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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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zog Pirius beiseite. »Und du glaubst das alles?«
    Ihre Frage überraschte ihn. »Weshalb sollte er in solchen Dingen lügen?«
    »Warum drückt er sich dann so unklar aus? Weshalb ist er denn eigentlich nach Quin geschickt worden – wegen seines Glaubens? Oder wegen irgendwelcher Geschehnisse auf seiner Basis oder sogar während eines Kampfeinsatzes?« Ihre kleinen Augen glänzten. »Verstehst du? Es ist genau wie bei seinen Predigten. Er redet viel, aber es sind nur Nebel und Schatten.«
    »Du magst ihn nicht.«
    »Er interessiert mich zu wenig, um ihn nicht zu mögen. Aber ich traue ihm nicht, so viel steht fest.«
    Pirius drehte sich wieder zu Bürde um, der nichts von alledem mitbekommen hatte. Bürde sah ihn mit einer gewissen Begierde an, fand Pirius, als ob ihm seine Anerkennung wichtig wäre. Manchmal glaubte er, irgendwo unter Bürdes gefasster, beherrschter, humorvoller Fassade Schwäche zu erkennen. Schwäche und Bedürftigkeit.
    »Bürde, du hast gesagt, die Offiziere duldeten die genetische Drift, wenn ihr Ergebnis nützlich sei. Aber weshalb dulden sie dich?«
    »Weil ich auch nützlich bin.« Bürde ließ sich in seine Koje zurücksinken. »Ich hab dir ja gesagt, das ist der Schlüssel. Natürlich bin ich nützlich! Weshalb sonst?«
    Als es auf dem Steinbrocken die ersten Toten gab, erkannte Pirius, wie Recht er hatte.

 
17
     
     
    Auf dem Raumhafen vom Berr-linn wurden Pirius Rot und Torec wieder vereint. Sie waren acht Wochen getrennt gewesen. Ohne sich darum zu scheren, wer sie beobachtete, fielen sie sich in die Arme und pressten ihre Lippen aufeinander.
    »Sie sind verrückt«, flüsterte Pirius. »Die Erdenwürmer. Allesamt!«
    »Ich weiß!«, erwiderte sie genauso leise, mit großen Augen.
    Sie sahen sich an, während sich ihre Gesichter berührten, und ihr Atem vermischte sich heiß. Pirius spürte, wie erneut jene tiefe Wärme in ihm aufstieg, die er seit ihrer Ankunft auf der Erde für sie empfand. Ihm kam es so vor, als wäre er zusammen mit ihr ein Ganzes und unvollständig, wenn sie getrennt waren, als wären sie zwei Hälften eines Wesens. War das Liebe? Woher sollte er das wissen?
    Und – empfand sie genauso? Es hatte den Anschein, aber woran merkte man das?
    Sie hatten jedoch keine Zeit, über ihre Gefühle zu sprechen, keine Zeit, sich von ihren separaten Abenteuern zu erholen, denn auf Luru Parz’ Anweisung hin sollten sie schon am nächsten Tag nach Port Sol fliegen.
     
    Für einen Reisenden aus dem Zentrum der Galaxis hätte ein Ausflug zum Kuiper-Gürtel, der nur rund fünfzigmal so weit von der Sonne entfernt war wie die Umlaufbahn der Erde, bloß ein Klacks sein sollen. Doch als die Sonne zu einem hellen Punkt schrumpfte und Port Sol endlich ins Blickfeld trieb, dunkel und blutrot, hatte Pirius das Gefühl, dass er wirklich in große Tiefen vordrang: nicht nur tief in den Raum, sondern auch tief in die Zeit, tief in die dunkle Vergangenheit der Menschheit.
    Nilis’ Korvette trat in eine quälend langsame Umlaufbahn ein. Die Schwerkraft einer Eiskugel von ein paar hundert Kilometer Durchmesser war nur eine hauchfeine Berührung. Die Passagiere drängten sich an den transparenten Wänden der Korvette.
    Port Sol war eine unregelmäßige, nur andeutungsweise kugelförmige Masse, matt erhellt von der fernen Sonne. Pirius sah eine zerknitterte, rötliche Oberfläche, durchbrochen von gespenstisch blauweißen Kratern. Einige dieser »Krater« sahen jedoch zu regelmäßig aus, um natürlichen Ursprungs zu sein. Und manche von ihnen waren überkuppelt, erleuchtet von weichen Tüpfelchen künstlichen Lichts. Dort lebten also immer noch Menschen. Aber die Spuren des Rückzugs waren stärker als die Spuren des Lebens: Trümmer eingestürzter und dunkler Kuppeln, sogar Bauwerke, die einmal über dem Eis geschwebt haben mochten, jetzt jedoch zu Boden gestürzt und zerborsten waren.
    Aber dennoch – Port Sol!
    Selbst für ein achtundzwanzigtausend Lichtjahre von der Erde entfernt geborenes und aufgewachsenes Marinegör wie Pirius war der Name mit Erinnerungen behaftet. Port Sol war der äußerste Rand des Sol-Systems; dorthin war der legendäre Ingenieur Michael Poole gekommen, um das allererste Sternenschiff der Menschheit zu bauen.
    Nilis’ Erregung schien ebenso echt zu sein wie die der Ensigns. Minister Gramm jedoch wirkte angespannt und nervös, als stünde er kurz vor einem Wutanfall. Es war klar, dass Luru Parz ihn gezwungen hatte, hierher zu kommen, und das gefiel ihm ganz

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