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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Andry verlor.
    Und es war schön, begehrt zu werden. Sehr schön sogar.

Kapitel 6
    726: Swalekeep
    Der Herbst in Maedowlord war heiß und stickig, kein Lüftchen regte sich. Dicke, graue Wolken hingen über dem Land. Sie zogen weder weiter, noch regnete es aus ihnen, noch schienen sie in der Lage, etwas anderes zu tun als herumzuhängen. Selbst der mächtige Faolain staute sich so träge vor den Stadtmauern, als hätte er keine Lust zu fließen. Die Stille würde bald durchbrochen werden. Doch bis dahin bedeutete selbst das Gehen in der stickigen Luft eine Anstrengung.
    Wenn der Herbst schon die Bewohner von Swalekeep bedrückte, obwohl die daran gewöhnt waren, so war es für die Besucher noch schlimmer. Zwei von ihnen, die sich nach den Veresch-Bergen sehnten, wo sie lebten, mühten sich aus ihren Gasthausbetten und hofften darauf, dass die Morgendämmerung ein wenig Kühle bringen würde.
    »Schreckliches Klima«, murmelte die alte Frau. »Wie können diese Menschen das nur ertragen?«
    Ihr Begleiter, ein großer, junger Mann mit braunem Haar mit kupferfarbenen Strähnen und strahlend blauen Augen, warf ihr einen ironischen Blick zu und sagte nichts.
    »Und dann noch so viele«, fuhr sie fort. »Alle zusammengepfercht – so zu leben ist unnatürlich, Ruval.«
    Noch immer sagte er nichts, denn er kannte die Geschichte von Swalekeep genauso gut wie sie. Der Krieger, der sich einst zum Herrn über diese Gegend ernannt hatte, hatte den Grundstock für eine Burg zur Verteidigung gelegt, und seine Erben hatten später hinzugefügt, was nötig war oder ihren Launen gefiel. Die Bevölkerung von Swalekeep war immer wieder einmal angeschwollen, wenn Meadowlords mächtigere Nachbarn das Prinzentum zu ihrem privaten Schlachtfeld erklärt hatten und Flüchtlinge herbeiströmten. Schließlich entschied ein Prinz von Meadowlord, der es müde war, immer wieder zusätzliche Mäuler zu stopfen, dass es damit endgültig genug sei. So baute er eine Mauer um seinen Besitz, die höher war als die Spannbreite eines Drachen. Während des letzten Krieges zwischen dem Hoheprinz Roelstra und Prinz Zehava hatte diese Mauer Swalekeep beschützt.
    In den einundzwanzig Jahren, in denen Rohan nun Roelstras Prinzentum und Titel führte, war die Mauer nicht gebraucht worden. Wenn Teile davon entwendet wurden, um als Grundstein für neue Häuser und Geschäfte zu dienen, so hatte man nur mit den Schultern gezuckt. Und schließlich hatten die Einwohner von Swalekeep ganze Abschnitte der Mauer eingerissen, und überall in der Stadt fanden seither graugeäderte Granitblöcke Verwendung, vom Hilfsklotz zum Aufsitzen bis hin zum Mauerwerk eines einstöckigen Hauses. Und die Worte von Eltanin aus Tiglath, dass Rohan Mauern errichten würde, die stärker waren als jeder Stein, um den Frieden zwischen den Prinzentümern zu sichern, wurden in Swalekeep dem verstorbenen Prinzen Clutha zugeschrieben.
    Der alte Mann hatte in seinem ganzen Leben keinen auch nur annähernd so abstrakten Gedanken gehabt, aber es war eine gute Geschichte – außer in den Ohren von Prinzessin Chiana.
    »Ich frage mich, wie es Marron hier gefällt«, meinte die alte Frau plötzlich.
    »Ergebenheit ist kaum sein Stil – aber er wird sich daran gewöhnen müssen. Nur einer von uns kann schließlich der nächste Hoheprinz sein. Er wird es jedoch nicht sein.«
    Sie kicherte tief in der Kehle. Langsam schritten sie durch die sauber gepflasterten Straßen, vorbei an Läden mit Wohnräumen darüber, an den eleganten Heimen der reichen Händler und Würdenträger bei Hofe vorbei, und schließlich näherten sie sich dem alten Schloss selbst. Von den mehr als fünftausend Einwohnern von Swalekeep waren in der diesigen Morgenhitze vielleicht einhundert auf den Beinen.
    »In den beiden letzten Wintern ist er wahrscheinlich recht zivilisiert geworden. Er soll dir ruhig ein wenig Schliff beibringen, Ruval.« Sie blieb vor einem Laden stehen, in dem ein feiner Teppich aus Cunaxa ausgestellt war. Ein Rathiv, ein »Blumenteppich«, in leuchtenden Farben, perfekt für ihre Zwecke geeignet. »Den will ich. Komm später wieder und erstehe ihn für mich.«
    »Mit Geld oder Überredungskunst, Mireva?«
    Als sie aufschaute, um sein Grinsen zu erwidern, schien sie in dem sanften Licht plötzlich nur noch die Hälfte ihrer fast siebenundsechzig Winter zu haben. Die feinen Linien, die von ihren stechenden graugrünen Augen ausstrahlten, vergingen ebenso wie die Fettpolster auf ihren Wangen, als sich

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