Sternenkinder
schlechten Nachrichten vom Zielobjekt noch auf Nilis’ Kontrollverlust. Er konnte den Lauf der Dinge kaum beeinflussen, aber in diesen schwierigen Momenten war er ein Fels in der Brandung, dachte Bleibende Hoffnung, ein Vorbild an Stärke und Entschlossenheit. Hoffnung hatte bisher nur wenig von Kimmer gesehen und keine besonders hohe Meinung von ihm als Oberbefehlshaber gehabt, aber dieser düstere Augenblick schien das Beste in ihm zum Vorschein zu bringen.
Pila kam mit schnellen Schritten den Steg entlang. Sie flüsterte dem Kommissar etwas von Ergebnissen bezüglich Chandras Natur ins Ohr. Nilis machte ein schockiertes Gesicht und folgte ihr unverzüglich vom Steg hinunter und aus dem Kommandozentrum.
Bleibende Hoffnung war einfach nur verblüfft. Was um alles im Universum konnte wichtiger sein, als das Geschehen in diesen nächsten paar entscheidenden Minuten zu verfolgen? Aber zugleich erleichterte es ihn, dass Nilis mitsamt seinem emotionalen Aufruhr fort war.
Luru Parz schaute Nilis und Pila misstrauisch nach.
Der Marshal persönlich tippte Hoffnung auf die Schulter. »Ingenieur. Schauen Sie. Ihr Freund geht wieder rein - Pirius.«
Hoffnung war einigermaßen verdattert, dass ihn ein Marshal zum Zusehen aufforderte. Doch er fragte: »Welcher? Sir.«
»Beide.«
»Diesmal schicken wir zwei Schiffe zugleich rein«, sagte Pirius Rot. »Ich gehe als Erster.«
Torec sagte: »Du hast deine Waffe verbraucht.«
»Ich weiß. Ich fungiere als Führer. Bilson, du warst dabei. Wir wissen, dass wir dieses Netz aufgerissen haben; vielleicht hat Jees es geschafft, das Loch zu erweitern. Was wäre, wenn wir die Sternzertrümmerer durch diese Lücke schicken könnten? Wir hätten für kurze Zeit freie Bahn, ohne vom Netz blockiert zu werden. Vielleicht sehen wir genug, um den Ereignishorizont zu treffen. Was meinst du?«
Bilson war nicht gerade Feuer und Flamme. »Möglich ist es. Aber die Zeit wäre sehr knapp. Weniger als eine Sekunde.«
»In Ordnung. Darum wird derjenige, der reingeht, einen Kundschafter brauchen.«
»Und wer fliegt nun den Bombenangriff?«, fragte Torec.
Pirius holte Luft. Er fragte sich, wie lange er noch solche Entscheidungen treffen konnte; es kam ihm vor, als würde er eine weitere Besatzung zum Tode verurteilen. Aber er musste eine Wahl treffen. »Bürde – sind Sie bereit?«
Keine Antwort. Und als die Sekunden vergingen, begriff Pirius auf einmal, dass er auch keine bekommen würde. Er rief ein virtuelles Bild von Bürde auf. Das Gesicht hinter dem Helmvisier seines Hautanzugs war geisterhaft blass, als wäre alles Blut daraus gewichen.
Bürdes Navigatorin flüsterte: »So ist er schon, seit wir an SO-2 vorbeigeflogen sind. Ich wollte nichts sagen…«
»Bürde«, sagte Pirius Blau. »Bürde. Quero!«
Bürdes Augen flackerten. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und lächelte gezwungen. »Tut mir Leid.« Seine Stimme war ein heiseres Krächzen aus zugeschnürter Kehle.
»Er ist erstarrt«, sagte Rot. »Lethe. Blau, hast du davon gewusst?«
Blau seufzte. »Nein. Aber ich habe mich schon gefragt… Das passiert dir nicht zum ersten Mal, Bürde, stimmt’s?«
Bürde schien sich ein wenig zu lockern. »Nein. Es ist schon einmal passiert.«
»Und deshalb bist du degradiert und in die Strafdivision auf Quin versetzt worden. Cohl war dir gegenüber zu Recht misstrauisch.«
»Ich habe euch nie belogen…«
»Aber du hast auch nicht die volle Wahrheit gesagt, nicht wahr? Es hatte nichts mit deinem unorthodoxen Glauben zu tun.«
»Geholfen hat er mir jedenfalls nicht. Aber, ja. Ich bin erstarrt. Genauso wie diesmal. Menschen sind gestorben – meinetwegen, weil ich erstarrt war. Ich verstehe das nicht. Ich kann auf einem Steinbrocken kämpfen. Ich kann mich aus einem blutgetränkten Schützengraben herausarbeiten. Ich kann Leben retten. Aber hier oben, in einem Grünschiff…«
»Und deshalb hast du dir immer wieder den Arsch in Kampfeinsätzen aufgerissen? Du wolltest dich selbst bestrafen.«
»Lethe«, fauchte Torec. »Und dieser Quatsch über die zeitartige Unendlichkeit – hast du irgendwas davon ernst gemeint?«
»Ich habe den Leuten Hoffnung gegeben«, sagte er leise. »Und es hat mir Hoffnung gegeben. Dass eines Tages alles in Ordnung gebracht werden wird. Meinetwegen sind Menschen gestorben.«
Blau sagte: »Auf den Steinbrocken hast du viel mehr Menschenleben gerettet.«
»So funktioniert die Arithmetik des Todes aber nicht«, erwiderte Bürde.
»Ganz
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