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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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und gar nicht. Gramms Assistentin Pila schaute analytisch und hochnäsig hinaus; das Schauspiel von Port Sol schien bei ihr die gleiche leise Belustigung auszulösen wie der Mond.
    Ein Flitzer kam zügig zur Korvette herauf. In ihm saß ein einzelner Passagier, eine Frau in einem schlichten weißen Gewand. Vom Aussehen her ähnelte sie Luru Parz: gedrungen, geduldig, ungewöhnlich reglos, mit einem kleinen, ausdruckslosen Gesicht. Aber sie war schlanker als Luru und wirkte irgendwie anmutiger. »Mein Name ist Faya Parz«, sagte sie. »Ich bin eine Kollegin von Luru…«
    Als sie ihren Namen nannte, gingen Augenbrauen in die Höhe. Gramm wandte sich an Pila. »Sieh an, sieh an«, sagte er. »Faya und Luru, Parz und Parz!«
    Pila lächelte. »Ich glaube, die Doktrinen haben hier nur noch sehr begrenzte Geltungskraft, Herr Minister.«
    Das verwirrte die beiden Ensigns, und Nilis musste ihnen erklären, dass nach archaischen Traditionen aus der Zeit, bevor die Historische Wahrheitskommission eine rationalere Herangehensweise initiiert hatte, Mitglieder einer Familie denselben Nachnamen trugen. Es war alles in hohem Maße undoktrinell.
    Der Flitzer landete in der Nähe einer der erleuchteten Gruben im Eis. Die Gruppe stieg in einen Bodentransporter um, eine Art Wagen mit dicken Ballonreifen und Haken für die Bodenhaftung, damit er nicht aus Port Sols winzigem Gravitationsfeld sprang. Der Wagen hatte keine Trägheitsregulierung, und als er eine grob ins Eis gehauene Straße entlangrollte, hüpfte die Kabine immer wieder langsam, aber beunruhigend hoch. Pirius und Torec waren entzückt von diesem Low-Tech-Relikt.
    Während Gramm und Pila höflich gelangweilt wirkten, war Nilis fasziniert von der Szenerie. »Dieses Kuiper-Objekt ist also primordial«, sagte er. »Ein Relikt der Entstehung des Systems.«
    »Nicht ganz«, sagte Faya. »Die rötliche Farbe des Eises wird vom kosmischen Strahlenbombardement verursacht.« Hochenergetische Partikel, Überbleibsel energiereicher Ereignisse irgendwo im Universum. Mit der Zeit speicherten die Oberflächenschichten Kohlenstoff und wurden dunkel, und diese Strahlungshülle verwandelte sich in eine harte Kruste. »Die Zeit lässt nichts unverändert«, sagte Faya.
    Nilis erhob sich in der schwankenden Kabine, um besser sehen zu können. »Aber an manchen Stellen haben Meteoriten die Kruste durchschlagen und das Eis darunter freigelegt. Ist es das, was wir sehen? Diese blauen Gruben…«
    »Hier draußen schlägt zwar nur selten ein Meteorit ein, aber es kommt vor, ja«, erklärte Faya. »Das Landschaftselement dort vor uns ist allerdings künstlich, ein Eisbruch. Er wurde von Ingenieuren ausgehoben, um ein GUT-Sternenschiff mit Treibstoff zu versorgen. Die heutigen Kolonisten nennen ihn ›Mayflower-Grube‹, obwohl wir keinen archäologischen Beweis dafür haben, dass die Mayflower II tatsächlich von hier gestartet ist…«
    In jenen frühen Tagen wurden die Sternenschiffe, die von Port Sol abhoben, nur von Wasserraketen angetrieben, die Eis als Reaktionsmasse nutzten. Sie krochen viel langsamer als das Licht dahin, und ihre Missionen dauerten Generationen lang. Mit der Errungenschaft des Überlichtantriebs war Port Sol auf einmal überflüssig, sein Eis wurde nicht mehr gebraucht. Als das große galaktische Abenteuer der Menschheit ernsthaft begann, war Port Sols Zeit bereits abgelaufen. Seit damals kreiste der Eismond hier draußen im Dunkeln; seine Bevölkerung schrumpfte, und sein Name war nur mehr eine exotische Erinnerung.
    Doch jetzt, so schien es, hatte Port Sol einen neuen Daseinszweck.
    Ein seltsamer Blitz am Himmel erregte Pirius’ Aufmerksamkeit: Etwas blinkte auf und erlosch sofort wieder. Er wusste, dass einige der frühesten Kolonien hier draußen – aus der Zeit noch vor Michael Poole, als die Technik wahrhaftig sehr schlicht gewesen war – sich für ihre Energieversorgung ausschließlich auf das Sonnenlicht gestützt hatten, das sie mit riesigen, hauchdünnen Spiegeln von mehreren tausend Kilometer Durchmesser eingefangen hatten. Selbst jetzt wusste niemand genau, wer hier draußen lebte. Der Kuiper-Gürtel war ein riesiges, kugelförmiges Archipel, dessen Inseln voneinander durch Entfernungen getrennt waren, die den Ausmaßen des inneren Sonnensystems entsprachen. In diesen ungeheuren Weiten hatten vielleicht einige jener Urgemeinschaften überlebt, die, verborgen vor der turbulenten Politik der Menschheit, an ihrer mehr oder weniger obsoleten Lebensweise

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