Sternenlaeufer
erlaubt, beim Bankett des Letzten Tages neben ihr zu präsidieren, und dann wurde der Umzug nach Drachenruh offiziell verkündet. Wenn Blicke töten könnten …« Achselzuckend brach er ab.
»Waes das Rialla zu entziehen war möglicherweise nicht das Klügste«, gab Urival zu bedenken. »Aber ich sehe die Notwendigkeit. Es bringt die Prinzen einmal alle drei Jahre zu Pol, und es macht Eindruck. Aber sei dem, wie es wolle, wir brauchen mehr als das, seinen Status als Erbe und den Titel der Prinzenmark, um Andrades Plan zu erfüllen.«
»Und darum geht es letzten Endes für dich, nicht wahr?«, erkundigte sich Rohan leise. »Sie hat Andry zu ihrem Nachfolger ernannt, weil sie niemanden sonst wählen konnte – und genauso war sie gezwungen, Pol als ihren Faradhi -Prinzen zu akzeptieren.«
Der alte Lichtläufer erhob sich und sagte würdevoll: »Eure eigenen Pläne verbinden sich mit den ihren, Hoheprinz.«
»Nicht unbedingt.«
»Dass Ihr Euch selbst belügt, zählte nie zu Euren Schwächen.«
»Ich habe andere, die interessanter sind«, erklärte Rohan glatt, »aber jetzt ist kaum der rechte Zeitpunkt, um darüber zu sprechen. Ich sage dir jetzt: Was Pol lernt, wird er so einsetzen, wie er es für richtig hält. Lichtläuferkünste oder Zauberei, weder ihr noch die Erinnerung an Andrade noch irgendetwas sonst wird ihn beherrschen, wenn es um ihre Verwendung geht.«
»Genau wie Andry«, fuhr Urival ihn an.
»Mit einem kleinen Unterschied.« Rohan schenkte dem alten Mann ein knappes Lächeln. »Du vertraust Pol.«
Kapitel 5
725: Drachenruh
Die Rosen hatten den Erwartungen nicht entsprochen. Alles und jedes andere ja, aber nicht die Rosen bei diesem ersten Rialla im neuen Palast. Pol war voller Zorn. Wie konnten Blumen es auch wagen, nicht genau dann und so zu blühen, wann und wie er es wünschte?, fragte sich Sionell spöttisch, als sie durch den Garten schritt. Herrscher der Prinzenmark, Erbe des Hoheprinzen, Lichtläufer – und alle Pläne durchkreuzt von unkooperativen Rosen. Geschieht ihm recht – arrogantes Schwein.
Als sie einen kleinen Hügel am Rande des Gartens erreicht hatte, setzte sie sich mit dem Rücken zu einem jungen Baum und fing an, die Blätter eines unschuldigen Busches zu attackieren. Er musste ohnehin gestutzt werden, dachte sie – genau wie Pols Überheblichkeit. Gerade zum Ritter geschlagen, überschüttet mit Komplimenten über die Schönheit der Prinzenhalle – und hüfthoch watend in hübschen Mädchen –, hatte er ein anregendes Rialla verbracht. Einfach reizend.
In den vergangenen zwanzig Tagen hatte sie ihn mindestens einmal täglich gesehen. Er verströmte Selbstvertrauen, obwohl dies sein erstes Jahr als herrschender Prinz war, mischte sich unter seine edlen Gäste oder marschierte zielbewusst zu jedem weiteren Treffen (wo er zweifellos brillant, taktvoll und klug auftrat, sagte sie sich höhnisch). Die Verkörperung der Perfektion, das war Pol von der Prinzenmark für jedermann.
Und zur Begrüßung seiner Eltern war er gar auf dem Rücken einer Kuh geritten!
Sionell spürte, wie sich ihr Mund ihrer Laune widersetzte, und ihre Mundwinkel zuckten, als sie daran dachte, wie sie ihn nach sechs Jahren zum ersten Mal wiedergesehen hatte. Jegliche romantische Vorstellung davon, wie er auf einem goldenen Pferd in ihr Leben zurückgeritten kommen würde (oder genauer gesagt, sie in seines, durch die schmale Schlucht, die das Tal von Drachenruh schützte), war zusammengestürzt wie ein altes Gemäuer. Rohan hatte erstaunt geblinzelt, Sioned hatte geseufzt und die Augen zum Himmel verdreht, und Pol hatte unschuldig gelächelt.
»Ihr habt mich beim Üben erwischt! Sie ist in der Tat recht bequem, wenn man erst einmal richtig sitzt. Vielleicht mache ich daraus eine neue Mode. Nein, wirklich, ich versuche sie zu lehren, so zu gehen, dass sie die Ernte nicht zertrampelt. Wohin sie auch geht, immer folgen ihr die anderen. Ich dachte, wenn wir sie in die richtige Richtung lenken, müssten wir nicht alle paar Tage neu pflanzen.«
Chay schnaubte. »Letztes Jahr habe ich dir einen meiner besten Hengste und drei meiner besten Stuten gegeben, und du kommst zu unserer Begrüßung auf einer Kuh angeritten!«
»›Gegeben‹?« Pol lachte. »Verkauft!«
Sioneds Augen hefteten sich auf ihren Sohn. »Wo sind diese prachtvollen Zimmer, die du uns versprochen hast?«
Er deutete auf ein Gewirr aus Kaminen und Trägern. »Siehst du das?«
Rohan kniff die Augen zusammen und blickte durch das
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