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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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hob die Umrisse der Terrasse hervor, strömte über Nilis’ winzigen Garten und funkelte auf dem breiten Rücken des Flusses dahinter. Es war ein unheimlicher Lichtschein, der diese ohnehin schon fremdartige Welt zu verwandeln schien.
    Mit einer bewussten Anstrengung hob er den Blick.
    Die Lichtquelle war natürlich der Mond, der berühmte Mond der Erde. Er war eine Scheibe, so klein, dass Pirius sie mit seinen Daumen verdecken konnte. Aber es war ein verwandelter Mond – und eine der legendären Sehenswürdigkeiten der Erde, von denen man sich sogar in der Kasernenkugel der Bogen-Basis im Flüsterton erzählte.
    Das Antlitz dieses geduldigen Begleiters hatte während der gesamten turbulenten Geschichte der Menschheit zur Erde herabgeschaut. Doch nun hatte es sich verändert. Graugrüne Flecken breiteten sich über die fahlen Hochebenen und die staubigen Mare aus, das Grün irdischen Lebens schlug Wurzeln im uralten Mondstaub. Deshalb war das Mondlicht nicht mehr silbern, sondern von einem grünlichen, fotosynthetischen Schimmer getönt.
    Und ein gewaltiger Faden wölbte sich aus der Mitte der Mondscheibe und zog sich über den Nachthimmel zum Horizont. Pirius glaubte, eine Verdickung in diesem anmutigen Bogen sehen zu können, der vom Mond zur Erde führte. Der Bogen war die Brücke, ein umschlossener Tunnel, der den Mond mit der Erde verband – oder jedenfalls mit einer Ankerstation ein paar hundert Kilometer über der Erde. Die Brücke war mithilfe einer vor Jahrtausenden übernommenen außerirdischen Technologie gebaut worden; jetzt konnten die wichtigen Leute der Interims-Regierungskoalition sicher und bequem von der Erde zum Mond reisen, so mühelos wie mit einem Fahrstuhl.
    Die Brücke selbst trotzte der Orbitalmechanik und war natürlich instabil; sie wurde permanent von Gezeiten belastet und musste mit Korrekturtriebwerken und Antigravitationsboxen, die über ihre ganze Länge verteilt waren, aufrechterhalten werden. Das ganze Ding war absolut bombastisch, ungeheuer kostenaufwändig und hatte so gut wie keinen praktischen Nutzen. Pirius lachte laut über dieses alberne Prunkstück.
    An nächsten Morgen versuchte er, seine Gefühle angesichts des angeleinten Mondes zu beschreiben.
    Nilis lächelte nur. »Wir reisen zu den Sternen, aber wir müssen immer noch unsere Pyramiden errichten«, sagte er geheimnisvoll.

 
9
     
     
    Zwei Wochen nach seiner Rückkehr zur Erde beraumte Nilis eine Besprechung mit einem Mann an, der den Titel »Minister für ökonomische Kriegsführung« trug.
    Während er sich auf diese Zusammenkunft vorbereitete, machte Nilis kein Geheimnis daraus, wie nervös er war und wie viel von dem Ergebnis abhing. »Man könnte Minister Gramm wohl als meinen Fürsprecher bezeichnen. Meine Nano-Nahrungsinnovation war in erster Linie von wirtschaftlichem Nutzen, versteht ihr, und ihr Einsatz im Rahmen der Kriegsanstrengungen fiel in den Zuständigkeitsbereich der ›ökonomischen Kriegsführung‹. Seither hat Gramm mich bei meinen diversen Initiativen unterstützt – in der Hoffnung, dass ich noch so eine Perle zutage fördere!« Er seufzte. »Aber es ist schwierig, es ist immer schwierig. Die Koalition ist sehr alt und erledigt ihre Angelegenheiten auf ihre eigene Weise. Einzelgänger werden nicht gut behandelt. Ohne den Schutz von Gramms Gönnerschaft wäre ich mit ziemlicher Sicherheit schon längst kaltgestellt worden…«
    Und so weiter. Pirius und Torec hörten geduldig zu, denn auf seine tollpatschige Art schien Nilis es zu schätzen, dass er mit jemandem reden konnte. Aber es fiel ihnen schwer, Mitgefühl ihm gegenüber zu entwickeln. Für Pirius Rot klangen die bürokratischen Probleme der Arbeit auf den höheren Ebenen der Interims-Regierungskoalition ein wenig exotisch.
     
    Am Tag der Zusammenkunft beschloss Nilis zur Bestürzung der beiden Ensigns plötzlich, sie mitzunehmen.
    Bevor sie aufbrachen, bestand er darauf, ihre Uniformen zu überprüfen. Pirius wies vergeblich darauf hin, dass die intelligenten Uniformen sich besser um sich selbst kümmerten, als er oder Torec es jemals könnten; Nilis untersuchte nervös jede Naht, jeden Zentimeter Bördelrand.
    »Und überhaupt«, sagte Pirius, »ich wüsste nicht, was wir zu einer Besprechung mit einem Minister beitragen könnten.«
    »Oh, ihr seid meine Geheimwaffe«, sagte Nilis mit einem gereizten Lächeln. »Ihr seid die Fleisch gewordene, ungebärdige Aufsässigkeit! Selbst wenn man sich mit der Koalition anlegt, darf man die

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