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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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Pirius war froh über Torecs ruhige Gegenwart, als er sich auf die seltsame Begegnung vorbereitete, die ihm bevorstand.
    Es war das übliche Verfahren, dass alle Daten, die per Überlicht aus möglichen Zukünften durchsickerten, sofort jedem in diesen Daten genannten Individuum vorgelegt wurden. Einige von Pirius’ Freunden wussten sogar, wann und wie sie sterben würden. Daher wusste Pirius auch – ebenso wie jeder andere –, dass es ihm bestimmt war, später einmal ein Schiff namens Assimilator’s Claw zu fliegen. Aber die Claw war noch gar nicht in Dienst gestellt. Wenn nun eine Version der Claw ins Dock gekommen war – und ein Captain sich die Zeit genommen hatte, ihn aus seiner Koje zu holen, damit er einen Besucher traf –, dann konnte dieser Besucher nur ein ganz bestimmter sein, und sein Herz klopfte wie wild.
    Das Ziel des Flitzers war ein Trockendock. Der Steinbrocken hatte einen Durchmesser von etwa hundert Kilometern und war von Gruben zernarbt, in denen Schiffe jeder Größe und Form nisteten, von Einmannjägern, die noch kleiner waren als Grünschiffe, bis zu den schwerfälligen, kilometergroßen Spline-Schiffen, den lebenden Raumfahrzeugen, die seit fünfzehntausend Jahren das Rückgrat der menschlichen Flotte bildeten.
    Und an einem solchen Liegeplatz stand ein einzelnes, ramponiertes Grünschiff. Das musste die Assimilator’s Claw sein, und als Pirius einen ersten Blick auf den zernarbten Rumpf seines künftigen Kommandos erhaschte, stockte ihm der Atem.
    Torec stieß ihn am Ellbogen an und zeigte auf etwas. Eine Traube von Schiffen schwebte in einer würfelförmigen Phalanx etwa einen halben Kilometer über der Oberfläche der Kugel, und Pirius sah das Flackern von Sternzertrümmerer-Strahlen und anderen Waffen. Im Innern der Phalanx erspähte er ein schlankes Gebilde, das in diesem dreidimensionalen Feuerkäfig gefangen war, ein Gebilde mit gefalteten Flügeln, das selbst im grellen Lichtschein der riesigen Sonnen des Clusters so schwarz war wie die Nacht.
    »Lethe«, sagte er. »Das ist ein Xeelee-Schiff.«
    »Und das«, sagte Seath kalt, »ist noch das Geringste Ihrer Probleme.«
    Die Zeit reichte nicht aus, um noch mehr zu sehen.
    Der Flitzer sank in einen Raumhafen hinunter. Noch bevor das Andockmanöver beendet war, steuerte Seath bereits auf die Luke zu.
    Pirius und Torec folgten ihr in einen belebten Gang. Es war nur ein kurzer Weg durch eine hektisch herumlaufende Menge von Technikern und höheren Chargen zur Grube der Claw. An der Luftschleuse wurde Seath langsamer, warf Pirius einen Blick zu und trat zurück, um ihm den Vortritt zu lassen.
    Das also war Pirius’ großer Augenblick. Mit pochendem Herzen trat er vor.
    Drei Besatzungsmitglieder warteten an der Schleuse: eine Frau, zwei Männer. Sie trugen versengte und ramponierte Hautanzüge mit einem stilisierten Klauenzeichen auf der Brust und hielten Trinkwasserballons in den Händen. Pirius sah die Frau an – klein, drahtig, ziemlich missmutiges Gesicht, aber mit hübscher, kräftiger Nase. Hellrote Haare waren unter die Kappe ihres Hautanzugs gestopft. Einer der Männer war korpulent. Sein Gesicht war breit und rund, mit abstehenden Ohren; er machte einen kompetenten, aber auch irgendwie verletzlichen Eindruck. Sie waren beide schmutzig, und ihre Augen lagen vor Müdigkeit tief in den Höhlen. »Cohl«, las er auf ihren Namensschildern, und »Tuta« – oder »Bleibende Hoffnung«, einer handschriftlichen Ergänzung zufolge. Er war ihnen in seiner Zeitlinie noch nie begegnet, kannte diese Namen aber bereits von den Voraussage-Briefings: Es waren seine künftigen Kameraden, die er sich als Besatzungsmitglieder aussuchen und mit denen er sein Leben riskieren würde. Er fragte sich, wer sie waren.
    Natürlich drückte er sich um die Hauptsache herum.
    Der andere Mann, der Pilot, war nicht groß, überragte Pirius aber um einen guten halben Kopf, und sein Körper unter dem Hautanzug war massiger. Seath hatte ihm erklärt, dass diese Version neunzehn war, zwei Jahre älter – zwei weitere Jahre, in denen er herangewachsen und fülliger geworden war, in denen er sein Training absolviert hatte. Schließlich sah Pirius dem Piloten ins Gesicht.
     
    Die Zeit war unzuverlässig. Soweit Pirius es verstand, zwang nur die Lichtgeschwindigkeit den Ereignissen kausale Abfolgen auf.
    Den altehrwürdigen Relativitätsargumenten zufolge gab es nicht einmal ein gemeinsames »Jetzt«, das man über größere Entfernungen hinweg festlegen

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