Sternenschatten
Rassen ertragen keine starken Nachbarn.«
»Was schlägst du dann vor? Auf wessen Seite sollen wir uns stellen?«
Mein Großvater hüllte sich in Schweigen. »Vermutlich ist es am Ende doch klüger, sich auf die Seite der Geometer zu schlagen«, sagte er dann. Völlig bestürzt schoss ich im Sessel hoch. »Ihre Ethik gibt nicht gerade Anlass zu Hoffnung, aber immerhin bieten sie den Schwachen Rassen eine Überlebenschance. Gewiss, sie würden unter eine neue Herrschaft geraten. Aber sie würden überleben.«
Das konnte er doch nicht ernst meinen! Ich stand da und starrte die Wand an, als wollte ich durch sie hindurch die anderen sehen. Verstand mein Großvater wirklich nicht, wie das enden würde? Ich hatte ihnen doch alles erklärt! Gut, am Anfang, da würden wir ihre Verbündeten und Freunde sein. Ein Teil der Schwachen Rassen würde dem Konklave entkommen und sich den Geometern anschließen. Aber es wäre ja nicht damit getan, die Ideologie der Freundschaft zu übernehmen und diese Utopie im Kosmos zu verbreiten. Aus der Sicht derjenigen, die auf Der Heimat leben, stellen wir nämlich eine absolute Fehlentwicklung dar. Deshalb würden sie uns herabdrücken, still und sukzessive, so dass wir es gar nicht bemerken würden. Unsere Weltraumbahnhöfe würden veröden, man würde Fabriken schließen – sagen wir mal, damit sich die zerstörte Umwelt regenerieren kann. Dann würden uns die Geometer mit ihren Ausbildern zu Hilfe eilen, den besten Ausbildern, die man sich überhaupt denken kann. Beispielsweise, um künftigen Generationen höheres Wissen zu vermitteln. Sie würden uns an ihrem Bioengineering teilhaben lassen, würden unsere Krankheiten überwinden und gleichzeitig unsere übermäßige Emotionalität und Aggressivität. Was nützt der Aufruhr der Gefühle jemandem, der nach Freundschaft strebt? Selbst töten kann man ohne Wut und Hass. Genau wie das Konklave wissen die Geometer, dass sie nur eine, vielleicht zwei Generationen abwarten müssen – und dann wäre die Erde zu einer neuen Heimat für diejenigen geworden, die sich unter diesem Wort gar nichts mehr vorstellen können.
»Großpapa …«, flüsterte ich. Aber sie hörten mich nicht.
»Andrej Chrumow, ich glaube, mit einem Mal siehst du das Leben mit völlig anderen Augen«, sagte der Kommandant.
Mein Großvater stieß ein seltsames Lachen aus.
»Ja, wahrscheinlich. Aber ist das ein Wunder? Das Leben ist in jedem Fall besser als der Tod. Und alles, was wir von Petja gehört haben, bekräftigt diesen Gedanken. Gegen die Geometer zu kämpfen bedeutet unseren Tod.«
»Großpapa!«, schrie ich. »Warte! Es gibt noch den Schatten! Hast du das etwa vergessen?«
»Die Feinde der Geometer?«
»Genau. Diejenigen, vor denen die Geometer geflohen sind!«
Ich sah das Gesicht meines Großvaters nicht, aber ich stellte mir – in schönster Klarheit – vor, wie er herablassend lächelte.
»Petja, die Feinde der Geometer sind nicht automatisch unsere Freunde. Das zum einen. Und zum anderen: Die Geometer sind sehr, sehr weit geflohen. Der Schatten dürfte ihnen kaum gefolgt sein.«
»Aber wir können zum Schatten gelangen!«
Ich meinte, mein Großvater würde gleich müde seufzen, wie immer, wenn er sich mit meiner Starrköpfigkeit konfrontiert sah. Er sagte jedoch nur: »Zum Kern der Galaxis gelangen? Ich weiß nicht, ob das technisch möglich ist. Aber welchen Sinn sollte es haben? Welchen, Petja? Wollen wir eine unbekannte Rasse finden und ihnen sagen, wo sich ihre Feinde verstecken? Wollen sie die Geometer denn überhaupt verfolgen? Und wenn sie das wollen, werden sie sich dann nicht auch uns vorknöpfen?«
»Aber du hast doch selbst von einer dritten Kraft gesprochen!«, rief ich.
»Der Schatten ist nicht die dritte Kraft, Pjotr. Sondern bereits die vierte. Die Schwachen Rassen, die Starken Rassen, die Geometer, der Schatten. Die Gesetze der Existenz einer Gesellschaft unterscheiden sich von den Gesetzen der Physik. Während in der Astronomie die Wechselwirkung von drei Körpern zu einem Problem wird, führt in der Politik der vierte Faktor zur Unbestimmtheit. Wenn wir unsere gegenwärtigen Probleme auch noch um den Schatten erweitern – worum auch immer es sich bei ihm handeln mag –, kann niemand das Ergebnis vorhersagen.«
»Aber was, wenn uns das mutmaßliche Ergebnis nicht schmeckt?«, fragte ich. »Großpapa, wenn beide Varianten in eine Sackgasse führen, müssen wir dann nicht einen neuen Weg suchen?«
»Ich weiß es nicht«,
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