Sternenlaeufer
seinen Fingern funkelten keine Faradhi -Ringe. Noch hatte Lord Andry sie ihm nicht angeboten. Nur der Mondstein, der einst Lady Andrade gehört hatte, neu gefasst in einem Ring, der an seine Hand passte, verriet seine Lichtläufergaben. Die unausgesprochene, uneingestandene Feindschaft zwischen Pol und Andry hatte die Festlichkeiten des Rialla nicht verderben dürfen, aber jedermann wusste, dass es sie gab. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie aneinander geraten würden, hatte Sionells Vater eines Abends kopfschüttelnd geäußert. Sie hoffte, dass es dazu nicht kommen würde. Aber sie wusste auch, wer gewinnen würde.
Sie setzte sich auf die blauen Kacheln am Rand des Springbrunnens, zog eine Hand durchs Wasser, um das Blattgrün abzuwaschen, und lächelte grimmig über ihre eigenen ungeschmückten Finger. Ebenso wie Pol würde auch sie niemals Faradhi -Ringe tragen. Aber im Gegensatz zu ihm hatte sie in dieser Angelegenheit keine Wahl.
»Was machst du denn so allein hier draußen, Ell?«
Sie schaute auf. Pol schlenderte aus der Hülle seines künftigen Heimes zu ihr herüber. Seine langen Beine steckten in braunen, ledernen Reithosen und hohen schwarzen Stiefeln, und sein weißes Hemd stand am Hals offen. Ein blauviolett gefärbter Gürtel lag um seine Taille. Er wurde von der goldenen Schließe seiner neu errungenen Ritterschaft gehalten und war mit einem Degen geschmückt, an dem Amethyste blitzten, die ein Geschenk von Chay und Tobin gewesen waren. Er strahlte Energie und Macht aus; der Sonnenschein krönte sein sonnengebleichtes Haupt mit hellem Gold.
Wie kann ich ihn gleichzeitig begehren und hassen? Sie schalt sich selbst. Ach, werde endlich erwachsen! Du hast doch immer gewusst, dass es hoffnungslos ist …
»Es ist still hier«, sagte sie laut. »Nach all dem Wirbel habe ich die Ruhe genossen.«
»Wenn du die Ruhe suchst, warum bleibst du dann, um die Drachen zu beobachten? Bei der Göttin, welchen Lärm die veranstalten! Du bleibst doch, bis sie kommen, oder?«
»Natürlich. Meine Mutter würde sich dies Schauspiel nie entgehen lassen.«
Pol kicherte und stemmte einen Stiefel gegen den Brunnenrand. »Feylins Furcht vor Drachen ist fast genauso groß wie ihre Faszination von ihnen. Aber dich erschrecken sie nicht, oder? Erinnerst du dich noch, dass du vor Jahren in Skybowl fast aus dem Fenster gefallen wärest, weil du versuchen wolltest, ihnen hinterherzufliegen?«
Sionell lachte. »Als wenn du nie dasselbe gewünscht hättest.«
Er grinste zustimmend und deutete auf die Prinzenhalle. »Ich hatte bisher keine Gelegenheit, dich zu fragen, wie dir meine zwei Fünftel eines Palastes gefallen.«
»Er ist prachtvoll – aber das muss ich dir sicher nicht erzählen. Jetzt, wo alle fort sind, kannst du wieder an die Arbeit gehen, nehme ich an.«
»Nur bis zum Regen. Das war unser großer Fehler – wir haben nie daran gedacht, wie viel Zeit wir durch den Winter verlieren. Aber es gibt hier keinen Schnee, der Göttin sei Dank.«
»Du solltest lieber dem Sturmgott danken. Aber ich würde es gern einmal schneien sehen. Man hat mir erzählt, es wäre schön.«
»Ich bin hindurchgeritten, darauf gegangen, ich habe sogar darauf geschlafen, aber ich habe ihn auch noch nie fallen sehen.«
»Nach allem, was Prinzessin Iliena sagt, ist das wie ein gefrorener Sandsturm – nur bläst er nach unten, nicht über das Land hinweg.«
»Herunter, wenn man Glück hat«, verbesserte sie Pol. »Hinüber mit aller Wucht, wenn man in einen Schneesturm gerät.«
Was für eine höfliche Unterhaltung! Sie hätten Fremde sein können. »Für Iliena muss Graypearl eine hübsche Abwechslung sein, nach Snowcoves.«
»Seltsam, nicht wahr, dass sie und ihre Schwester Brüder geheiratet haben.« Er zögerte und fuhr dann achselzuckend fort: »Und dass Ludhil und Laric Snowcoves besuchten und sich genau zur gleichen Zeit verliebten!«
Er klang nachdenklich. Vielleicht meinten seine Eltern, dass er sich jetzt, wo man in Drachenruh endlich wohnen konnte, auch wenn es noch nicht fertiggestellt war, nach einer Gemahlin umschauen sollte. Wenn sie das Gespräch von der Liebe fortlenkte, könnte er vermuten – nein, er hatte niemals irgendetwas vermutet. Er war arrogant und blind.
»Ich glaube, Iliena hat es geographisch besser getroffen, als sie Chadrics Erben geheiratet hat«, erwiderte sie freundlich. »Lisiel mag jetzt als Larics Gemahlin zwar Prinzessin von Firon sein, aber sie lebt doch wieder in einem Land des
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