Sternenlaeufer
Prinzessin Ianthe aus der Prinzenmark zu sein.« Und dann grinste er. »Nicht Roelstras Sohn, wisst Ihr, sondern sein Enkel.«
Pol fühlte, dass er ganz ruhig wurde. Er hätte dem Mann ins Gesicht lachen und ihm sagen sollen, dass Ianthes Söhne mit ihr in jener Nacht gestorben waren, in der Feruche bis auf die Grundmauern abgebrannt war. Aber er konnte es nicht, denn er kannte die Wahrheit. Urival hatte ihn kurz vor seinem Tod an sein Bett gerufen, um unter vier Augen mit ihm zu sprechen.
»Niemand weiß, was ich dir erzählen werde, Andry nicht und nicht einmal deine Mutter. Ostvel mag es vermuten – denn er hat Zugang zu Roelstras Archiven, vergiss das nie. Auch du darfst es niemandem sagen, bis du glaubst, dass der rechte Zeitpunkt gekommen ist. Erinnerst du dich an den Knaben, der beim Rialla gestorben ist, an den Zauberer? Ich habe niemandem etwas über seine Identität verraten und habe seinen Leichnam in den Faolain werfen lassen, damit niemand ihn identifizieren konnte, wie ich es getan hatte. Wen ich in seinem Gesicht sah, das war Ianthe. Er war ihr Sohn, Pol. Der jüngste, Segev. Er nannte sich ›Sejast‹, aber er war Ianthes Sohn. Die beiden anderen müssen daher ebenfalls leben. Ihre Namen sind Ruval und Marron. Ich weiß nicht, wo sie sind, obwohl ich nach ihnen gesucht habe, wann immer ich Gelegenheit dazu hatte. Ich glaube, dass sie sich irgendwo im Veresch aufhalten, aber – wer weiß? Wenn sie ihr auch nur entfernt ähnlich sind, und Segev nach zu urteilen kannst du jede Wette eingehen, dass sie es sind, dann bedeuten sie die größte Gefahr, der du je gegenüberstehen wirst. Sie sind Diarmadh’im, Pol. Prinzen, genau wie du, aber auch Zauberer. Ich habe dir alles von der Sternenrolle beigebracht, was ich weiß, alles, was ich konnte, ohne eine Gefahr einzugehen, damit du auf sie vorbereitet bist. Jetzt sieht es so aus, als werde ich nicht mehr da sein, mein Prinz, um dir zu helfen, wenn du ihnen gegenübertreten wirst. Denn sie werden kommen, Pol, daran besteht kein Zweifel. Ianthes Söhne. Wenn du sie findest, töte sie. Sie müssen sterben. Sie verdienen den Tod. Segev hat Andrade getötet.«
Pol starrte Ianthes ältesten Sohn an und erkannte endlich die verräterische Form von Nase und Kinn. Urival hatte für ihn einmal Roelstras Gesicht im Feuer beschworen; zwei Generationen hatten das Gesicht in Einzelheiten verändert, hatten die Farben ein wenig verändert, hatten schmalere Kiefer und breitere Wangenknochen hervorgebracht – genügend Veränderungen, dass eine Identifizierung erschwert, wenn nicht gar unmöglich wurde, außer man suchte danach. Er wusste, dass dieser Mann der war, für den er sich ausgab. Und sein Begleiter musste Marron sein. Und dennoch konnte Pol es nicht zugeben. Er durfte es nicht.
»Ihr seid ebenso wenig Roelstras Enkel wie ich«, blaffte er.
»Dann seid Ihr vielleicht wirklich mein Vetter, und ich brauche diesen Titel nicht nur als Höflichkeitsbezeigung unter Prinzen.« Wieder lachten Ruvals blaue Augen. »Welche der geschätzten Schwestern meiner Mutter könnte Euch geboren haben?«
»Ich habe gehört, dass von allen Schwestern Ianthe ihrem Vater in Bezug auf seine Bettgeschichten am ähnlichsten war«, gab Pol glatt zurück. »Welcher Diener, Knappe oder Stallknecht war denn Euer Vater?«
Endlich reagierte Ruval mit etwas anderem als diesem amüsierten Lachen. Seine Augen verloren das ironische Funkeln und verengten sich gefährlich. »Mein Vater war Lord Chelan, ein Edler mit Blutsverbindungen …«
»… wie sie einem Zuchtbullen geziemen«, wurde er von Pol unterbrochen. Dem fing die Sache an Spaß zu machen.
Ruval biss die Zähne zusammen. Doch gleich darauf hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Auf jeden Fall habt Ihr vieles, was mir gehört, aber es wird ein guter Anfang sein, wenn Ihr mir das Schloss meiner Mutter in Feruche zurückgebt.«
Pol lächelte. »Wenn Drachen den Winter in Snowcoves verbringen«, erwiderte er.
»Im nächsten Jahr werden Jungdrachen auf Eisbergen reiten«, höhnte Ruval.
Diesmal war es Pol, der lachte. »Sorin!«
»Mein Prinz?« Sein Vetter war sofort an seiner Seite.
»Ich sehe dort drüben einen gefällten Baum – offensichtlich ist er dazu gedacht, den Drachen zu fesseln. Schlage doch bitte zwei Äste ab, eine Armlänge lang.«
Sorin grinste, denn er verstand, was Pol vorhatte. »Die Haken haben wir bereits, mein Prinz.«
»Das habe ich bemerkt.«
Ruval hatte seine Haltung wiedergewonnen. »Das wagt Ihr
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