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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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aufgetaucht, zuerst in Andrades Feuerbeschwörung und dann in der Nähe von Rivenrock, windzerzaust und müde in der Wüste. Seitdem war er niemals allein gewesen, weder im Herzen noch im Geiste. Einen Augenblick lang schwieg er in wortloser Dankbarkeit für das Geschenk dieser Gemahlin, seiner Gemahlin. Dann sprach er.
    »Ihre Hoheit hat das ausgezeichnet ausgedrückt. Diese Lichtläuferin hat Rechte so wie jeder andere vom Meer der Morgenröte bis nach Kierst-Isel – Bauer, Prinz und Lichtläufer gleichermaßen. Ich will mich nicht in Lord Andrys Recht einmischen, seine Faradh’im zu bestrafen. Und ebenso wenig habe ich den Wunsch, Prinz Cabar das Recht abzusprechen, Menschen zu bestrafen, die innerhalb der Grenzen seines Prinzentums gegen die Gesetze verstoßen.«
    Oclel, Barig und die Rechtsgelehrten sahen alle gleichermaßen verblüfft aus, als sie seine Rede hörten. Nur Sioned wusste genau, worauf er damit abzielte; ein winziges Lächeln spielte um ihre Augen, als er das abschließende Muster webte.
    Rohan machte eine Pause, ehe er sagte: »Und ebenso wenig beabsichtige ich, die Lichtläuferin ihres Rechtes zu berauben.«
    »Welchen Rechtes?« Barig verriet sein Erstaunen durch diesen Ausruf.
    »Von Lord Andry verurteilt zu werden«, erklärte Oclel mit einem seidigen Lächeln, das jedoch bei Rohans nächsten Worten schnell von seinem Gesicht schwand.
    »Von mir verurteilt zu werden.«
    Sioned wartete genau so lange, wie nötig war, damit diese Worte einsanken. Dann sagte sie: »Das, was Lady Andrade in den Jahren ihrer Herrschaft in der Schule der Göttin am meisten geärgert hat, war die uralte Tradition, dass Lichtläufer Bürger aller Prinzentümer sind, und dass ihr einziger wahrer Oberhirte der Hoheprinz ist. Der Grund, dass sie dagegen war, war allerdings die Tatsache, dass Roelstra der Hoheprinz war. Als mein Gemahl ernannt wurde, bestätigte sie bereitwillig seine Rechte in dieser Angelegenheit.« Sie lächelte. »Und Lord Andry hat sie natürlich ebenfalls bekräftigt.«
    Freundlich meinte Rohan: »Alle Personen schwören irgendjemandem Treue. Das gemeine Volk seinen Athr’im , diese ihren Prinzen, die Prinzen mir. Die Schule der Göttin untersteht nicht dem Prinzen von Ossetia, sondern dem Hoheprinzen. Und deshalb, genau wie bei Menschen, die außerhalb der Grenzen ihres eigenen Landes heiraten, fallen die Lichtläufer unter das Gesetz dieses Ortes, wenn sie in die Schule der Göttin eintreten.
    Weil Gevlia eine Lichtläuferin ist, hat Lord Andry tatsächlich das Recht, über ihre Bestrafung zu entscheiden. Weil der Verstoß sich in Gilad ereignete, hat auch Prinz Cabar das Recht, sie zu verurteilen.« Er beugte sich ein wenig vor und sprach jetzt mit jenen Formeln, die dem Herrscher zustanden. »Es ist unsere Meinung, dass jeder von Euch einen schweren Fehler begangen hat, indem er Rechtsprechung unter Ausschluss des anderen forderte, wodurch wir gezwungen waren, zwischen zwei gleichwertigen Ansprüchen zu entscheiden. Und wir sagen Euch jetzt und hier, dass keine Seite diejenige sein wird, die diese Angelegenheit entscheidet. Wir werden es tun. Wir sind der Hoheprinz. Gevlias Recht nach sehr alten Gesetzen wird von uns gesprochen werden.«
    Barig sprang auf die Füße. »Schändlich!«
    »Nein. Gerecht. Ihre Hoheit, die Höchste Prinzessin, hat sehr klug darauf hingewiesen, dass es schwierig ist, zivilisiert zu sein. Sowohl Lord Andry als auch Prinz Cabar scheint es mehr um die Höhe der Vergeltung zu gehen als um Gerechtigkeit. Wir versprechen Euch, dass wir hingegen Letztere suchen werden.«
    Es war eine schreckliche Beleidigung, auf die keiner antworten konnte, da sie vom Hoheprinzen ausgesprochen worden war. Sie würde sowohl Cabar als auch Andry übermittelt werden. Aber sie hatten ihn in diesen verschlossenen Raum gezwungen. Es war ihre eigene Schuld, dass sie ihn unterschätzt hatten, und anstatt sich für eine der Türen zu entscheiden, die sie beide so geschickt angeboten hatten, hatte er sich entschlossen, ganz unverhofft aus einem Fenster zu klettern.
    Aber er war wütend, dass er überhaupt in diese Lage gebracht worden war. Er wusste, dass seine Entscheidung als ein Schiedsspruch durch einen Autokraten angesehen werden würde, obwohl er das nicht war. Weder Cabar noch Andry würden zufrieden sein, die anderen Prinzen würden sich bedroht fühlen, und die ganze Sache hinterließ schon jetzt einen schlechten Geschmack in seinem Mund. Und dann war da noch diese arme, junge Frau. Sie

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