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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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dass sie nicht zu ihm passt und dass Miyon sie absichtlich hierhergebracht hat.«
    »Hat er dir das erzählt?« Als sie nickte, lächelte er. »Du hast schon dafür gesorgt, dass ihm das schnell klar wurde, oder? Braves Mädel. Trotzdem – ich bin mir nicht sicher.«
    Wieder trennten sich die Damen von ihren Partnern. Dieser Tanz war Sionells Lieblingstanz, und sie war sehr gut darin. Als sie jetzt herumwirbelte, erhaschte sie auf einmal einen Blick auf Meiglan, die gedemütigt durch ihr mangelndes Wissen wie angewurzelt dastand. Pol setzte sein charmantes Lächeln auf, als er die Schritte vorführte. Das Mädchen wagte kaum zu atmen.
    Sionell ergriff Rohans Finger ein wenig zu spät. Geschickt überspielte er den Fehler und sagte glücklicherweise nichts.
    Als der Tanz zu Ende war, winkte Miyon mehrere seiner Diener zu sich. Eine Geste sorgte dafür, dass ein Raum am Ende der Großen Halle nur etwa zehn Schritt von den riesigen Türen entfernt freigemacht wurde. Tische wurden an die Seitenwände geschoben, Stühle darauf gestapelt, und in den freien Raum wurde ein riesiges Saiteninstrument getragen.
    »Da ich Prinz Pols Liebe zur Musik kenne«, erklärte Miyon mit seidenweichem Lächeln, »dachte ich, er würde gern unserer Cunaxaner Fenath lauschen.« Und herrisch: »Meiglan!«
    Sionells Fäuste umklammerten die Falten ihres Kleides, als das Mädchen blass wurde. Erschöpft von dem langen Ritt, verstört, als sie in Pol den Mann aus ihrem Traum erkannte, angespannt aufgrund eines offiziellen Abendessens in der Großen Halle von Stronghold und beschämt ob ihrer Unkenntnis beim Tanzen, war das Letzte, was das Mädchen jetzt brauchte, der Befehl, auf diesem riesigen und zu Recht als »Saiten-Mauer« bezeichneten Instrument zu spielen. Sionell war wütend auf sich selbst, dass sie Prinz Miyon unterschätzt hatte.
    Hölzern bewegte sich Meiglan auf das Instrument zu. Sie musste vom Tisch der Hohen, wo jedermann jetzt seinen Platz wieder eingenommen hatte, den Saal in seiner ganzen Länge durchqueren, und dabei folgten ihr die Blicke von einhundert und mehr Dienern und Gefolgsleuten, die an den Wänden standen. Sie näherte sich der Harfe, zögerte und ging dann um sie herum, so dass sie mit dem Gesicht dem Tisch der Hohen zugewandt stand.
    Das Instrument war offensichtlich sehr wertvoll; das konnte Sionell sehen, obwohl sie nichts von Musik verstand. Der Rahmen bestand aus poliertem Cunaxaner Pinienholz mit Gold- und Emailleeinlegearbeiten, die Stimmköpfe waren mit Perlmutt belegt. An der einen Seite war es höher als ein sehr großer Mann und fiel dann auf kaum mehr als Armeslänge ab. Es stand auf einem gepolsterten Schemel, wodurch das kürzere Ende angehoben wurde und die Saiten in Griffweite kamen. Trotzdem war es breiter als die ausgestreckten Arme eines jeden Anwesenden, und es sah aus, als wäre es unmöglich, darauf zu spielen.
    Meiglan stimmte das Instrument, nickte und zog sechs schlanke, kleine Hämmer aus einem Samtbeutel, der an der hohen Seite des Instruments hing. Sie ordnete sie zwischen ihren Fingern, drei in jeder Hand, warf einen ängstlichen Blick zum Tisch der Hohen hinüber und biss sich auf die Lippen.
    Miyon ließ das Schweigen andauern, bis er endlich sagte: »In vergangenen Zeiten wurde die Fenath auf einen einzelnen Akkord gestimmt und ins Freie gestellt, damit der Wind damit spielte. Heute benutzen die meisten Leute die untersten Saiten für einen Akkord, die mittleren für einen anderen, und die höchsten für einen dritten.«
    Andry nickte. »Sie wurde auch vor einer Schlacht gespielt.«
    Mit hochgezogenen Brauen nahm der Prinz diese Information zur Kenntnis. »Ihr wisst etwas über die Fenath, Herr?«
    Andry schenkte ihm ein halbes Lächeln. »Sie wurde auf der Kuppe eines windumspielten Hügels aufgestellt und so gestimmt, dass schreckliche Dissonanzen an den Nerven des Feindes kratzten. Ich bin sicher, dass Lady Meiglan uns ihre schönere Seite zeigen wird.«
    »Gewiss. Hier steht ja keine Schlacht an.« Miyon zeigte seine Zähne. Dann schnippte er mit den Fingern und wandte sich an seine Tochter: »Beginne!«
    Einige wenige Noten tasteten sich schüchtern in die stille Halle. Sie zitterten unter Meiglans Händen. Ein weiterer Akkord, falsch angeschlagen, und dann war da plötzlich das Plätschern von Musik, süß und klar wie Regen, der auf einen grünen Hügel fällt. Die Melodie tanzte um einen Strom von zarten Akkorden, darüber und darunter und hindurch. Meiglan fing an, sich

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