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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hintergrund von Halbwahrheiten, Hoffnungen, Versprechungen und Lügen zu treffen hatte. »Wir müssen beide unsere Pflicht tun, Sir. Wie Sie angedeutet haben, ist meine womöglich leichter.«
    Gramm rieb sich mit fleischigen Fingern die Augen. »Lethe, Ensign, dieser aufgeblasene alte Idiot Kolo Yehn hatte Recht. Auch wenn uns alles Mögliche ausgeht, an Mut besteht zumindest kein Mangel. Und jetzt raus hier.« Er wedelte mit der Hand. »Gehen Sie, bevor ich Sie rauswerfen muss.«
     
    Pirius berichtete Nilis von diesem Gespräch. Mit der Reaktion des Kommissars hatte er jedoch nicht gerechnet.
    »Dir ist doch klar, was das bedeutet«, flüsterte Nilis mit großen Augen, die Hände so fest verschränkt, dass seine Knöchel weiß wurden.
    »Sir?«
    »Gramm wird ja sagen – er wird uns unterstützen. Natürlich muss er die Entscheidung von seinem Ausschuss bekommen. Aber wenn er uns unterstützt, wird es jedem von ihnen schwer fallen, nicht mitzuziehen. Wir gehen in den Kern, Ensign. Wir kriegen unsere Staffel.« Nilis tappte in seinem Zimmer herum und zupfte dabei an seinen Fingern.
    Pirius schüttelte den Kopf. »Weshalb vollführen Sie dann keine Freudensprünge, Kommissar?«
    »Weil ich jetzt Farbe bekennen muss«, sagte Nilis rasch. Er sah aus, als hätte er schreckliche Angst. »Solange ich gegen verschlossene Türen angerannt bin, war es leicht, mutig zu sein. Aber jetzt ist die Tür offen, und ich muss meine Versprechen einlösen.« Er drehte sich zu Pirius um. »Ach du meine Güte, du meine Güte! Was habe ich getan? Was habe ich getan, Pirius?«

 
     
DRITTER TEIL

     
    Genetisch und morphologisch unterscheidet mich nichts von einem Erdbewohner des langen dunklen Zeitalters, das der Raumfahrt vorausging.
 
Darüber bin ich hoch erfreut, denn diese Unveränderlichkeit macht mich zum Menschen.
 
Sollen andere an ihren Genotypen und Phänotypen herumspielen, sollen sie Arten bilden und sich teilen, sich vermischen und verschmelzen. Wir unveränderten Menschen sind eine ursprüngliche Kraft, die sie alle beiseite fegen wird.
 
So muss es sein. Wir haben nichts davon, wenn wir eine Galaxis gewinnen und uns selbst verlieren.
     
    Hama Druz
     

 
35
     
     
    Es gab keinen Ort. Es gab keine Zeit. Ein menschlicher Beobachter hätte hier nichts erkannt: keine Masse, keine Energie, keine Kraft. Es gab nur einen wogenden, willkürlichen Schaum, dessen fragmentierte Geometrie sich fortwährend veränderte. Selbst Kausalität war ein törichter Traum.
    Die ordentliche, den Menschen bekannte Raumzeit war von Vakuumenergie durchtränkt, aus der virtuelle Partikel, Elektronen und Quarks, ins Dasein sprudelten und sich dann verteilten oder annihilierten; Quantenunschärfe bestimmte ihre kurzen Auftritte. An diesem außergewöhnlichen Ort sprudelten ganze Universen aus dem Schaum, dehnten sich aus und zerstreuten sich oder brachen mit einem verzweifelten Auflodern in sich zusammen.
    Diese chaotische Kavalkade von Möglichkeiten, dieser Ort des Nichtseins, wo sich komplette Universen in Riffen aus schaumiger Gischt zusammenscharten, wurde von einem Licht jenseits des Lichts durchflutet. Doch selbst in diesem Hexenkessel der Fremdartigkeit gab es Leben. Selbst hier gab es Bewusstsein.
     
    Nennen wir sie Monaden.
    Diese Bezeichnung würde Kommissar Nilis ihnen geben, wenn er ihre Existenz aus dem vorhandenen Datenmaterial ableitete. Aber der Name hatte viel tiefere Wurzeln.
    Im siebzehnten Jahrhundert hatte der deutsche Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz sich vorgestellt, die Realität bestünde aus Pseudo-Objekten, die ihre Existenz einzig und allein ihrer Beziehung zueinander verdankten. In seinem Konzept der »Monade« hatte Leibniz intuitiv etwas von der Wahrheit der Geschöpfe erfasst, von denen dieses Reich wimmelte. Sie existierten, sie kommunizierten, sie machten umfangreiche Erfahrungen und erfreuten sich einer umfassenden Gemeinschaft. Und dennoch existierten »sie« nicht aus sich selbst heraus; erst ihre Beziehung zueinander definierte ihre abstrakten Wesenheiten.
    An diesem fragmentierten Ort war keine andere Lebensform möglich.
    Vor langer Zeit hatten sie der Geburt eines Universums beigewohnt.
    Es stammte aus einem ähnlichen Hexenkessel der Wirklichkeiten, eine einzelne, aus der Gischt entnommene Blase. Als das Baby-Universum sich ausdehnte und abkühlte, blieben die Monaden bei ihm. Da sie dem neuen Kosmos von Anbeginn angehörten, durchtränkten und umgaben sie es. Zeit erlebten sie nicht wie die

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