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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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konnte. Es gab lediglich Ereignisse, Punkte im Raum und in der Zeit. Wenn man mit Unterlichtgeschwindigkeit von einem Ereignis zum nächsten reisen musste, war alles in Ordnung, denn dann hingen die Ereignisse kausal zusammen: Man sah, wie alles auf ordentliche Weise älter wurde.
    Doch bei Überlichtreisen, bei denen man die Grenzen der Lichtgeschwindigkeit übertrat, verlor die ordentliche Struktur von Raum und Zeit jede Relevanz, sodass nur noch die Ereignisse übrig blieben, unzusammenhängende Vorfälle im Dunkeln. Und mit einem Überlichtschiff konnte man nach Belieben von einem Ereignis zum nächsten springen, ungeachtet einer vermeintlichen Abfolge von Ursache und Wirkung.
    In diesem Krieg war es nichts Besonderes, dass sich ramponierte Schiffe aus einem Kampf heimschleppten, der noch gar nicht stattgefunden hatte; in der Bogen-Basis geschah das jeden Tag. Auch Nachrichten aus der Zukunft waren nicht ungewöhnlich. Es war sogar eine bewusste Kampftaktik, Nachrichten an Kommandoposten in die Vergangenheit zurückzuschicken. Der Informationsfluss aus der Zukunft in die Vergangenheit war nicht konstant; alles hing von den komplizierten Geometrien der Flugbahnen und Überlichtsprünge ab. Aber es reichte den Kommissaren in ihren Akademien auf der fernen Erde, um Sammlungen möglicher Zukünfte und unschätzbar wertvoller präkognitiver Daten zu erstellen, die Strategien prägten – selbst wenn in der Gegenwart getroffene Entscheidungen viele dieser Zukünfte auslöschen konnten, bevor sie eintraten.
    Ein mit Überlichttechnologie ausgetragener Krieg musste so sein.
    Vorherwissen wäre natürlich ein großer Vorteil gewesen – wenn die andere Seite nicht genau dieselbe Fähigkeit besessen hätte. In einer endlosen Abfolge von Vermutungen und Gegenvermutungen wurde die Geschichte von der einen oder anderen Seite korrigiert, als Reaktion darauf erneut korrigiert und die Zeitlinie auf diese Weise unablässig umgeschrieben. Da beide Seiten die Kämpfe kommender Jahrzehnte, ja sogar Jahrhunderte voraussahen und einen Zug der anderen schon vor dessen Festlegung kontern konnten, war es kein Wunder, dass der Krieg längst zu einem tödlichen Patt erstarrt und in einer statischen Front zum Stehen gekommen war, die das Herz der Galaxis umschloss.
     
    Für Pirius war es wie ein Blick in den Spiegel – aber nicht ganz.
    Die Architektur war dieselbe: ein breites Gesicht, symmetrisch, aber viel zu weich, um gut auszusehen, mit scharfen blauen Augen und einem Schopf dicker schwarzer Haare. Aber die Einzelheiten waren anders. Unter einem Film aus Schweiß und Schmutz war das Gesicht des Piloten hart, die Augen lagen tief in den Höhlen. Es war, als hätten sich seine Schädelknochen durchs Fleisch gebohrt. Er wirkte viel älter als neunzehn, weitaus mehr als nur zwei Jahre älter als Pirius.
    Bei diesem ersten Blick schreckte Pirius vor dem Mann zurück. Dennoch war er ihm so vertraut, so ähnlich, und er fühlte sich zu ihm hingezogen.
    Er streckte die Hand aus. Der Pilot ergriff sie und umschloss sie fest. Es war ein seltsam neutrales Gefühl, als hielte er seine eigene Hand; die Haut des Piloten schien genau dieselbe Temperatur zu haben wie seine.
    »Ich habe das Xeelee-Schiff gesehen, das du mitgebracht hast«, sagte er vorsichtig. »Tolle Trophäe.«
    »Lange Geschichte«, sagte der Pilot in einem Ton, als würde ihn weder der Xeelee noch Pirius sonderlich interessieren. Seine Stimme klang für Pirius ganz anders als seine eigene.
    »Dann werde ich also ein Held?«
    Der Pilot schaute bekümmert drein. »Tut mir Leid.« Er meinte es offenbar ehrlich.
    Das verwirrte Pirius. »Was denn?«
    Eine Hand legte sich schwer auf seine Schulter. Er drehte sich um und sah einen massigen Mann mit dem langen schwarzen Gewand und dem rasierten Schädel eines Kommissars vor sich.
    »Pirius – alle beide! –, ich bin euch als Anwalt für den Prozess zugeteilt worden«, sagte der Kommissar. »Mein Name ist Nilis.«
    Selbst in diesem Augenblick der Verwirrung machte Pirius große Augen. Die Bogen-Basis war ein Ort für junge Leute; mit seinen weißen Bartstoppeln, den Hängebacken und der von tiefen Poren durchsetzten Haut war dieser Kommissar der älteste Mensch, den Pirius je gesehen hatte. Und er war alles andere als elegant. Sein Gewand schien geflickt zu sein, und der Saum war abgewetzt und schmutzig. Hinter ihm standen zwei weitere Kommissare, die erheblich weniger mitfühlend dreinschauten.
    Nilis’ Augen waren seltsam, blau und

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