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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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uns stellt eine eigene Zivilisation dar. Mit ihren Gesetzen und ihrer Einsamkeit. Trotzdem zog sogar der Cualcua es vor, von »wir« zu sprechen …
    Ich trat an die Tür heran, einen Teil der Wand, der sich kaum vom Rest unterschied. Eine niedrige Tür, bequem für die Alari. Ich legte die Hand darauf, glaubte aber im Grunde nicht daran, dass der mir unbekannte Mechanismus die Güte haben würde, sich zu öffnen.
    Die Tür glitt in die Wand hinein.
    In dem weitläufigen Saal hielten sich zwei Alari auf. Sie lagen auf niedrigen Sesseln, die vor einer Art Pult standen. Auf mich wirkte dieses Pult wie eine riesige Kristalldruse, gekrönt von einem matten, ausgeschalteten Bildschirm. Vielleicht war der Bildschirm auch eingeschaltet, und mein Blick konnte nur kein Bild erkennen. Das graue Fell der Alari sträubte sich, als sie mich erblickten. Bei beiden baumelte am Hals ein Cualcua. Hervorragend.
    »Ich muss Stoffwechselprodukte aus meinem Organismus ausscheiden«, teilte ich ihnen mit. »Wo kann ich das erledigen?«
    Die Geschichte wiederholt sich als Farce …
    Einer der Alari erhob sich und trippelte zu einem endlosen Tunnel. »Folgen Sie ihm bitte«, bat mich der andere.
    Jetzt war ich kein Gefangener mehr, der eingesperrt gehörte und nicht aus dem Zimmer gelassen werden durfte – es sei denn für eine kleine Theatervorstellung – jetzt war ich Träger wichtiger Informationen, Repräsentant einer verbündeten Rasse.
    »Das ist ein sehr intimer Prozess, über den niemand in Kenntnis gesetzt zu werden braucht«, bemerkte ich.
    Indem ich den einen unglückseligen Techniker mit einem kleineren ethischen Problem konfrontiert zurückließ, folgte ich dem anderen. Als sich der Tunnel nach zwanzig Metern gabelte, sagte ich: »Bring mich zu den Vertretern meiner Rasse! Sofort.«
    Der Alari zögerte. Er dürfte kaum ein durchschnittlicher Vertreter seiner Rasse sein und insofern wissen, dass ich da etwas Außerordentliches verlangte. Zwei triftige Gründe hinderten ihn jedoch, mir die Bitte einfach abzuschlagen: zum einen mein recht ehrenvoller Status, zum anderen die Erinnerung an die blutige Flucht Nik Rimers.
    »Sofort!«, blaffte ich.
    Der Alari wandte sich von mir ab und bog in den rechten Gang ein. Während ich ihm folgte, betrachtete ich das lächerlich wirkende, dicht überm Boden liegende Hinterteil und den borstigen Widerrist des Aliens. Der Alari erinnerte an einen Jagdhund, der Witterung aufgenommen hatte.
    Doch wenn die Ähnlichkeit nicht täuschte und sie wirklich von Nagern abstammten, dürfte der Geruchssinn in ihrem Leben tatsächlich eine wichtigere Rolle spielen als bei Menschen.
    Schon nach einer relativ kurzen Strecke blieb der Alari vor einer geschlossenen Luke stehen. Er bedachte mich mit dem Blick eines geschlagenen Hundes. »Hier finden gerade wichtige Gespräche statt …«
    »An denen ich teilnehmen muss«, behauptete ich.
    Es wäre zu komisch gewesen, wenn jetzt die Tür blockiert gewesen wäre. Aber mein alarischer Begleiter hatte offenbar einen ziemlich hohen Rang. Die Luke öffnete sich.
    »Nein, nein und noch mal nein!«, hörte ich die Stimme meines Großvaters. »Ich kann das nicht. Das wäre ein zu großer Schock!«
    »Was für ein Schock, Großpapa?«, fragte ich, als ich den Raum betrat.
    Der Cualcua flüsterte lautlos in meinem Gehirn: Willst du das wirklich wissen, Pjotr?
    Zum ersten Mal bekam ich auf dem Schiff der Alari warme Farben zu Gesicht. Ein ovaler Raum, zartrosafarbene Wände, eine blendend purpurrote Decke und bordeauxroter Boden. Als sei ich in die Eingeweide eines Monsters gelangt … Der alarische Kommandant lag mitten im Raum auf einem höchst kompliziert konstruierten Sessel, neben ihm standen drei annähernd normale Sessel, die für Menschen gedacht waren. Nur zwei von ihnen waren belegt, in ihnen saßen Danilow und Mascha. Neben dem Alari stand der Zähler, der mich nun mit fast menschlicher Panik anstarrte.
    Nur meinen Großvater entdeckte ich nirgends.
    Ich ließ meinen Blick durch den ganzen Raum schweifen, bevor ich schließlich fragte: »Wo ist mein Großvater?«
    Mein Begleiter zog sich leise von der immer noch offe nen Luke zurück. O ja, bring dich lieber in Sicherheit …
    Als ich Danilows Blick auffing, schaute er sofort nach unten. Ich sah Mascha an, die konfus und blass wirkte.
    »Kommandant, wo ist Andrej Valentinowitsch Chrumow?«, fragte ich. »Wo ist mein Großvater?«
    »Das ist ein sehr kompliziertes ethisches Problem«, antwortete der Alari nach

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