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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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lassen. Er untersuchte die feine, elegante Struktur der Schwingen, die kräftigen Knochen und die von blaugrauen Schuppen bedeckten Muskeln. Die andersfarbigen Unterflügel waren schwarz, und ihre Haut fühlte sich nahezu seidig an. Er hatte noch niemals einen Drachen aus solcher Nähe gesehen. Und er wünschte für diesen Drachen, dass er diese Gelegenheit niemals gehabt hätte.
    Er dachte an einen großen, blauäugigen, arroganten und gut aussehenden Mann, der für dieses Entsetzen verantwortlich war. Und abrupt stellte er die Verbindung her zwischen dem, was Riyan über dessen Vorgehen gesagt hatte, und der Fähigkeit des Drachen zu töten. Kein Lichtläufer konnte das getan haben – aber ein Zauberer, ein Diarmadhi, war dazu sicher in der Lage.
    »Wird er wieder aufwachen?«, fragte er Riyan, doch der schüttelte den Kopf.
    »Er hält höchstens noch bis Sonnenuntergang durch. Sioned hat mir erzählt, das Schlafweben wäre für eine ganze Nacht gut.« Er fuhr mit einer Hand über den Nacken des Drachen. »Armes Tier. Sorin, wenn wir den Mann finden, der das getan hat …«
    »Rohan wird wünschen, dass er zur Verhandlung nach Stronghold gebracht wird.« Dabei erwiderte er den Blick seines Freundes. »Irgendwie glaube ich nicht, dass er dafür lange genug leben wird. Was meinst du?«
    »Komisch, dass du es so ausdrückst.«
    In völliger Übereinstimmung marschierten sie durch die Hügel zurück zu ihren Pferden.
    Am späten Nachmittag genossen sie den angenehmen Komfort von Gut Elktrap in der mehr als angenehmen Gesellschaft von Lord Garic und Lady Ruala. Ersterer hatte das enorme Alter von sechsundachtzig Wintern erreicht; Letztere, seine Enkelin und einzige überlebende Verwandte, hatte soeben ihren siebenundzwanzigsten Winter begrüßt. Rualas Eltern waren im Jahr nach ihrer Geburt an der Seuche gestorben, und ihre einzige Schwester war den Verletzungen erlegen, die sie bei einem Bergunfall vor vier Sommern erlitten hatte. Jetzt lebten nur noch der alte Mann und die junge Frau in dem ausgedehnten Herrenhaus, überwachten ein paar Diener, die Schafherden, die wegen ihrer Wolle gehalten wurden, und die Elche, von denen sie Fleisch und die harten, schönen Hufe erhielten, die zu vielerlei Gegenständen verarbeitet wurden, vom Trinkgeschirr bis hin zu Schmuckkästchen. Das Dinnerservice, das sie zu Ehren ihrer vornehmen Gäste hervorholten, war eine prachtvolle Sammlung von Platten, Schüsseln und Kelchen mit Elchhufintarsien, die Lord Garic im Laufe seines langen Lebens selbst angefertigt hatte. Das Mahl war einfach, aber gut, und der Wein wurde in sehr alten Fironeser Kristallgläsern serviert. Sorin und Riyan wurden glücklich willkommen geheißen, und erst als sie mit dem Athri und seiner Enkelin in dem privaten Vorzimmer saßen, kamen sie dazu, ihre Anwesenheit zu erklären.
    Die Nachricht von einem getöteten Drachen hatte sie in die Veresch-Berge getrieben. Als Rohan vor dreiundzwanzig Jahren den Titel des Hoheprinzen übernommen hatte, hatte er ein Dekret erlassen, dass jedermann, der einen Drachen tötete, hart bestraft werden sollte. Die meisten hielten das Gesetz für sentimentalen Unsinn, ja sahen sich dadurch sogar gefährdet; Rohan war für seine lächerliche Liebe zu den Furcht einflößenden Wesen bekannt, die Herden und Ernten dezimierten, wenn die Nahrungsmittel in ihren gewohnten Revieren abnahmen. Es stimmte, dass er die Drachen aufgrund seiner Gefühle für sie schützen wollte – aber auch, weil die geschmolzenen Schalen ihrer Eier Gold brachten. Riyan, der Herr von Skybowl, wo verlassene Drachenhöhlen nach goldhaltigen Schalen abgesucht wurden, wusste dies; Sorin nicht. Dass es sich bei dem Gesetz um ein Gesetz von Rohan handelte, genügte Sorin, der die Liebe seines Onkels zu den Drachen teilte.
    Aber das Gesetz war gebrochen worden, und sie waren gekommen, um Nachforschungen anzustellen. Lord Garic erzählte ihnen, dass er von einem toten Drachen mehrere Längen weiter im Norden gehört habe. Das bestätigte ihre Vermutung, dass der Drache, den sie am Morgen gefunden hatten, ein zweites Opfer war. Lady Ruala erblasste, als Riyan die Szene beschrieb. Hastig entschuldigte er sich für seine drastische Darstellung.
    »Vergebt mir, Herrin, aber ich musste das Grauen dieses Verbrechens deutlich machen.«
    Sie nickte stumm und bedeutete ihm, er solle fortfahren.
    Aber er zögerte einen Moment und warf einen Blick auf Sorin, ehe er beschloss, rundheraus zu erzählen. »Es ist mir gelungen,

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