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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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er es mit den Fingern berührte, würde der Schmerz sich ausbreiten. Und wenn der Eiter sein Auge getroffen hätte …
    Pol war verzweifelt bemüht, den klaffenden Kiefern zu entgehen, die real sein konnten oder auch nicht. Er zog ein Messer aus dem Stiefel, um den klebrigen Schleim abzukratzen. Er wünschte, er könnte die Klinge in Ruvals Herz schleudern, aber Regeln waren Regeln, und wenn er sie brach, wäre seine Ehre verwirkt. Es war vielleicht dumm und möglicherweise selbstmörderisch, derartige Skrupel zu haben, aber er konnte nicht anders.
    Er setzte das Messer wie eine Rasierklinge an seiner Wange an und reinigte die Haut. Er stöhnte, als frisches Feuer brannte, als das Gift sich mit seinem Blut vermischte. Es fühlte sich an, als hätten Haut und Fleisch schwarze Blasen geworfen und wären bis auf die Knochen abgeschält. Der Schmerz machte ihn halb blind, und er machte sich Luft in einem Schrei reinster Wut über Mirevas Verrat. Das Messer ruhte mit tödlicher Vertrautheit in seiner Faust. Aber er konnte es nicht benutzen. Rohan und Sioned und Lleyn und Chadric und Audrite und alle anderen, die dabei geholfen hatten, ihn zu erziehen, sie alle hatten zu gute Arbeit geleistet. Der Enkel von Roelstra hätte das Messer geschleudert; der Sohn von Rohan und Sioned konnte das nicht.
    Aber nichts hinderte ihn daran, das Zeug zu verwenden, das an der Klinge klebte. Das grässliche Ungeheuer ragte vor ihm auf und lechzte nach seinem Blut. Pol holte tief Luft, sagte sich noch einmal ohne irgendwelche Beweise, dass das einzige Echte an dem Ungeheuer der giftige Schleim war, und marschierte direkt durch den illusorischen Körper auf Ruval zu. So schnell er konnte. Er war sorgfältig bemüht, den Schleim nicht zu berühren, und schleuderte ihn dann auf seinen Erzeuger.
    Ruval wich ihm voller Entsetzen im Blick aus. Er war so verzweifelt bemüht, dem gelben Schlamm aus dem Weg zu gehen, dass er sein Gleichgewicht verlor und in den Sand stürzte. Pol schleuderte das Messer fort und nutzte den Augenblick der Panik, um wieder zu Atem zu kommen. Seine Wange brannte noch immer, aber es war jetzt keine schwärende Wunde mehr.
    »Gib auf«, keuchte er. »Dein Bestes hat versagt.«
    »Bestes? Das war nichts!«
    Reine Schauspielerei. »Gib auf!«, schrie Pol wütend. »Ich will dich nicht töten, verdammt! Gib auf! Die Prinzenmark gehört mir! Die Wüste gehört mir durch einen Vertrag, der schon gemacht wurde, ehe wir geboren waren!«
    »›Solange der Sand Feuer hervorbringt‹«, zitierte Ruval spöttisch. »Weder sehe ich hier Feuer, Prinzchen, noch wird irgendwer es jemals tun!«
    »Nein?«, fragte Pol sanft. Und er lächelte, denn er wusste plötzlich, was getan werden musste. Jede Bewegung seiner Gesichtsmuskeln brachte wieder Schmerzen in üblen Wellen. Aber er weigerte sich, sie zu fühlen. Er wurde müde. Es wurde schwerer, sich zu konzentrieren, schwerer, genug Kraft zu sammeln. Langsam hob er beide Arme. Seinen Halbbruder ließ er dabei nie aus den Augen. Sternenlicht fiel in den Ring mit Topas und Amethyst und brach sich in dem Mondstein, der einst Andrade gehört hatte. Die Arme gestreckt, die Finger gespreizt, stand Pol ganz still da. Seine Hände wurden langsam zu Fäusten. Er rief, und das Feuer kam.
    Es flammte im Gras und in den Blumen auf, die von der heißen Frühlingssonne getrocknet waren. Es füllte den Eingang der Schlucht aus, sprang an dem Wachturm aus Sandstein empor und breitete sich über die Dünen hin. Das Meer von Sand wurde zu einem Meer aus Lichtläuferfeuer, bis es schien, als würde der Sand selbst brennen.
    Ruval beschwor Luft, um die Flammen gegen Pol zu richten. Aber dadurch wurden sie nur höher. So groß war Pols Kontrolle, so sicher war seine Macht, dass es schien, als glühe er in der gefährlichen Helligkeit.
    »Illusion!«, bellte Ruval. »Unwirklich!«
    Pol lachte. »Tritt in die Flammen und sieh selbst.«
    »Du wirst durch dein eigenes Feuer sterben, Lichtläufer!« Ruval stürzte sich auf Pol. Dieser unmittelbare Angriff kam so unerwartet, dass Pol mit Ruval zu Boden ging. Er spürte, dass seine Knie unter dem unglücklichen Sturz fast brachen. Eine lange Flamme züngelte in der Nähe hoch und leckte an einem graugrünen Kaktus. Nah genug, um die beiden Männer zu versengen, die im Sand miteinander rangen. Pol fühlte, wie sich beringte Finger um seinen Hals legten und ihm kostbaren Atem raubten. Ihm wurde schwarz vor Augen. Er riss an Ruvals Händen, ging dann ein schreckliches

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