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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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seines Bruders zu lesen, dass er eine Weile nichts anderes sah. Hollis ergriff seinen Arm und flüsterte seinen Namen. Vor ihnen auf der Treppe lag eine schlaffe, dunkle Gestalt. Mireva. Tot.
    Rohan stieg ab und ging langsam zu dem Leichnam hinüber. Mit der Stiefelspitze tippte er den Rücken an. Als er sich umdrehte, um Pol mit einem Blick herbeizurufen, hatte Maarken den Eindruck, dass die Knochen seines Onkels zu Stahl, sein Fleisch zu Stein geworden war.
    Pol starrte in Mirevas tote Augen. Dann wich er einen oder zwei Schritte zurück und rief mit einer knappen Geste Feuer herbei.
    Eine Weile standen alle dort und beobachteten die Flammen. Rohan war der Erste, der die Stufen emporging und sein Schloss betrat. Die anderen folgten. Der Leichnam der Zauberin blieb zurück, um in aller Stille zu verbrennen.

Kapitel 30
    Prinzenmark: Herbst
    Die Meere schäumten blutrot, der Flutstrom war dick von aufgedunsenen Körpern, und jede Welle spülte noch einen weiteren Toten vom Ufer mit sich fort. Das Schloss stand in Flammen. Als die Nacht anbrach, kündeten die brennenden Steine, die einst Burg Radzyn gewesen waren, in einem Umkreis von einhundert Längen von diesem Gemetzel. Vielleicht konnte das Feuer über das Meer bis hin nach Graypearl gesehen werden.
    Vielleicht brannte Graypearl auch.
    Die Sieger zogen ihre eigenen Toten aus den Wogen – große, breitschultrige, dunkle Männer, die selbst im Tod noch stark und feurig aussahen. Die Leichen wurden behutsam neben ein merkwürdiges, flaches Schiff gelegt, entkleidet, gewaschen und mit Ölen aus Kupferflaschen einbalsamiert. Goldperlen, die in die langen Bärte geflochten waren, wurden einzeln poliert, und weitere als Zeugnis für diese Schlacht hinzugefügt. Einige der Toten aus Schloss und Hafen wurden dem Meer übergeben – als Geste der Sieger an die Entschwundenen. Es waren schließlich Hunderte.
    Die Pferde, die bei der wilden Flucht in Radzyn zurückgeblieben waren, waren zwar nicht die besten, aber sie waren immer noch besser als alle, die den Eindringlingen gehörten. Deren Sättel und Zaumzeug waren mit Silber besetzt und mit dünnen, flatternden Streifen aus gehämmertem Zinn geschmückt; das konnte jedoch die Schwerfälligkeit dieser dickfelligen, kurzbeinigen Rasse und die Tatsache, dass sie für den Weiten Sand völlig ungeeignet waren, nicht verbergen. Deshalb also hatten sie gerade Radzyn angegriffen, dachte er. Kummer bohrte sich in sein Herz, als er sah, wie das Zaumzeug den geliebten Pferden seines Vaters angelegt wurde. Wenigstens waren die besten, kräftigsten Tiere freigelassen und in die Wüste getrieben worden, wo sie später wieder eingefangen werden konnten. Aber es schmerzte noch mehr, als er sah, wie Fohlen niedergemetzelt wurden, damit die Stuten nicht durch sie behindert wurden.
    Gefangene wurden in Ketten gelegt und auf das Totenschiff gebracht. Man hatte kein Interesse daran, sie zu befragen; sie wurden an Bord gestoßen und gezwungen, dort niederzuknien. Dann wurden die Toten ehrfürchtig ausgerichtet, alle mit dem Kopf dem Meer zugewandt. Fackeln wurden entzündet und an Bord geschleudert. Als das Öl auf dem nackten Fleisch Feuer fing, konnte er in dessen Schein sehen, wie goldgeschmückte Bärte verglühten und in den wenigen Augenblicken, ehe die Flammen das Fleisch verkohlten, rituelle Narben an jedem vorspringenden Kinn enthüllten, das jetzt im Tod schlaff war.
    Die kräftigsten der Krieger schoben mit ihren Schultern das Schiff hinaus, damit es vom Ebbstrom mitgenommen wurde. Dann standen alle am Ufer und sahen den Flammen zu. Er wusste, dass die Gefangenen, die Opfer, schrien. Er konnte ihre aufgerissenen Münder sehen und das Anschwellen und Einsinken von Brüsten, die um Luft rangen, damit sie schreien konnten. Aber er konnte sie nicht hören.
    Der Hafen brannte ebenfalls. Drei große Flammenmeere, das Schloss, die Stadt und das Totenschiff, das aufs Meer hinaustrieb, erhellten die Dämmerung und rangen mit dem Sonnenuntergang. Ja, sie würden das Glühen bis nach Graypearl hinüber sehen. Wenn es in Graypearl noch jemanden gab, der es sehen konnte.
    Radzyns Tote wurden am Ufer liegen gelassen. Er erkannte einige von ihnen. Einen Augenblick lang setzte sein Herz aus, als er glaubte, das Gesicht seines ältesten Bruders zu sehen, Augen, die blicklos gen Himmel starrten. Aber es war nicht Maarken. Die blauen Augen gehörten Sorin. Und erst jetzt begriff er, dass dies nur ein Traum war. Sorin war in der Nähe von Elktrap

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