Sternenlaeufer
den Gedanken des gemeinen Volkes. Aber was ich getan habe, betrifft das Leben der einfachen Menschen. Und jetzt wenden sie sich an mich, wenn es um Veränderungen geht, die meinen Namen tragen sollen. Deshalb sieht es so aus, als hätte ich mehr Macht und würde sie öfter benutzen, als es wirklich der Fall ist.«
»Was macht das, solange die Arbeit getan wird?«
»Eine Menge. Ein eifersüchtiger Prinz – Cabar ist dafür ein hervorragendes Beispiel – ist ein gefährlicher Prinz. Er kann Probleme machen. Ich habe ihm die Entscheidung über diese Lichtläuferin abgenommen. Darin wird er eine Bedrohung seiner Macht sehen. Würdest du das nicht tun?«
»Wenn ich ein misstrauischer Typ wäre, dann gewiss.« Pol machte eine nachdenkliche Pause. »Die neue Schule wird es Cabar erleichtern, deine Entscheidung zu schlucken.«
»Aber nicht für die anderen. Beim Rialla in diesem Sommer möchte ich jedem Prinzen befehlen, wenigstens zwei Ärzte als Lehrer zur Verfügung zu stellen. Die Vorzüge werden einige Zeit lang nicht einleuchten, genau wie bei dem Skriptorium. Aber diesmal will ich den Namen eines anderen damit verbunden sehen, deinen nämlich, wenn du nicht aufpasst.«
»Mutters!« Pol lachte. »Sie war es doch, die daran dachte, die Schule in Gilad zu errichten, um Cabar zu besänftigen.«
»Keine schlechte Idee, aber sie würde das nie wollen. Außerdem wäre das nicht gut für uns. Erstens weiß sowieso jeder, dass mindestens die Hälfte meiner guten Ideen von ihr stammt. Und dass ich, wenn ich das ›Wir‹ verwende, uns beide meine.« Rohan hoffte insgeheim, Pol würde bei diesen Worten über den Vorteil nachdenken, den eine Gemahlin mit sich brachte, die nicht nur das Bett, sondern auch die Arbeit mit ihrem Manne teilte. Nach allem, was Rohan von Meiglan gesehen hatte, war sie kaum der Typ dafür. Doch auf einmal kam ihm der Gedanke, dass Pol diese Art von Frau vielleicht nicht wollte oder brauchte.
Als Pol ihm antwortete, ging es jedoch um die Beziehung zwischen Eltern und Kindern, nicht zwischen Eheleuten. »Als ich klein war, habe ich alles Mögliche angestellt, um dich und Mutter von eurer Arbeit fortzulocken …«
»Glaubst du, ich erinnere mich nicht daran?« Rohan schmunzelte. »Nachdem du nach Graypearl gezogen warst, haben wir plötzlich die Arbeit einer ganzen Saison an einem einzigen Tag erledigt. Und dann saßen wir da, starrten uns an und verfluchten die Stille.«
Pol lächelte. »Ich schätze, ich habe ziemlich viel Aufmerksamkeit verlangt. Und ihr habt sie mir immer gegeben. Aber wenn du mit Mutter in eurem Arbeitszimmer verschwunden warst, dann wollte ich auch dort sein. Ihr solltet mit mir so sprechen wie mit jedem anderen. Über wichtige Dinge. Oh, ich war viel zu jung, um irgendetwas davon zu verstehen, aber trotzdem. Verstehst du, was ich meine?«
»Mein Vater hat mich in Seide gewickelt bis ich achtzehn Jahre alt war. Ich verstehe dich, Pol. Wenn man in der Nähe von mächtigen Menschen aufwächst, dann ist es nur natürlich, dass man daran teilhaben will. Erst wenn man älter wird, versteht man, welche Verantwortung das alles mit sich bringt.«
»Andry würde sagen, das alles sei die Gabe der Göttin. Er scheint zu glauben, das würde alle Veränderungen rechtfertigen, die er vorgenommen hat.«
Rohan zuckte mit den Schultern. »Ich glaube kaum, dass ich die Meinung der Göttin dazu kenne.«
»Frag Andry. Er scheint neuerdings ihr Ohr zu besitzen.«
»Der Glaube wird weniger persönlich und dafür öffentlicher, nicht wahr? Er wird zur Schau getragen, würde Barig sagen. Wenn Andry seinen Willen bekommt, dann wird sich die sanfte und sehr angenehme Beziehung ändern, die wir zu der Dame haben. Ich finde das traurig, Pol.«
»Diese langen Reden von Andry beunruhigen mich. Es ist fast so, als würde er seine eigene Bedeutung hervorheben, indem er den Namen der Göttin betont. Als hätte er eine besondere Beziehung zu ihr.«
»Und darüber vermittelt er den Eindruck größerer Macht, als er sie tatsächlich besitzt?«, fragte Rohan achselzuckend. »Vielleicht ist Kraft eine Rechtfertigung genug für den Einsatz von Macht. Warum soll man sie schließlich nicht benutzen, wenn man sie hat?« Er freute sich darüber, dass Pol das Gesicht verzog.
»Wenn das so ist, möge die Göttin uns gnädig sein.«
»Da gebe ich dir Recht.« Rohan reckte die verspannten Schultern und seufzte. »Inzwischen erwartet man von mir Macht. Ich glaube, diesmal werde ich niemanden enttäuschen. Nicht
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