Sternenlaeufer
darauf kommt es an, weißt du«, fügte er reumütig hinzu. »Das Skriptorium in Neu-Raetia ist ein gutes Beispiel. Ich habe mit mehreren Prinzen Verträge abgeschlossen, was die Ausstattung betrifft – Häute für die Pergamente und Einbände, Tinte und so weiter –, aber ich habe jedem Prinzen befohlen, Kopisten zur Verfügung zu stellen. Es war die einzige Möglichkeit, die Bücher schnell zu kopieren. Ich habe den Reichtum der Wüste verwendet, um die Materialien zu kaufen, aber ich konnte nicht die Menschen kaufen. Also machte ich daraus einen Befehl des Hoheprinzen. Und niemand hat es gutgeheißen, selbst als die künftigen Vorteile offensichtlich hätten sein müssen.«
»Aber inzwischen arbeiten alle zusammen an dem, was ihnen die Bibliothek an Gutem bringt. Dasselbe wird mit der Schule für Ärzte passieren.«
»Ich hoffe es. Trotzdem bleibt es mein Entschluss, verstehst du. Ich nutze meine Macht. Mein Name wird mit all dem in Verbindung gebracht.«
»Vielleicht brauchen alle eine Weile, bis sie verstehen, aber …«
»Oh, das dauert immer mehr als ein Weilchen. Ich habe mir niemals vorgemacht, ich könnte das alles in meinem Leben vollenden. Vor allem, was die Gesetze angeht. Wie soll man denn ein solches Durcheinander in nur dreißig Jahren berichtigen? Ich hätte Beschlüsse erlassen und dafür sorgen können, dass sich die Prinzen meiner Autorität beugen. Aber ich glaube, ich hätte nicht lange durchgehalten, wenn ich das versucht hätte. Nicht einmal Roelstra hat versucht, alle Prinzentümer durch Dekrete zu beherrschen.
Fast alles, was ich getan habe, geschah auf einem Rialla. Das war langsam genug, dass niemand zu nervös wurde. Ich lasse sie einen Streit untereinander aushandeln, und meistens endet es damit, dass sie mir zustimmen. Wenn nicht, dann stimmt für gewöhnlich etwas mit meiner Begründung nicht, und ich muss meine Position neu überdenken. So oft wie möglich habe ich sie glauben lassen, das Ganze wäre ihre Idee gewesen. Aber ich bin noch immer Hoheprinz. Ich bin es, dessen Name auf dem Pergament ganz oben steht.«
»Du bist stolz darauf, Vater, versuch nicht, mich zu täuschen«, meinte Pol lächelnd.
»Natürlich! Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass es immer noch so manchen gibt, der das nicht sieht. Ganz gleich, welche Vorteile aus diesen Gesetzen entstehen, gleichgültig, wie sorgfältig ich darauf achte, dass die anderen Prinzen in den Prozess mit einbezogen werden, irgendjemand ist immer der Meinung, ich würde nur mit der Hand winken und sagen ›So soll es sein, weil wir es so befehlen!‹« Rohan lachte kurz. »Gütige Göttin, wenn es doch nur so einfach wäre!«
»Du gehst vorsichtiger mit ihren Gefühlen um als sie mit deinen. Das ist nicht fair. Du hast fast immer Recht.«
»Aha, du hast also genug Erfahrung zu erkennen, wo ich Fehler gemacht habe – und bist unverschämt genug, es mir ins Gesicht zu sagen!« Er lachte, aber diesmal klang es viel fröhlicher.
»Oh, viele hat es nicht gegeben«, beruhigte Pol ihn grinsend. »Aber gerade das schüchtert einen auch ein, weißt du. Und es ist auch ein Grund, warum ich nichts dagegen hätte, wenn du ewig leben würdest. Es wird schwer werden, dein Nachfolger zu sein.«
»Hab ich dir eigentlich schon einmal erzählt, dass ich dasselbe Gefühl bei meinem Vater hatte?«
»Aber ihr beide seid so verschieden gewesen. Du hast immer gewusst, dass du nicht die Art Prinz sein konntest, die er gewesen ist, also hast du nie versucht, so zu werden wie er. Ich habe immer gewusst, dass mein höchstes Ziel sein muss, so zu sein wie du.«
Rohan fühlte sich auf absurde Weise geschmeichelt. »Fang einfach nie an zu glauben, dass du immer Recht hast, Pol. Ich hatte es auch nicht. Das hast du mir ja gerade erklärt! Und du wirst es auch nicht haben. Hör auf die anderen Prinzen. Erkenne ihre Vorurteile und sieh, wo ihre Eigeninteressen liegen. Beherrsche sie nicht, sondern leite sie. Wenn du ein Problem nicht auf eine Art vorbringen kannst, die sie wirklich befriedigt, dann handelst du wahrscheinlich vorwiegend zu deinen eigenen Gunsten. Und das riechen sie so schnell wie ein hungriger Drache frisches Wild.«
Rohan rutschte auf seinem Stuhl hin und her und zog die Stirn kraus. »Übrigens ist etwas geschehen, was ich nie beabsichtigt hatte. Roelstra strahlte durch seine Persönlichkeit Macht aus und verstand die Kunst des gut eingefädelten Kampfes, den nur der Hoheprinz schlichten konnte. Er machte sich nicht viel aus
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