Sternenlaeufer
einmal dich«, fügte er hinzu.
Pol räusperte sich. »Ich weiß, ich habe in letzter Zeit ein paar raue Dinge gesagt. Ich verstehe, warum du wartest, Vater. Aber ich habe einfach noch nicht deine Geduld.«
»Ich habe eine harte Schule hinter mir. Deine Mutter und ich, wir haben beide versucht, es für dich ein wenig leichter zu machen, ohne die wichtigsten Lektionen auszulassen. Und das ist eine. Nur wenige Menschen verstehen wirklich, dass ich mir selbst Grenzen setze.«
»Meine eigenen Grenzen, die sind es ja gerade, worüber ich mir klar werden möchte«, erklärte Pol ernst. »Ich wollte mit dir über … nun ja, ich glaube nicht, dass du es billigen wirst, aber …«
Er brach ab, als sie Arlis’ Stimme voller Erregung auf der anderen Seite der Tür vernahmen. »Es tut mir leid, Herr, aber das ist unmöglich. Hoheit sind …«
»Es ist mir verdammt egal, selbst wenn er gerade seine Frau liebt!«, brüllte Barig. Die Tür wurde aufgerissen. Arlis versuchte, dem wütenden Giladaner den Weg zu versperren, und stammelte: »Verzeiht, Hoheit, aber …«
»Wisst Ihr, was geschehen ist?« Barig schwenkte ein Pergament, von dem ein Band und ein gebrochenes Siegel baumelten. »Nun?«
»Erst, wenn Ihr es uns mitteilt, Herr«, erwiderte Rohan. »Bitte, beruhigt Euch, und erzählt uns, welche Nachrichten Prinz Cabar gesandt hat.« Das rosa Band war Gilads Farbe ebenso wie die charakteristische Grautönung des Pergaments.
»Sie ist tot! Diese dumme Frau ist tot!«
Pol hielt den Atem an. »Die Lichtläuferin?«
»Wer sonst?« Barig schüttelte das Pergament. »Euretwegen wurde ihr der Aufenthalt in der Sonne gestattet, täglich um Mittag ein Spaziergang, und nach allem, was ich weiß, hat sie den genutzt, um sich mit anderen Lichtläufern in Verbindung zu setzen. Dann gab sie eines Mittags vor, krank zu sein, und verschob ihren Spaziergang einige Stunden. Als sie dann in der Dämmerung hinausging …«
»O Göttin, nein«, seufzte Rohan. »Der Schattentod. Absichtlich.«
»Ja, absichtlich! Sie hat zwei Tage gebraucht, bis sie starb. Der Lichtläufer Seiner Hoheit hat versucht, sie am Leben zu erhalten, aber es war hoffnungslos. Und ich weiß, wer daran Schuld hat! Er wird niemals zugeben, dass er ihr diesen Tod befohlen hat, aber er ist des Mordes ebenso schuldig, wie sie es war!«
»Lord Barig!« Rohans Stimme war scharf wie ein Peitschenknall, und unter diesem Ton waren schon stärkere Männer als dieser zusammengezuckt. »Wir haben nicht den Wunsch, Beschuldigungen anzuhören.« Rohan erhob sich und streckte eine Hand nach dem Brief aus. Lord Barig überreichte ihn ungeschickt. Während er ihn schnell überflog, fühlte Rohan, wie sich die Muskeln in seinem Nacken und seinen Schultern verspannten, so groß war seine unterdrückte Wut. »Wir teilen Prinz Cabars Schock. Aber sein Verdacht empört uns. Informiert ihn davon, wenn Ihr dieses Schreiben beantwortet.« Er ließ das Pergament auf den Teppich fallen, als wäre es nicht gut genug, dass er es weiter in Händen hielt. »Arlis, sei so gut, suche Lord Andry, und bring ihn zu uns.«
»Sofort, Hoheit.« Nach einem warnenden Blick auf den Giladaner zog sich der Knappe unter Verbeugungen zurück.
Barig hatte seine Haltung zum Teil wiedergefunden, und aus seinen Worten sprach so viel Sarkasmus, wie er dem Hoheprinzen gegenüber einzusetzen wagte. »Das ändert nichts. Die Schuld ist noch immer da, und auch der Anspruch der Familie von Meister Thacri auf Entschädigung.«
»Versteht Ihr denn nicht, was diese Frau sich selbst angetan hat?«, rief Pol aus. »Sie hat genau die Kunst genutzt, die ihr Leben war, um ihrem Leben ein Ende zu machen.«
»Ein unglückliches Ende, Hoheit. Aber selbst gewählt.«
»Und doch habt Ihr gerade erst jemanden beschuldigt, dass er es ihr befohlen habe«, fuhr Pol ihn an. »Entscheidet Euch, Barig. Nennt den Sündenbock beim Namen, wenn Ihr das wagt!«
»Seine Hoheit, mein Vetter, hat nicht von mir verlangt, mich beleidigen zu lassen von …«
»… dem künftigen Hoheprinzen«, erklärte Rohan deutlich. »Wir schlagen vor, dass Ihr Eure Worte und Eure Haltung sorgfältiger wählt, mein Herr. Es wäre unglücklich, wenn Prinz Cabar dafür zur Verantwortung gezogen werden müsste.«
Barig wusste, wann er geschlagen war. Er vollführte eine krampfhafte Verbeugung in Pols Richtung und eine tiefere vor Rohan. »Habe ich die Erlaubnis Eurer Hoheit, mich zurückzuziehen?«
»Gewährt.« Rohan wartete nur, bis sich die Tür
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