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Sternenschatten

Sternenschatten

Titel: Sternenschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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trat dicht vor mich. Er streckte die Pfote aus und legte sie mir mit ausgefahrenen Krallen auf die Brust.
    »Pjotr Chrumow, als Mensch geboren …«, setzte er an. »Als Befehlshaber einer unabhängigen Flotte und kraft meiner hohen Herkunft ändere ich dein Schicksal.«
    In seiner Stimme schwang keinerlei Feierlichkeit mit. Entweder hielt der Cualcua es nicht für nötig, sie zu artikulieren, oder die Alari litten nicht an Gefühlsseligkeit.
    »Von heute an bist du Offizier des rot-violetten Geschwaders«, fuhr der Kommandant fort. »Du unterstehst mir, ich übernehme die Verantwortung für deine Handlungen. Du findest die Zivilisation vom Schatten, um unser, der Menschen, der Zähler und der Cualcua Wohl willen. Du kehrst zurück.«
    Der Alari ballte seine Pfote, so dass sich mir die Krallen in die Brust bohrten. Dann drehte er sich um und ging davon.
    Ich sah Danilow an, der jedoch genauso fassungslos war wie ich. Er rang sich ein Lächeln ab. »Pass auf, gleich wächst dir ein Schwanz …«, sagte er.
    »Hör auf damit«, bat ich. »Das ist nicht nötig.«
    »Nimm das alles doch nicht so ernst.« Danilow klopfte mir auf die Schulter. »Begreif doch, Petja! Der Alari hat damit einfach die Verbote des Konklaves zur Überlassung von Technologie umschifft. Er hat dich zu seinem Offizier gemacht, damit er dir erlauben kann, mit dem Scout der Geometer aufzubrechen. Das ist alles.«
    »Alles?« Ich berührte das zerrissene Hemd. Ich würde es nähen müssen … »Sascha, wie oft haben die Aliens denn bisher Verbote umgangen, um den Menschen zu helfen?«
     
    Danilow begleitete uns nicht in die Waffenkammer. Mich wunderte das zwar, aber ich versuchte trotzdem nicht, ihn zu überreden. Schließlich vertraute ich in dieser Frage sowieso eher Mascha, die sich unter der kundigen Anleitung meines Großvaters mit Waffen vertraut gemacht hatte.
    Die Waffenkammer war nicht sehr groß und halbdunkel. In puncto Beleuchtung würden Menschen und Alari wohl nie auf einen Nenner kommen. Die geringe Größe des Raums verwirrte mich dann aber doch. Die Waffen lagen in offenen Regalen, jeweils nur ein Exemplar pro Regal.
    »Schießen die etwa nicht gern alle mit der gleichen Kanone?«, fragte ich.
    Mascha sah mich von oben herab an. »Petja, das ist der Ausstellungsraum. Das sind Muster. In den Waffenkammern der Weltraumsicherheit sieht es genauso aus.«
    »Die kennst du?«, fragte ich, mich für meine eigene Dummheit verteufelnd.
    »Och, ich kenne allerlei«, antwortete Mascha, ohne besonders aufzutrumpfen. Sie ging an den Regalen entlang und betrachtete die bizarren Stücke.
    Der Alari, der uns begleitete, beobachtete sie schweigend.
    »Sprühdosen!«, brummte Mascha abfällig.
    »Was?«
    Wenn diese todbringenden Spielzeuge an etwas nicht erinnerten, dann an Sprühdosen.
    »Gaswaffen sind mal sehr modern gewesen. Sprays, Pistolen …«
    »Ja und?«
    »Sie nutzen dir nicht das Geringste. Ein gesetzestreuer Bürger wusste gar nicht, wie er sie gebrauchen sollte. Abgesehen davon hast du von ihnen nur symbolisch etwas. Dafür schwächt die trügerische Illusion von Sicherheit deine Aufmerksamkeit …«
    »Ich glaube aber doch, dass es einen Unterschied zwischen Tränengas und Plasmapistolen gibt.«
    »Hmm, in einer dunklen Tordurchfahrt. Aber das ist ja wohl nicht das Ziel unserer Reise, oder?«
    »Woher wollen wir das denn wissen?«
    »Stimmt … Du hättest deine Freunde, die Geometer, nach dem Schatten ausquetschen sollen.«
    »Bin nicht dazu gekommen.«
    Mascha hatte sich sehr verändert, seit ich zu den Geometern geflogen war. Etwas in ihr hatte einen Knacks bekommen oder war – ganz im Gegenteil – fester zusammengewachsen. Vielleicht aufgrund der Gesamtsituation hier an Bord eines fremden Raumschiffs. Oder aber durch das, was mit meinem Großvater passiert war. Das hielt ich sogar für wahrscheinlicher.
    Sicher, Erotik dürfte in der Beziehung der beiden keine Rolle spielen. Dazu war mein Großvaters dann doch zu alt. Aber mit Sicherheit verehrte Mascha Andrej Valentinowitsch heftig.
    Und was geschehen war, verkraftete sie vermutlich nicht ohne Weiteres. Bestimmt machte ihr diese Veränderung mehr zu schaffen als mir. Insofern hatte die Erfahrung meiner Symbiose mit dem Cualcua, der Wechsel von Körper und Gesicht, auch etwas Gutes, denn ich konnte selbst in dem Reptilienkörper meinen Großvater wiedererkennen, so wie er immer gewesen war, sarkastisch und unnachgiebig. Sobald ich die Augen schloss, glaubte ich, er säße immer

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