Sternenkinder
Junge, komm rein«, blaffte er. »Ich beiße nicht. Dich jedenfalls nicht.«
Pirius trat vor. »Sir, ich wollte Ihnen…«
»Eine Nachricht von deinem zerlumpten Herrn und Meister überbringen, ich weiß. Na, das hast du ja nun getan.« Er wandte den Blick ab und aß weiter.
Pirius wartete verlegen. Er gewöhnte sich allmählich an diese nichtmilitärischen Typen mit ihrer Unkenntnis des Protokolls, aber es widerstrebte ihm, sich zu entfernen, bevor man ihn wegtreten ließ. Vielleicht würde er die ganze Nacht hier herumstehen müssen.
Endlich bemerkte ihn Gramm. »Bist du immer noch da?… War bestimmt ein schwerer Tag für dich. Muss alles sehr seltsam sein.« Er lachte schallend. »Trotzdem, es war ein köstlicher Moment, als du diesem aufgeblasenen alten Narren Kolo Yehn erklärt hast, er habe einen Minderwertigkeitskomplex in Bezug auf die Xeelee. Ha! Ich muss dafür sorgen, dass das im Protokoll besonders hervorgehoben wird.«
Pirius merkte, wie ihm die Röte in die Wangen stieg. »Ich habe nur meine Meinung gesagt. Sir.«
Gramm musterte ihn kauend. »Lethe, du bist wirklich ein couragiertes Bürschchen. Weißt du, ich kann mir vorstellen, wie du über mich denkst.« Er wischte sich Brösel von seinem umfangreichen Bauch. »Ich kann mich mit deinen Augen sehen.«
»Ich maße mir kein Urteil über Personen an, Sir.«
»Ach Quatsch. Aber was du vielleicht nicht verstehst – hör zu. Du weißt doch, was meine Aufgabe ist?«
»Sie sind Minister für…«
»Das ist meine Rolle. Meine Aufgabe besteht in der organisatorischen Durchführung und Überwachung dieses verdammten Krieges. Ich wandle die Gesamtheit der strategischen Ziele der Koalition in Operationsziele um. Vielleicht hast du heute gesehen, dass diese strategischen Ziele dank der internen Streitereien auf jeder Ebene, selbst in den höchsten Rängen der Koalition, nicht immer klar sind. Aber im Prinzip ist es so.
Nun bestürmt man mich ununterbrochen.« Er machte eine Handbewegung, und die Roboter und Virts um sein Sofa herum gerieten in hektische Bewegung, wie ein Insektenschwarm. »Ich habe schon innerhalb meines eigenen Ministeriums komplette Experten- und Beraterteams sowie Lobbygruppen, die alle darum kämpfen, bei mir Gehör zu finden. Und dann gibt es natürlich noch die anderen Behörden außerhalb der ›ökonomischen Kriegsführung‹, mit denen ich fertig werden muss – mit denen ich verhandeln, die ich abwehren und besänftigen muss. Und all das vor dem Hintergrund des Krieges.« Er seufzte und stopfte sich mehr Essen in den Mund. »Der Krieg, der verdammte Krieg. Er ist mehr als nur eine Arena für die Bravourstücke kleiner Helden wie dir. Weißt du, ihr habt Glück, da draußen im Kern. Ihr braucht nur an eure Kameraden, eure Schiffe, eure eigene Haut zu denken. Ich muss das größere Bild im Blick behalten – all die Millionen kleiner Piriusse, die auf der Jagd nach Ruhm und Ehre sind.«
Er stützte sich auf den Ellbogen. »Hier ist dieses größere Bild: Wir haben die Xeelee zurückgeschlagen. Wir haben sie aus der galaktischen Scheibe vertrieben. Das war eine epochale Leistung. Aber sie lauern immer noch im galaktischen Kern. Wir haben sie dort eingeschlossen – aber die Kosten dieser Eindämmung sind enorm. Wir haben die ganze Galaxis in eine Maschine verwandelt, eine einzige, riesige Maschine, die nur einem Zweck dient: die Xeelee gefangen zu halten. Es ist grässlich, es ist teuer – es funktioniert. Aber ich muss mit meinen Mitteln haushalten.
Nun, ob du es weißt oder nicht – und ganz gleich, was dieses alte Ungeheuer Luru Parz sagt –, wir sind bisher verantwortungsbewusst mit eurem Projekt umgegangen. Wir haben versucht, die vorhandenen Mittel sinnvoll einzusetzen, den Erfolgen entsprechend, die ihr tatsächlich erzielt habt, und nach und nach, während der Beweis für die Richtigkeit des Konzepts erbracht wurde. Aber jetzt sollen wir einen viel größeren Sprung ins Ungewisse machen. Du denkst vielleicht, ein paar Dutzend Grünschiffe seien nicht viel in einem Krieg, der eine Galaxis umspannt. Du denkst vielleicht, ihr würdet hier einer übertrieben pingeligen Prüfung unterzogen – und dass man euch mithilfe des Finanzierungsmechanismus willkürlich Steine in den Weg legt. Mag sein, dass der eine oder andere wirklich so ein Motiv hat. Ich aber nicht. Wir sind enormen Belastungen ausgesetzt, Pirius, viel stärkeren Belastungen, als dir vielleicht klar ist. Schon ein einziges unnötig verlorenes Schiff könnte
Weitere Kostenlose Bücher