Sternenlaeufer
die Farbe des Körpers dunkel und nicht zu erkennen, aber die Unterschwingen rotgolden schimmernd im Licht der Flammen. Ein Altdrache, der vom Veresch herabkam, um sich zu paaren. Er war riesig und prachtvoll und tosend in seiner Wut – und er flog über dem feurigen Sand direkt auf sie zu.
Ein weiterer Schrei ging im Wiehern der von Panik erfüllten Pferde nahezu unter. Sie waren schon unruhig geworden, als das Feuer ausbrach. Aber Drachen waren noch einmal etwas anderes. Hufgetrappel verkündete ihre überstürzte Flucht. Pol konnte sich nicht von dem Drachen abwenden. Als wären die Legenden wahr geworden, hatten ihn diese Augen aus der Ferne durchbohrt und hatten ihn unbeweglich gemacht.
Ein Prickeln am Rand seiner Sinne warnte ihn, doch zu spät. Ruval hatte sich an die Arbeit mit dem Altdrachen gemacht. Pol fluchte, als er aus seiner Faszination gerissen wurde. Er webte seine eigenen Farben in das Licht hinein, das aus Himmel und Sand barst.
Der Wind, in dem die Kreatur vorüberrauschte, brachte einen heißen Strom vom Canyonfeuer mit sich. Aber die Krallen verfehlten ihn. Er mühte sich auf sein gesundes Knie hoch und blickte verblüfft himmelwärts. Er atmete schwer. Kein Drache war so plump dabei, wenn er eine Beute packte – und kein Drache hätte je versucht, einen Mann zu erbeuten. So wenig perfekt er auch war, so war Ruval offenbar im Besitz dieses Drachen und konnte seinen Flug kontrollieren.
Und das machte Pol so wütend, dass die feuergoldene Nacht um ihn her sich in das Karmesin von Blut verwandelte.
Der Drache schrie auf, und seine Krallen hieben in den Wind, als er zu fliehen versuchte. Er breitete die Schwingen aus, faltete sie wieder und schlug sie in verzweifeltem, trunkenem Rhythmus, als er versuchte, Entfernung zwischen sie zu bringen. Aber er kam nicht frei. Stockend, bezwungen, rauschte er erneut über die Flammen, die seinen Bauch verbrannten, und stürzte sich kreischend auf Pol.
Pol hatte nicht einmal Angst. Dafür war er zu wütend. Er spürte auch die Qual seiner Wunden nicht mehr. Wenn Ruval einem Drachen dies antun konnte, dann konnte er es auch. Er hatte schon früher die Farben eines Drachen berührt. Er wusste, wie sich der feurige Geist dieser Tiere anfühlte. Er befehligte seine Kraft und seine Wut, die ihn leicht zum Krüppel hätte machen können. Damit holte er aus und wandte sie gegen den Altdrachen, der ihn erneut verfehlt hatte, jetzt auf zornigen Schwingen emporstieg und seine Wut den Sternen entgegenschleuderte. Es war, als würde er die Verbindung herstellen, die es ihm ermöglichte, mit anderen Lichtläufern zu sprechen, nur war da nichts Zartes oder Präzises an der Art, wie sein Geist mit Ruvals und dem des Drachen zusammenprallte. Es war fraglich, wer von den dreien am wütendsten war: Ruval über Pols Überleben nach dem ersten Angriff, Pol, weil Ruval den Drachen benutzte, oder der Drache selbst, weil diese beiden Wesen darum kämpften, ihn zu beherrschen.
Schattierungen, die niemand jemals benannt oder auch nur gesehen hatte, wirbelten in einer Explosion von Farbe, die die Lichtläufer in der Nähe aufschreien ließen. Pol gab nicht auf. Er kämpfte mit Ruval um den Drachen, als wäre auch er ein Teil des Siegerpreises. Aber als sie kämpften, verlor Ruval die Kontrolle über seinen Gestaltwechsel. Pols gestohlene Züge verblassten und enthüllten seine eigenen.
Und plötzlich, als er sich wieder dem wahren Ruval und nicht sich selbst gegenübersah, erkannte Pol, dass dies alles falsch war. Er vergaß alles, was ihn das väterliche Beispiel kluger Geduld gelehrt hatte. Er bekämpfte den Feind mit den eigenen Mitteln. Er wurde jetzt wirklich zu seinem Feind, denn er benutzte die Macht um ihrer selbst willen. Und was das Schlimmste war, er benutzte den Drachen als sein Werkzeug.
Das Tier schrie wieder und kreiste über der brennenden Wüste, als hätte es seine Schwingen nicht völlig in der Gewalt. Die Nacht wirbelte in widerstreitenden, brennenden Farben, als kämpften da drei feurige Wirbelwinde über den Dünen und erfüllten den Rivenrock mit unerträglichem Licht. Zwei von ihnen waren beinahe miteinander verschmolzen und zu einer geworden. Pol hielt sich immer noch abseits, und er wusste, dass er nahe daran war, diesen Kampf um den Besitz des Drachen zu verlieren.
Ruval hungerte nach Besitz – nach Land, Reichtum, Macht. Alles war für ihn nie genug; für einen Mann wie ihn gab es so etwas wie »alles« nicht. Es gab nur »mehr«. Er war nicht
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