden. Du wirst einfach deine eigene Entscheidung treffen müssen, was die Mission angeht, Pirius. Aber ich werde dir folgen, was immer du beschließt.«
Er war gerührt. »Danke.«
Sie zuckte die Achseln. »Wofür? Ohne dich hätten die Xeelee mich schon gebraten – zweimal. Und wegen der Schuldgefühle solltest du vielleicht mal mit Diese Bürde Wird Vergehen reden. Er hat immer jede Menge philosophischen Kokolores drauf, falls es das ist, was du brauchst.«
Das brachte ihn zum Lachen, aber es schien eine gute Idee zu sein. Doch als er Bürde suchen ging, war Nilis ihm schon zuvorgekommen.
Der virtuelle Nilis, der widerwillig den offiziellen Zweck seines Besuchs hier auf Quin erfüllte, befragte Bürde in seinem kleinen Büro.
Pirius war nicht der einzige Besucher. Vielleicht ein Dutzend Kadetten und Soldaten hatten sich draußen vor den Trennwänden des Büros versammelt. Sie saßen auf Kojen und Kisten oder einfach auf dem Boden und starrten mit nicht nachlassender Sehnsucht in den Raum.
Nilis wirkte erleichtert, als er die Tür von innen schließen konnte. »Sie kommen schichtweise«, flüsterte er schockiert.
»Tja, das ist ihre militärische Ausbildung«, erwiderte Bürde trocken. Er saß unbefangen auf einem der kleinen, geraden Stühle des Büros. Im Gegensatz zu dem Kommissar wirkte er ziemlich entspannt.
»Ich weiß nicht, was sie wollen«, sagte Nilis leise.
Pirius grunzte. »Das ist doch offensichtlich. Sie sind hier, weil sie glauben, dass Sie Bürde mitnehmen werden.«
Nilis, der unbeholfen im Raum herumwuselte, fuchtelte mit den Händen. »Ich bin hier, um etwas zu analysieren, nicht um Urteile zu sprechen. Selbst Kommissare sind pragmatisch, nicht wahr; wenn dieser Pseudo-Glaube den jungen Leuten da draußen hilft, weiterhin ihre Pflichten zu erfüllen, sind wir bereit, ein Auge zuzudrücken. Aber wir müssen sicher sein, dass die Sache nicht zu weit geht. Wenn die Kadetten eine solch innige Zuneigung zu ihrem… äh… geistlichen Führer an den Tag legen, erhöht das allerdings eher die Wahrscheinlichkeit, dass Sanktionen verhängt werden müssen.«
»Kommissar«, sagte Bürde, »vielleicht sollten Sie rausgehen und mit ihnen darüber reden. Schließlich sind sie es, die von meinen ›Predigten‹ beeinflusst werden.«
»Ach, ich glaube nicht, dass das angebracht wäre – nein, nein, ganz und gar nicht.«
Pirius hielt das für eine Ausrede. Wie konnte der Kommissar eine vernünftige Analyse von Bürdes Glauben vornehmen, wenn er nicht mit den Betroffenen sprach? Nilis schien Angst zu haben, dachte er: Angst vor Quin oder den Menschen in der Basis, und darum verkroch er sich in diesem kleinen Raum.
Pirius setzte sich auf den einzigen anderen Stuhl. Nilis, der keine Sitzgelegenheit mehr fand, fuchtelte und flatterte noch ein bisschen umher; dann schnippte er seufzend mit den Fingern und beschwor ein virtuelles Sofa herauf. »Eigentlich soll man keine Zaubertricks machen, wisst ihr«, entschuldigte er sich. »Verstößt gegen die Avatar-Regeln!«
»Und, wie steht’s, Kommissar«, fragte Pirius, »hat er Sie schon zum Glauben an
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