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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Risiko ein und rollte sie beide auf die Flammen zu.
    Mit einem Schmerzensschrei kroch Ruval fort. Er grub den rechten Arm in den Sand, um die Flammen zu ersticken, die an seinem Hemd züngelten. Pol versuchte, wieder auf die Füße zu kommen, aber seine Knie gaben nach, und wieder stürzte er. Sie waren gefangen auf einem winzigen Stück Sand und Fels, während das Inferno um sie tobte.
    Pol riss sich das Hemd vom Körper und wickelte es fest um sein Knie. Er hoffte, es würde als Stütze ausreichen. Schwankend kam er auf dem gesunden Knie hoch und funkelte Ruval an. »Illusion?«, spottete er, doch die geschundenen Halsmuskeln ließen nur ein Krächzen aus seiner Kehle. Er sammelte sich, um den Schock ausnutzen zu können, den er dem anderen bereiten würde, und zwang ein Lächeln auf seine Lippen. »Würdest du deinen eigenen Bruder töten?«
    Die Flammen tauchten Ruvals Gesicht, das plötzlich weiß war, in Rot und Gold.
    »Meine Brüder sind tot!«
    »Was, keine liebevolle Begrüßung? Ich habe deutlich gehört, wie du Rache an der Höchsten Prinzessin geschworen hast, weil sie den Tod deines jüngsten Bruders befahl. Das schmerzt, Ruval. Ich bin zutiefst getroffen.« Er rief sich die Worte der Sternenrolle in Erinnerung. Sie waren sehr einfach, wirklich, wenn man nicht darüber nachdachte, was sie nahelegten, wenn man sich nicht über richtig oder falsch und über Gerechtigkeit Gedanken machte. Macht war dazu da, genutzt zu werden; warum sonst sollte man sie besitzen? Die Politik seines Vaters, nur dann zu handeln, wenn es erforderlich war, bedeutete Verschwendung all seiner Möglichkeiten. Andererseits hatte Rohan diese Art von Macht niemals erfahren. »Ich bin Ianthes letztgeborener Sohn, Ruval. Lichtläufer und Diarmadh’im. Wie sonst wäre ich fähig, so etwas zu tun?«
    Das Feuer, das er diesmal anrief, kam von den Sternen und fegte kalt und weiß in den Rivenrock Canyon hinab. Es hüllte seinen eigenen Körper in strahlendes Silber. Und schlug Ruval in einem leuchtenden Blitz nieder.
    Was er entfacht hatte, erregte und erschreckte ihn selbst. Wie Macht es tun sollte, dachte er entfernt. In atemloser Faszination und gefangen zwischen Triumph und Furcht, zwischen der prasselnden Hitze aus Lichtläuferfeuer und dem kalten, silbrigen Schweigen der Flammen, die er von den Sternen herabgerufen hatte, so sah er zu. Nachdem er die Flammen in der Wüste entzündet hatte, musste er jetzt nicht daran arbeiten, sie zu erhalten, wie es bei seiner Drachenillusion der Fall gewesen war. Aber ebenso wenig erforderte der Zauber Nachdenken. Beides kam ganz von allein. Es brachte Zerstörung durch zwei einander entgegengesetzte Kräfte, die sich in ihm trafen und miteinander verschmolzen. Macht pochte in ihm, und die Angst vor der Macht, weil er nicht wusste, welche Art und welche Quelle von Macht er am meisten fürchtete.
    Ruval wand sich auf dem felsigen Boden. Seine Schreie wollten Pols Schädel sprengen. »Würdest du deinen eigenen Bruder töten?« Pol konnte es tun; er musste das Sternenfeuer nur ein wenig fester um Ruval winden, und der Mann würde sterben. Er würde nicht einmal den Lichtläufer-Eid brechen, nie mit Hilfe seiner Gaben zu töten, obwohl er ihn ja nie abgelegt hatte. Denn es war keine Faradhi -Gabe, die er benutzte. »Würdest du deinen eigenen Bruder töten?«
    Der Enkel von Roelstra hätte es getan. Der Sohn von Rohan und Sioned konnte es nicht.
    Pol ließ den Zauber der Sternenrolle vergehen. Er fühlte sich nicht gut oder edel oder rechtschaffen. Er fühlte sich einfach nur leer und entsetzlich müde. Und ein wenig als ein Narr, weil er seine Skrupel nicht überwunden und Ruval auf der Stelle getötet hatte. Er rieb sein verwundetes Knie und wartete ab, während Ruval nach Atem rang. Als in den Augen des Mannes wieder Vernunft zu sehen war, sagte Pol nur: »Gib auf.«
    Furcht und Wut kämpften in Ruvals Blick miteinander. Dann ließ er den Kopf hängen. »Hilf mir«, flüsterte er.
    Pol schnaubte. »Ich schenke dir vielleicht dein Leben. Aber Vertrauen? Steh allein auf oder bleib dort. Mich kümmert es nicht.«
    »Weißt du denn nicht, was dieser Zauber Diarmadh’im antut? Ich kann meine Beine nicht fühlen, verdammt! Sieh dir das Feuer an! Wenn wir uns nicht rühren, werden wir verbrennen! Hilf mir hoch!«
    »Tu es allein oder überhaupt nicht«, erwiderte Pol störrisch.
    Ruval versuchte es, aber er fiel vornüber in den Sand. Pol fluchte und näherte sich vorsichtig. Sein Knie stach bei jedem

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